Quelle: Kurze Argumente gegen den Zeitgeist
zurückDAS PRINZIP DES RASSISMUS
Das Prinzip der gängigen rassistischen Argumentation sei zunächst an einem Beispiel erläutert, das zwar der Historie zugerechnet werden darf, aber dennoch Aktualität besitzt. Das im folgenden zitierte Denkmuster eines Verteidigers der Sklaverei in den USA aus dem Jahre 1859 gehörte in der Republik Südafrika des Jahres 1986 noch zur Staatsdoktrin: "Die Natur selbst hat den Neger zu dieser Knechtschaftslage be- stimmt. Er hat die Stärke und ist kräftig zur Arbeit; aber die Natur, die ihm diese Stärke gab, verweigerte ihm sowohl den Ver- stand zum Regieren, wie den Willen zur Arbeit. Beide sind ihm verweigert! Und dieselbe Natur, die ihm den Willen zur Arbeit vorenthielt, gab ihm einen Herren, diesen Willen zu erzwingen." (New York Daily Tribune v. 10.12.1858, zitiert nach Karl Marx, Das Kapital, MEW 25, S. 399). Der Neger soll natürlicherweise eines Herren bedürfen, der ihm den Willen zur Arbeit aufzwingt, mit dem ihn die Natur so mangel- haft ausgestattet haben soll. Der zitierte Verteidiger der Skla- verei trägt diesen "Befund" vor wie eine Erkenntnis der Biologie. Er will der schwarzen Hautfarbe allerdings Eigenarten des Negers entnommen haben, die ihm die Pigmente sicher nicht verraten ha- ben. Schließlich ist gar nicht von natürlichen Merkmalen dieser Rasse - Hautfarbe, Schädelform etc. - die Rede, sondern hier wird der Unfug eines n a t ü r l i c h e n W i l l e n s dieses Menschenschlages in die Welt gesetzt: Behauptet ist nicht weniger als die contradictio, daß mit den physiologischen Voraussetzun- gen, deren es bedarf, um einen Willen auszubilden, zu äußern und sich um seine Verwirklichung zu kümmein, zugleich über den be- stimmten W i l l e n s i n h a l t des Menschen bestimmter Rasse entschieden sei. Die groteske Logik des Rassismus, nach welchem der Neger wegen seiner Negernatur zur Knechtschaft be- stimmt sei, wird darin geständig, daß sie gleich negativ argumen- tiert: Ihm f e h l e von Natur aus jeder Wille zur Arbeit, heißt es. Nun kann es einen Menschen kaum p o s i t i v a u s z e i c h n e n, daß es ihm an etwas gebricht, was andere gern mit ihm anstellen wollen. Genau das soll er seiner Natur nach s e i n, was er n i c h t i s t, woran es ihm mangelt! Wie gut paßt es da, daß diese arbeitsscheue Negematur zugleich die entsprechende Gegennatur in sich birgt, nämlich das Bedürfnis nach Knechtschaft, nach einem Herrn also, der ihm den Willen zur Arbeit aufzwingt. Es müssen also zwei einander widersprechende Naturbausteine in der Negerhaut entdeckt werden, um diese Ablei- tung der Naturnotwendigkeit der Negerversklavung "beweisen" zu können: Seiner Natur entspricht es, nicht arbeiten zu wollen, und zugleich zeichnet es ihn aus, zum Arbeiten gezwungen werden zu wollen. Anders formuliert: Das gewaltsame Vorgehen das Sklaven- halters g e g e n die angebliche Negernatur soll ausgerechnet seiner Natur e n t s p r e c h e n. Der Verteidiger der Sklaverei macht es sich nicht einfach mit seinem "Beweis". Er behauptet nicht schlicht, daß er wisse, was der Negematur entspreche, eben die Sklaverei, sondern er baut in seine rassistische Argumentation zugleich den "Beweis" der N a t u r n o t w e n d i g k e i t des Arbeitsverweige- rungs w i l l e n s ein. Der Neger muß eben, so lautet das Plä- doyer, nicht nur zu seinem "Glück", zu seiner Bestimmung gezwun- gen werden, obendrein ist praktischerweise die Notwendigkeit die- ses Zwangs auch Moment seiner schwarzen Natur. Da dieses Bedürfnis des Negers nach Knechtschaft in die Natur verlegt wird, hat sich diese Betrachtungsweise gegen jede Willen- säußerung des Sklaven immun gemacht. Was der Neger eigentlich will, steht schließlich mit seiner Hautfarbe fest, die zur Mani- festation seines Naturdrangs erklärt wurde. Mit dieser Natur im Rücken ist der Herr berechtigt, die Unterordnung des Negers zu verlangen, als sei diese dem Schwarzen so natürlich zugewachsen wie seine schwarze Haut. Und jede Gegenwehr des Opfers beweist nun nicht etwa, daß der angebliche Naturwille eine interessierte Erfindung des Sklavenhalters ist; vielmehr zeigt der Widerstand des Negers gegen die "artgerechte" Behandlung durch seinen Herrn die Abweichung des Negers von seiner Natur. Und der Herr kämpft dann im Namen der einen Seite dieser praktischen Negernatur gegen des Negers naturnotwendige "Entartung" - dies eben die andere Seite - an, wenn er jede Unbotmäßigkeit niederschlägt. Umgekehrt ließe sich natürlich auch im Namen der naturnotwendigen "Entartung" ein Kampf gegen den Willen, sich zur Arbeit zwingen zu lassen, führen. Aber das ist eben nicht im Sinne der Erfinder dieses Rassismus. Der Nutzen dieser Konstruktion eines natürlichen Willensinhalts - und die ist j e d e m Rassismus eigen - liegt hier auf der Hand: Das am Neger mit Gewalt durchgesetzte Ausbeutungsinteresse des Sklavenhalters erscheint so nicht mehr als der G e g e n s a t z zum Interesse des Negers, der er ist, sondern als D i e n s t a n s e i n e r N a t u r. Und indem das In- teresse des Herrn die Kraft eines Naturgesetzes zugesprochen be- kommt, beansprucht es a b s o l u t e G ü l t i g k e i t. Der Betroffene hat seine Rolle zu spielen, als läge sie in seiner Na- tur. Selbst die gedankliche Infragestellung der Sklaverei durch den Sklaven ist widernatürlich und berechtigt, ja verpflichtet den Sachwalter des Naturrechts, dem "Entarteten" auch die bitter- ste Medizin zum Schlucken zu geben. zurück