Quelle: MEW 12 April 1856 - Januar 1859


       zurück

       #327#
       -----
       Friedrich Engels
       
       [Die Einnahme Delhis]
       
       ["New-York Daily Tribune" Nr. 5188 vom 5. Dezember 1857,
       Leitartikel]
       Wir wollen  nicht in  den lärmenden Chor einstimmen, der jetzt in
       Großbritannien die Tapferkeit der Truppen, die Delhi erstürmt ha-
       ben, in  den Himmel  hebt. Kein  Volk, nicht einmal das französi-
       sche, kann  es den  Engländern in  Selbstlob gleichtun, besonders
       wenn von  Tapferkeit die Rede ist. Die Untersuchung der Tatsachen
       reduziert jedoch  in neunundneunzig  von hundert Fällen die Größe
       dieses Heldenmuts sehr bald auf ganz alltägliche Ausmaße; und je-
       dermann mit  gesundem Menschenverstand  muß von dieser überlauten
       Geschäftigkeit angewidert sein, womit aus dem Mut anderer Kapital
       geschlagen wird  und wodurch der englische Paterfamilias 1*) sich
       den Anschein  zu geben  versucht, als habe er Anteil an der unbe-
       strittenen, aber  durchaus nicht so außergewöhnlichen Tapferkeit,
       die sich  beim Sturm  auf Delhi  gezeigt hat, derselbe Paterfami-
       lias, der  geruhsam daheim  sitzt und  allem mit unüberwindlicher
       Abneigung begegnet,  was auch  nur entfernt  mit der  Möglichkeit
       droht, selbst kriegerischen Ruhm zu erwerben.
       Wenn wir  Delhi mit  Sewastopol vergleichen, müssen wir natürlich
       zugeben, daß die Sepoys keine Russen waren, daß keiner ihrer Aus-
       fälle gegen das britische Kantonnement mit Inkerman [124] vergli-
       chen werden  kann, daß  es in Delhi keinen Todtleben gab, und daß
       die Sepoys,  so tapfer jeder einzelne Mann und jede einzelne Kom-
       panie in  den meisten  Fällen auch kämpfte, gänzlich ohne Führung
       waren, nicht  nur ihre Brigaden und Divisionen, sondern auch fast
       alle ihre  Bataillone, daß  daher ihr Zusammenhalt nicht über den
       Bereich der Kompanien hinausging, daß ihnen das wissenschaftliche
       Element völlig fehlte, ohne das eine Armee heutzutage hilflos und
       die Verteidigung  einer Stadt ganz und gar aussichtslos ist. Doch
       das Mißverhältnis
       -----
       1*) Haus- und Familienvater
       
       #328# Friedrich Engels
       -----
       von Kräften und Kampfmitteln, die Widerstandskraft der Sepoys ge-
       genüber dem  Klima, worin  sie den  Europäern überlegen sind, der
       Zustand äußerster Schwäche, in den die Truppen vor Delhi zeitwei-
       lig gebracht  worden sind  - alles das wiegt die genannten Unter-
       schiede auf  und macht es möglich, beide Belagerungen (soweit man
       diese Operationen Belagerungen nennen kann) in angemessener Weise
       zu vergleichen.  Um zu wiederholen, wir sehen die Erstürmung Del-
       his nicht als einen Akt ungewöhnlicher oder besonders heldenmüti-
       ger Tapferkeit  an, obwohl  wie in  jeder Schlacht einzelne kühne
       Taten zweifellos  auf beiden  Seiten vollbracht  wurden, doch be-
       haupten wir,  daß die englisch-indische Armee vor Delhi mehr Aus-
       dauer, Charakterstärke,  Urteilsfähigkeit und  Geschick  bewiesen
       hat als  die englische  Armee bei  ihrer Bewährungsprobe zwischen
       Sewastopol und  Balaklawa [279].  Diese war  nach Inkerman bereit
       und willens, sich wieder einzuschiffen, und hätte dies zweifellos
       getan, wenn  die Franzosen  nicht gewesen wären. Erstere erwog in
       der Tat  auch, ob  es nicht  ratsam sei, sich zurückzuziehen, als
       die Jahreszeit,  die damit verbundenen todbringenden Krankheiten,
       die  Unterbrechung   der  Verbindungslinien,   das  Fehlen  jeder
       Möglichkeit rascher Verstärkungen und die Lage in ganz Oberindien
       zu einem  Rückzug aufforderten,  hielt jedoch  trotz alledem  auf
       ihrem Posten aus.
       Als der  Aufstand seinen  Höhepunkt erreicht hatte, wurde als er-
       stes eine  bewegliche Kolonne  in Oberindien benötigt. Es gab nur
       zwei Truppenkörper,  die so verwendet werden konnten - die kleine
       Truppe Havelocks,  die sich bald als unzureichend erwies, und die
       Truppe vor Delhi. Daß es unter diesen Umständen militärisch gese-
       hen ein  Fehler war,  vor Delhi  zu bleiben  und die  verfügbaren
       Kräfte in nutzlosen Kämpfen mit einem unangreifbaren Feind aufzu-
       reiben; daß  die Armee  in Bewegung  viermal so  wertvoll gewesen
       wäre wie in Ruhe; daß die Säuberung Oberindiens mit Ausnahme Del-
       his, die  Wiederherstellung der  Verbindungslinien sowie die Zer-
       schlagung jedes  Versuchs der Aufständischen, eine Streitmacht zu
       konzentrieren, erreicht  worden wäre,  und damit  der Fall Delhis
       als natürliche  und einfache Folge - das sind unbestreitbare Tat-
       sachen. Doch  politische Erwägungen  führten dazu,  das Lager vor
       Delhi nicht  aufzuheben. Zu  tadeln  sind  die  Neunmalklugen  im
       Hauptquartier, die die Armee nach Delhi schickten - nicht die Be-
       harrlichkeit der  Armee beim  Durchhalten, nachdem sie nun einmal
       da war.  Gleichzeitig dürfen wir nicht unterlassen festzustellen,
       daß die  Auswirkung der  Regenzeit auf  diese Armee weit geringer
       war, als  man hatte  erwarten müssen,  und daß bei einem auch nur
       durchschnittlichen Krankheitsstand,  den gewöhnlich aktive Opera-
       tionen in  solcher Jahreszeit  zur Folge  haben, der Rückzug oder
       die Auflösung  der Armee unausbleiblich gewesen wäre. Die gefähr-
       liche Lage der
       
       #329# Die Einnahme Delhis
       -----
       Armee hielt bis Ende August an. Die Verstärkungen begannen einzu-
       treffen, während  Zwistigkeiten das Lager der Aufständischen wei-
       terhin schwächten. Anfang September traf der Belagerungspark ein,
       und die  Verteidigungsstellung verwandelte sich in eine Angriffs-
       stellung. Am 7. September eröffnete die erste Batterie das Feuer,
       und am  Abend des  13. September  waren zwei erstürmbare Breschen
       geschlagen. Untersuchen wir nun, was sich in der Zwischenzeit er-
       eignete.
       Wenn wir  uns zu diesem Zweck auf die offizielle Depesche General
       Wilsons verlassen  müßten, wären  wir allerdings  sehr übel dran.
       Dieser Bericht  ist genauso  verworren wie  es immer die Berichte
       waren, die  vom englischen Hauptquartier auf der Krim herausgege-
       ben wurden.  Kein Mensch auf der Welt konnte sich nach diesem Be-
       richt ein Bild über die Lage der beiden Breschen machen oder über
       die entsprechende  Position und Ordnung, in der die Sturmkolonnen
       aufgestellt waren.  Was die  nichtamtlichen Berichte  angeht,  so
       sind diese  natürlich noch  hoffnungsloser verwirrt. Glücklicher-
       weise hat einer jener befähigten, wissenschaftlich gebildeten Of-
       fiziere, denen  nahezu das  ganze Verdienst  des Erfolgs gebührt,
       ein Angehöriger der bengalischen Genie- und Artillerietruppen, in
       der "Bombay  Gazette" [280] einen Bericht über die Ereignisse ge-
       geben, der  ebenso klar  und sachlich  wie einfach und bescheiden
       ist. Während  des gesamten  Krimkrieges fand  sich nicht ein ein-
       ziger englischer Offizier, der in der Lage gewesen wäre, einen so
       vernünftigen Bericht  wie diesen  zu schreiben.  Leider ist jener
       Offizier am  ersten Tage  des Sturms  verwundet worden, und damit
       endet sein  Brief. Über die späteren Aktionen sind wir daher noch
       ganz im Dunkeln.
       Die Engländer  hatten die  Verteidigungsanlagen von Delhi so weit
       verstärkt, daß  sie einer  Belagerung durch eine asiatische Armee
       standhalten konnten.  Nach unseren  heutigen Begriffen  war Delhi
       kaum als  Festung zu bezeichnen, sondern nur als ein Ort, der ge-
       gen den Ansturm einer Feldtruppe gesichert war. Von seinem Stein-
       wall, 16 Fuß hoch und 12 Fuß stark, gekrönt von einer 3 Fuß star-
       ken und  8 Fuß  hohen Brustwehr,  waren außer der Brustwehr 6 Fuß
       Mauerwerk durch  das Glacis nicht gedeckt, und dem direkten Feuer
       der Angreifer  ausgesetzt. Die  geringe Breite  dieses Steinwalls
       ließ es  nicht zu,  irgendwo, außer in den Bastionen und den Mar-
       tello-Türmen, Geschütze aufzustellen. Diese Türme flankierten die
       Kurtine nur  sehr ungenügend,  und eine  gemauerte Brustwehr  von
       drei Fuß  Stärke war  von  Belagerungsgeschützen  (Feldartillerie
       könnte es  auch tun)  leicht zusammenzuschießen, um das Feuer der
       Verteidigung und besonders die den Graben flankierenden Geschütze
       zum Schweigen  zu bringen.  Zwischen Wall  und  Graben  lag  eine
       breite Berme oder ein ebener Weg, der das Schlagen einer
       
       #330# Friedrich Engels
       -----
       erstürmbaren Bresche  erleichterte, und  unter  diesen  Umständen
       wurde der  Graben, statt ein coupe-george 1*) für jede da hinein-
       geratene Truppe  zu sein, zu einem Rastplatz, um die Kolonnen neu
       zu formieren, die beim Vordringen auf dem Glacis in Unordnung ge-
       raten waren.
       Gegen einen  solchen Ort nach den Regeln der Belagerung mit regu-
       lären Laufgräben  vorzugehen, würde Wahnsinn gewesen sein, selbst
       wenn die  erste Voraussetzung vorhanden gewesen wäre, nämlich ge-
       nügend Kräfte,  um den  Ort von  allen Seiten einzuschließen. Der
       Zustand der  Verteidigungsanlagen, die  Desorganisation  und  der
       sinkende Mut  der Verteidiger  hätten jede andere Angriffsart als
       die angewandte  zu einem absoluten Fehlgriff werden lassen. Diese
       Art ist  Militärfachleuten unter  der Bezeichnung durchdringender
       Angriff (attaque de vive force) gut bekannt. Die Verteidigungsan-
       lagen, die so beschaffen sind, daß sie nur einen direkten Angriff
       ohne schwere Geschütze vereiteln können, werden ohne Umstände von
       der Artillerie  erledigt; das  Innere des  Ortes wird während der
       ganzen Zeit mit Granaten belegt, und sobald die Breschen erstürm-
       bar sind, gehen die Truppen zum Sturmangriff vor.
       Die angegriffene  Front war  die nördliche,  direkt gegenüber dem
       englischen Lager.  Diese Front besteht aus zwei Kurtinen und drei
       Bastionen, die einen leicht einspringenden Winkel bei der zentra-
       len (der Kaschmir-)Bastion bilden. Die östliche Position, von der
       Kaschmir- bis  zur Water-Bastion,  ist kürzer und springt im Ver-
       gleich zur  westlichen Position, zwischen der Kaschmir- und Mori-
       Bastion, etwas  vor. Das Gelände vor der Kaschmir- und der Water-
       Bastion war  von den  Sepoys nicht eingeebnet worden, sondern mit
       niedrigem Dschungel, mit Gärten, Häusern etc. bedeckt und bot dem
       Angriff Schutz.  (Dieser Umstand erklärt, wie es möglich war, daß
       die Engländer  den Sepoys so oft bis direkt unter deren Festungs-
       geschütze folgen konnten, was damals als äußerst heldenhaft ange-
       sehen wurde,  in Wirklichkeit  jedoch mit  wenig Gefahr verbunden
       war, solange sie diese Deckung hatten.) Außerdem Verlief etwa 400
       bis 500  Yard von  dieser Front  entfernt eine  tiefe Schlucht in
       gleicher Richtung  mit dem  Wall und  bildete so  eine natürliche
       Parallele für den Angriff. Da ferner der Fluß eine ausgezeichnete
       Basis für  den linken  Flügel der Engländer darstellte, wurde der
       durch die Kaschmir- und die Waters Bastion gebildete leichte Vor-
       sprung sehr richtig als Hauptangriffspunkt gewählt. Auf die west-
       liche Kurtine und die westlichen Bastionen wurde gleichzeitig ein
       Scheinangriff unternommen, und dieses Manöver gelang so gut, daß.
       die Hauptkräfte der Sepoys ihm entgegengestellt wurden. Sie zogen
       ein
       -----
       1*) eine Mördergrube
       
       #331#
       -----
       
       Bild ansehen
       DEHLI im Jahre 1857
       
       #332#
       -----
       
       #333# Die Einnahme Delhis
       -----
       starkes Korps  in den Vorstädten außerhalb des Kabul-Tores zusam-
       men, um  den rechten Flügel der Engländer zu bedrohen. Dieses Ma-
       növer wäre  völlig richtig  und sehr  wirksam gewesen,  wenn  die
       westliche Kurtine  zwischen der Mori- und der Kaschmir-Bastion am
       meisten gefährdet gewesen wäre. Die flankierende Stellung der Se-
       poys hätte  sich ausgezeichnet als ein Mittel der aktiven Vertei-
       digung geeignet,  da jede Sturmkolonne durch einen Vorstoß dieses
       Korps sofort  in die  Flanke genommen worden wäre. Doch die Wirk-
       samkeit dieser  Stellung konnte  nicht weiter östlich reichen als
       bis zur Kurtine zwischen der Kaschmir- und der Water-Bastion, und
       so wurden  durch die  Besetzung dieser Stellung die besten Kräfte
       der Verteidiger vom entscheidenden Punkt abgezogen.
       Die Wahl, der Bau und die Bestückung der Batteriestellungen sowie
       die Art der Bedienung verdienen höchstes, Lob. Die Engländer hat-
       ten etwa  50 Kanonen  und Mörser  in starken Batterien hinter or-
       dentlichen, festen  Brustwehren konzentriert.  Die Sepoys  hatten
       nach offiziellen  Angaben an  der angegriffenen Front 55 Kanonen,
       die jedoch über kleine Bastionen und Martello-Türme verstreut und
       zu konzentriertem Feuer unfähig waren und die durch die jämmerli-
       che, drei  Fuß starke  Brustwehr kaum  gedeckt wurden. Zweifellos
       müssen ein  paar Stunden genügt haben, das Feuer der Verteidigung
       zum Schweigen  zu bringen,  und dann  blieb nur noch wenig zu tun
       übrig.
       Am 8. eröffnete die Batterie Nr. 1, 10 Kanonen, 700 Yard vom Wall
       entfernt das Feuer. In der folgenden Nacht baute man die erwähnte
       Schlucht zu  einer Art  Laufgraben aus.  Am 9. wurden das unebene
       Gelände und die Häuser vor dieser Schlucht ohne Widerstand genom-
       men; und  am 10.  nahm die Batterie Nr. 2 mit 8 Kanonen das Feuer
       auf. Diese  stand 500  bis 600 Yard vom Wall entfernt. Am 11. be-
       gann die Batterie Nr. 3, die sehr kühn und geschickt 200 Yard vor
       der Water-Bastion  auf unebenem Gelände errichtet worden war, mit
       sechs Kanonen  zu feuern,  während zehn  schwere Mörser die Stadt
       mit Granaten  belegten. Am  Abend des 13. wurde gemeldet, daß die
       Breschen -  die eine in der an die rechte Flanke der Kaschmir-Ba-
       stion anschließenden  Kurtine, die  andere in der linken Face und
       Flanke der  Water-Bastion - für die Erstürmung breit genug seien,
       und der  Angriff wurde  befohlen. Die  Sepoys hatten am 11. einen
       Gegenlaufgraben auf  dem Glacis zwischen den beiden bedrohten Ba-
       stionen angelegt  und hoben  nun in  etwa dreihundertfünfzig Yard
       Entfernung vor den englischen Batterien einen Schützengraben aus.
       Von dieser  Stellung außerhalb des Kabul-Tores gingen sie auch zu
       Flankenangriffen vor.  Doch diese Ansätze einer aktiven Verteidi-
       gung wurden  ohne Einheit,  Zusammenhalt oder Begeisterung ausge-
       führt und blieben ergebnislos.
       
       #334# Friedrich Engels
       -----
       Am 14.  gingen fünf  britische Kolonnen  bei Tagesanbruch zum An-
       griff vor.  Eine Kolonne sollte auf dem rechten Flügel die Kräfte
       außerhalb des  Kabul-Tores beschäftigen  und im  Erfolgsfalle das
       Lahor-Tor angreifen, je eine war gegen die beiden Breschen einge-
       setzt, eine  weitere gegen das Kaschmir-Tor, das gesprengt werden
       sollte, und die letzte blieb als Reserve. Mit Ausnahme der ersten
       waren alle  diese Kolonnen  erfolgreich. Die  Breschen wurden nur
       schwach verteidigt,  doch der  Widerstand in den Häusern nahe des
       Walls war  sehr hartnäckig.  Durch den  Heldenmut eines Offiziers
       und dreier Sergeanten der Genietruppen (denn hier  g a b  es Hel-
       denmut) gelang  es, das  Kaschmir-Tor aufzusprengen, und so drang
       auch diese Kolonne in das Innere vor. Gegen Abend war die gesamte
       nördliche Front im Besitz der Engländer. Hier machte General Wil-
       son jedoch  halt. Dem Angriff aufs Geratewohl wurde Einhalt gebo-
       ten, es  wurden Kanonen  aufgefahren und gegen alle starken Posi-
       tionen in  der Stadt  gerichtet. Mit  Ausnahme der Erstürmung des
       Arsenals scheint es sehr wenig wirklichen Kampf gegeben zu haben.
       Die Aufständischen  waren entmutigt  und verließen  die Stadt  in
       Scharen. Wilson rückte vorsichtig in die Stadt ein, fand nach dem
       17. kaum  noch irgendwelchen  Widerstand und  besetzte sie am 20.
       vollends.
       Unsere Meinung  über die  Angriffsführung haben  wir schon darge-
       legt. Was  die Verteidigung  angeht, so zeigen der Versuch zu of-
       fensiven Gegenbewegungen,  die Flankenstellung  am Kabul-Tor, die
       Gegenlaufgräben und die Schützenlöcher, daß sich gewisse Vorstel-
       lungen einer  wissenschaftlichen Kriegführung  unter  den  Sepoys
       durchgesetzt hatten;  doch waren  sie entweder  nicht  klar  oder
       nicht stark  genug, um mit Erfolg in die Tat umgesetzt zu werden.
       Ob sie von Indern stammten oder von einigen Europäern, die es mit
       den Sepoys halten, ist natürlich schwer zu entscheiden; doch eins
       steht mit Sicherheit fest: Diese Versuche, wenn auch unvollkommen
       in der  Ausführung, sind in ihrer Grundlage der aktiven Verteidi-
       gung Sewastopols sehr ähnlich; und die Ausführung erweckt den An-
       schein, als  hätte irgendein  europäischer Offizier einen genauen
       Plan für  die Sepoys  entworfen, sie  jedoch waren nicht imstande
       gewesen, die  Idee völlig zu begreifen, oder aber Desorganisation
       und  mangelhafte  Führung  verwandelten  brauchbare  Entwürfe  in
       schwache und kraftlose Versuche.
       Geschrieben am 16. November 1857.
       
       Aus dem Englischen.

       zurück