Quelle: Kurze Argumente gegen den Zeitgeist
zurückKONKURRENZ
Zwischendurch ein Wort zur Konkurrenz, die ebenfalls zu den Wohl- taten der Freiheit, genauer der marktwirtschaftlichen Freiheit gehören soll: Konkurrenz ist eine Veranstaltung, in der es not- wendig Sieger und Verlierer gibt. Würden alle gewinnen, gäb's we- nig Spaß in der - sportlichen - Konkurrenz. In der s c h u l i s c h e n Konkurrenz geht's um Noten, Versetzung und Schulabschlüsse, die zu etwas berechtigen, aber nichts garantie- ren. Um in ihr erfolgreich zu sein, muß man - nicht etwa viel, sondern nur - mehr wissen als die Konkurrenten. Dazu hat man sich auf den Hosenboden zu setzen und zu pauken. Dumm steht man da, wenn die Konkurrenten dasselbe getan haben. Es in einer schuli- schen Disziplin zu echter Sachkenntnis gebracht zu haben, nützt schon etwas, wenn die Sache etwas taugt. S c h u l i s c h nützt solche Kenntnis nur dann etwas, wenn genügend Mitschüler w e n i g e r w i s s e n und können als man selbst. Merkwür- dige Umgangsformen resultieren aus dem Interesse, das eigene Wis- sen gegen die Mitschüler als Material des Leistungsvergleichs zu präsentieren: Man läßt nicht gern abschreiben, weil die Weiter- gabe der eigenen Kenntnis das beste Mittel gegen eine Verbesse- rung der Note ist. Lernen geschieht also nicht wegen des Lern- stoffs, dafür immer gegen die Mitschüler. Und ob das einzige M i t t e l zur Notenverbesserung, das der Schüler ü b e r h a u p t besitzt, der häusliche Fleiß, es für ihn bringt, das hängt gar nicht von ihm, sondern vom Fleiß der Ge- samtheit seiner Mitschüler ab. Die K o n k u r r e n z auf dem Arbeitsmarkt um eine Einnahme- quelle, genannt "Arbeitsplatz" oder die innerbetriebliche Konkur- renz um höheres Einkommen bzw. um Erhalt des Arbeitsplatzes, weist dieselben delikaten Gemeinheiten auf. Das beginnt damit, daß, je mehr Menschen diese Einnahmequelle nötig haben, je mehr die Nachfrage nach Arbeit das Angebot an Arbeitsplätzen über- steigt, es desto schwieriger ist, eine solche Geldquelle zu be- kommen, und diese desto weniger als Mittel für den Lebensunter- halt taugt. Denn das einzige M i t t e l, um den Konkurrenten auszustechen, über das der Arbeitssuchende verfügt, ist - nein, falsch getippt, nicht die Gewerkschaft, sondern - das Angebot von Verzichtsleistungen in Sachen Lohn-, Arbeitsplatz-, Arbeitszeit- oder sonstigen Ansprüchen. Was ein bezeichnendes Licht auf den Gegenstand wirft, um den da konkurriert wird: Es ist das Dienst- barmachen für f r e m d e Ansprüche, für das man um so taugli- cher ist, je weniger e i g e n e Ansprüche man anmeldet. Da muß man bei der ganzen Konkurrenzveranstaltung, in welcher dann die von den Betrieben gedrückten Leistungen sofort auf die beschäf- tigten und unbeschäftigten Arbeiter v e r a l l g e m e i n e r t werden, schon ziemlich vergessen, daß es in ihr eigentlich um die Sicherung des eigenen Lebensun- terhalts geht. zurück