Quelle: MEW 13 Januar 1859 - Februar 1860
zurück
#13#
-----
ERSTES BUCH
Vom Kapital
#14#
-----
#15#
-----
ABSCHNITT I
Das Kapital im allgemeinen
ERSTES KAPITEL
Die Ware
Auf den ersten Blick erscheint der bürgerliche Reichtum als eine
ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als sein elementari-
sches Dasein. Jede Ware aber stellt sich dar unter dem doppelten
Gesichtspunkt von G e b r a u c h s w e r t und T a u s c h-
w e r t *)
Die Ware ist zunächst, in der Sprachweise der englischen Ökono-
men, "irgendein Ding, notwendig, nützlich, oder angenehm für das
Leben", Gegenstand menschlicher Bedürfnisse, Lebensmittel im wei-
testen Sinne des Wortes. Dieses Dasein der Ware als Gebrauchswert
und ihre natürliche handgreifliche Existenz fallen zusammen. Wei-
zen z.B. ist ein besonderer Gebrauchswert im Unterschied von den
Gebrauchswerten Baumwolle, Glas, Papier usw. Der Gebrauchswert
hat nur Wert für den Gebrauch und verwirklicht sich nur im Prozeß
der Konsumtion. Derselbe Gebrauchswert kann verschieden vernutzt
werden. Die Summe seiner möglichen Nutzanwendungen jedoch ist zu-
sammengefaßt in seinem Dasein als Ding mit bestimmten Eigen-
schaften. Er ist ferner nicht nur qualitativ, sondern auch quan-
titativ bestimmt. Ihrer natürlichen Eigentümlichkeit gemäß besit-
zen verschiedene Gebrauchswerte verschiedene Maße, z.B. Scheffel
Weizen, Buch Papier, Elle Leinwand usw.
Welches immer die gesellschaftliche Form des Reichtums sei,
Gebrauchswerte bilden stets seinen gegen diese Form zunächst
gleichgültigen Inhalt.
---
*) Aristoteles, "De Republica", L.I.C. 9 (edit. I. Bekkeri, Oxo-
nii 1837). "Denn zweifach ist der Gebrauch jedes Guts... Der eine
ist dem Ding als solchen eigen, der andre nicht, wie einer San-
dale, zur Beschuhung zu dienen und austauschbar zu sein. Beides
sind Gebrauchswerte der Sandale, denn auch wer die Sandale mit
dem ihm Mangelnden, z.B. der Nahrung austauscht, benutzt die San-
dale als Sandale. Aber nicht in ihrer natürlichen Gebrauchsweise.
Denn sie ist nicht da des Austausches wegen. Dieselbe Bewandtnis
hat es auch um die andern Güter."
#16# Karl Marx
-----
Man schmeckt dem Weizen nicht an, wer ihn gebaut hat, russischer
Leibeigner, französischer Parzellenbauer oder englischer Kapita-
list. Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse, und da-
her in gesellschaftlichem Zusammenhang, drückt der Gebrauchswert
jedoch kein gesellschaftliches Produktionsverhältnis aus. Diese
Ware als Gebrauchswert ist z.B. ein Diamant. Am Diamant ist nicht
wahrzunehmen, daß er Ware ist. Wo er als Gebrauchswert dient, äs-
thetisch oder mechanisch, am Busen der Lorette oder in der Hand
des Glasschleifers, ist er Diamant und nicht Ware. Gebrauchswert
zu sein scheint notwendige Voraussetzung für die Ware, aber Ware
zu sein gleichgültige Bestimmung für den Gebrauchswert. Der Ge-
brauchswert in dieser Gleichgültigkeit gegen die ökonomische
Formbestimmung, d. h. der Gebrauchswert als Gebrauchswert, liegt
jenseits des Betrachtungskreises der politischen Ökonomie. *) In
ihren Kreis fällt er nur, wo er selbst Formbestimmung. Unmittel-
bar ist er die stoffliche Basis, woran sich ein bestimmtes ökono-
misches Verhältnis darstellt, der T a u s c h w e r t.
Tauschwert erscheint zunächst als q u a n t i t a t i v e s
V e r h ä l t n i s, worin Gebrauchswerte gegeneinander aus-
tauschbar. In solchem Verhältnis bilden sie dieselbe Tauschgröße.
So mögen 1 Band Properz und 8 Unzen Schnupftabak derselbe Tausch-
wert sein, trotz der disparaten Gebrauchswerte von Tabak und Ele-
gie. Als Tauschwert ist ein Gebrauchswert grade so viel wert wie
der andere, wenn nur in richtiger Portion vorhanden. Der Tausch-
wert eines Palastes kann in bestimmter Anzahl von Stiefelwichs-
büchsen ausgedrückt werden. Londoner Stiefelwichsfabrikanten ha-
ben umgekehrt den Tauschwert ihrer multiplizierten Büchsen in Pa-
lästen ausgedrückt. Ganz gleichgültig also gegen ihre natürliche
Existenzweise, und ohne Rücksicht auf die spezifische Natur des
Bedürfnisses, wofür sie Gebrauchswerte, decken sich Waren in be-
stimmten Quantitäten, ersetzen einander im Austausch, gelten als
Äquivalente, und stellen so trotz ihres buntscheckigen Scheins
dieselbe Einheit dar.
Die Gebrauchswerte sind unmittelbar Lebensmittel. Umgekehrt aber
sind diese Lebensmittel selbst Produkte des gesellschaftlichen
Lebens, Resultat verausgabter menschlicher Lebenskraft, v e r-
g e g e n s t ä n d l i c h t e A r b e i t. Als Materiatur der
gesellschaftlichen Arbeit sind alle Waren Kristallisationen
---
*) Dies ist der Grund, warum deutsche Kompilatoren den unter dem
Namen "Gut" fixierten Gebrauchswert con amore 1*) abhandeln. Sieh
z.B. L. Stein, "System der Staatswissenschaft", Bd. I, den Ab-
schnitt von den "Gütern". Verständiges über "Güter" muß man su-
chen in "Anweisungen zur Warenkunde".
-----
1*) mit Lust
#17# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
derselben Einheit. Der bestimmte Charakter dieser Einheit, d.h.
der Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, ist nun zu betrach-
ten.
Eine Unze Gold, 1 Tonne Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen
Seide seien gleich große Tauschwerte. Als solche Äquivalente,
worin der qualitative Unterschied ihrer Gebrauchswerte ausge-
löscht ist, stellen sie gleiches Volumen derselben Arbeit dar.
Die Arbeit, die sich gleichmäßig in ihnen vergegenständlicht, muß
selbst gleichförmige, unterschiedslose, einfache Arbeit sein, der
es ebenso gleichgültig, ob sie in Gold, Eisen, Weizen, Seide er-
scheint, wie es dem Sauerstoff ist, ob er vorkommt im Rost des
Eisens, der Atmosphäre, dem Saft der Traube oder dem Blut des
Menschen. Aber Gold graben, Eisen aus dem Bergwerk fördern, Wei-
zen bauen und Seide weben sind qualitativ voneinander verschie-
dene Arbeitsarten. In der Tat, was sachlich als Verschiedenheit
der Gebrauchswerte, erscheint prozessierend als Verschiedenheit
der die Gebrauchswerte hervorbringenden Tätigkeit. Als gleichgül-
tig gegen den besondern Stoff der Gebrauchswerte ist die Tausch-
wert setzende Arbeit daher gleichgültig gegen die besondere Form
der Arbeit selbst. Die verschiedenen Gebrauchswerte sind ferner
Produkte der Tätigkeit verschiedener Individuen, also Resultat
individuell verschiedener Arbeiten. Als Tauschwerte stellen sie
aber gleiche, unterschiedslose Arbeit dar, d. h. Arbeit, worin
die Individualität der Arbeitenden ausgelöscht ist. Tauschwert
setzende Arbeit ist daher a b s t r a k t a l l g e m e i n e
Arbeit.
Wenn 1 Unze Gold, 1 Tonne Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen
Seide gleich große Tauschwerte oder Äquivalente sind, sind 1 Unze
Gold, 1/2 Tonne Eisen, 3 Bushel Weizen und 5 Ellen Seide Tausch-
werte von durchaus verschiedener Größe, und dieser quantitative
Unterschied ist der einzige Unterschied, dessen sie als Tausch-
werte überhaupt fähig sind. Als Tauschwerte von verschiedener
Größe stellen sie ein Mehr oder Minder, größere oder kleinere
Quanta jener einfachen, gleichförmigen, abstrakt allgemeinen Ar-
beit dar, die die Substanz des Tauschwerts bildet. Es fragt sich,
wie diese Quanta messen? Oder es fragt sich vielmehr, welches das
quantitative Dasein jener Arbeit selbst ist, da die Größenunter-
schiede der Waren als Tauschwerte nur Größenunterschiede der in
ihnen vergegenständlichten Arbeit sind. Wie das quantitative Da-
sein der Bewegung die Zeit ist, so ist das quantitative Dasein
der Arbeit die A r b e i t s z e i t. Die Verschiedenheit ihrer
eignen Dauer ist der einzige Unterschied, dessen sie fähig ist,
ihre Qualität als gegeben vorausgesetzt. Als Arbeitszeit erhält
sie ihren Maßstab an den natürlichen Zeitmaßen, Stunde, Tag, Wo-
che usw. Arbeitszeit ist das lebendige Dasein der Arbeit, gleich-
gültig gegen ihre Form, ihren Inhalt, ihre Individualität; es ist
ihr lebendiges Dasein als quantitatives, zugleich mit seinem im-
manenten Maße.
#18# Karl Marx
-----
Die in den Gebrauchswerten der Waren vergegenständlichte Arbeits-
zeit ist ebensowohl die Substanz, die sie zu Tauschwerten macht
und daher zu Waren, wie sie ihre bestimmte Wertgröße mißt. Die
korrelativen Quantitäten verschiedener Gebrauchswerte, in welchen
dieselbe Arbeitszeit sich vergegenständlicht, sind Äquivalente,
oder alle Gebrauchswerte sind Äquivalente in den Proportionen,
worin sie dieselbe Arbeitszeit aufgearbeitet, vergegenständlicht
enthalten. Als Tauschwert sind alle Waren nur bestimmte Maße
f e s t g e r o n n e n e r A r b e i t s z e i t.
Zum Verständnis der Bestimmung des Tauschwerts durch Arbeitszeit
sind folgende Hauptgesichtspunkte festzuhalten: die Reduktion der
Arbeit auf einfache, sozusagen qualitätslose Arbeit; die spezifi-
sche Art und Weise, worin die Tauschwert setzende, also Waren
produzierende Arbeit g e s e l l s c h a f t l i c h e A r-
b e i t ist; endlich der Unterschied zwischen der Arbeit, sofern
sie in Gebrauchswerten, und der Arbeit, sofern sie in Tauschwer-
ten resultiert.
Um die Tauschwerte der Waren an der in ihnen enthaltenen Arbeits-
zeit zu messen, müssen die verschiedenen Arbeiten selbst redu-
ziert sein auf unterschiedslose, gleichförmige, einfache Arbeit,
kurz auf Arbeit, die qualitativ dieselbe ist und sich daher nur
quantitativ unterscheidet.
Diese Reduktion erscheint als eine Abstraktion, aber es ist eine
Abstraktion, die in dem gesellschaftlichen Produktionsprozeß täg-
lich vollzogen wird. Die Auflösung aller Waren in Arbeitszeit ist
keine größere Abstraktion, aber zugleich keine minder reelle als
die aller organischen Körper in Luft. Die Arbeit, die so gemessen
ist durch die Zeit, erscheint in der Tat nicht als Arbeit ver-
schiedener Subjekte, sondern die verschiedenen arbeitenden
Individuen erscheinen vielmehr als bloße Organe d e r Arbeit.
Oder die Arbeit, wie sie sich in Tauschwerten darstellt, könnte
ausgedrückt werden als a l l g e m e i n m e n s c h l i c h e
Arbeit. Diese Abstraktion der allgemein menschlichen Arbeit
e x i s t i e r t in der Durchschnittsarbeit, die jedes Durch-
schnittsindividuum einer gegebenen Gesellschaft verrichten kann,
eine bestimmte produktive Verausgabung von menschlichem Muskel,
Nerv, Gehirn usw. Es ist e i n f a c h e Arbeit *), wozu jedes
Durchschnittsindividuum abgerichtet werden kann und die es in der
einen oder andern Form verrichten muß. Der Charakter dieser
Durchschnittsarbeit ist selbst verschieden in verschiedenen Län-
dern und verschiedenen Kulturepochen, erscheint aber als gegeben
in einer vorhandenen Gesellschaft. Die einfache Arbeit bildet die
bei weitem größte Masse aller Arbeit der bürgerlichen Gesell-
schaft, wie man sich aus jeder Statistik überzeugen kann. Ob A
während 6 Stunden Eisen und während 6 Stunden Leinwand
---
*) "Unskilled labour" nennen es die englischen Ökonomen.
#19# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
produziert, und B ebenfalls während 6 Stunden Eisen und während 6
Stunden Leinwand produziert, oder ob A während 12 Stunden Eisen
und B während 12 Stunden Leinwand produziert, erscheint augenfäl-
lig als bloß verschiedene Anwendung d e r s e l b e n Arbeits-
zeit. Aber wie mit der komplizierten Arbeit, die sich über das
Durchschnittsniveau erhebt als Arbeit von höherer Lebendigkeit,
größerem spezifischen Gewicht? Diese Art Arbeit löst sich auf in
zusammengesetzte einfache Arbeit, einfache Arbeit auf höherer Po-
tenz, so daß z.B. ein komplizierter Arbeitstag gleich drei einfa-
chen Arbeitstagen. Die Gesetze, die diese Reduktion regeln, gehö-
ren noch nicht hierher. Daß die Reduktion aber stattfindet, ist
klar: denn als Tauschwert ist das Produkt der kompliziertesten
Arbeit in bestimmter Proportion Äquivalent für das Produkt der
einfachen Durchschnittsarbeit, also gleichgesetzt einem bestimm-
ten Quantum dieser einfachen Arbeit.
Die Bestimmung des Tauschwerts durch die Arbeitszeit unterstellt
ferner, daß in einer bestimmten Ware, einer Tonne Eisen z.B.,
g l e i c h v i e l Arbeit vergegenständlicht ist, gleichgül-
tig, ob sie Arbeit von A oder B, oder daß verschiedene Individuen
gleich große Arbeitszeit zur Produktion desselben, qualitativ und
quantitativ bestimmten Gebrauchswerts verwenden. In andern Wor-
ten, es ist unterstellt, daß die in einer Ware enthaltene Ar-
beitszeit die zu ihrer Produktion n o t w e n d i g e Arbeits-
zeit ist, d.h. die Arbeitszeit erheischt, um unter gegebenen all-
gemeinen Produktionsbedingungen ein neues Exemplar derselben Ware
zu produzieren.
Die Bedingungen der Tauschwert setzenden Arbeit, wie sie sich aus
der Analyse des Tauschwerts ergeben, sind g e s e l l-
s c h a f t l i c h e B e s t i m m u n g e n der Arbeit oder
Bestimmungen g e s e l l s c h a f t l i c h e r A r b e i t,
aber gesellschaftlich nicht schlechthin, sondern in besonderer
Weise. Es ist eine spezifische Art der Gesellschaftlichkeit.
Zunächst ist die unterschiedslose Einfachheit der Arbeit
G l e i c h h e i t der Arbeiten verschiedener Individuen,
wechselseitiges Beziehen ihrer Arbeiten aufeinander als gleicher,
und zwar durch tatsächliche Reduktion aller Arbeiten auf
gleichartige Arbeit. Die Arbeit jedes Individuums, soweit sie
sich in Tauschwerten darstellt, besitzt diesen gesellschaftlichen
Charakter der Gleichheit, und sie stellt sich nur im Tauschwert
dar, soweit sie auf die Arbeit aller andern Individuen als glei-
che bezogen ist.
Ferner erscheint im Tauschwert die Arbeitszeit des einzelnen In-
dividuums unmittelbar als a l l g e m e i n e A r b e i t s-
z e i t und dieser a l l g e m e i n e C h a r a k t e r der
vereinzelten Arbeit als g e s e l l s c h a f t l i c h e r
C h a r a k t e r derselben. Die im Tauschwert dargestellte
Arbeitszeit ist Arbeitszeit des einzelnen, aber des einzelnen
ohne Unterschied vom andern einzelnen, aller einzelnen, sofern
sie gleiche Arbeit vollbringen, daher die von dem einen zur
Produktion einer bestimmten Ware
#20# Karl Marx
-----
erheischte Arbeitszeit die n o t w e n d i g e Arbeitszeit ist,
die jeder andre zur Produktion derselben Ware verwenden würde.
Sie ist die Arbeitszeit des einzelnen, s e i n e Arbeitszeit,
aber nur als allen gemeine Arbeitszeit, für die es daher gleich-
gültig, die Arbeitszeit w e s s e n einzelnen sie ist. Als all-
gemeine Arbeitszeit stellt sie sich dar in einem allgemeinen Pro-
dukt, einem a l l g e m e i n e n Ä q u i v a l e n t, einem
bestimmten Quantum vergegenständlichter Arbeitszeit, das gleich-
gültig gegen die bestimmte Form des Gebrauchswerts, worin es un-
mittelbar als Produkt des einen erscheint, beliebig übersetzbar
ist in jede andere Form von Gebrauchswert, worin es sich als Pro-
dukt jedes andern darstellt. G e s e l l s c h a f t l i c h e
Größe ist es nur als solche a l l g e m e i n e Größe. Die Ar-
beit des einzelnen, um in Tauschwert zu resultieren, muß resul-
tieren in ein a l l g e m e i n e s Ä q u i v a l e n t, d.h.
in Darstellung der Arbeitszeit des einzelnen als allgemeiner Ar-
beitszeit oder Darstellung der allgemeinen Arbeitszeit als der
des einzelnen. Es ist, als ob die verschiedenen Individuen ihre
Arbeitszeit zusammengeworfen und verschiedene Quanta der ihnen
gemeinschaftlich zu Gebote stehenden Arbeitszeit in verschiedenen
Gebrauchswerten dargestellt hätten. Die Arbeitszeit des einzelnen
ist so in der Tat die Arbeitszeit, deren die Gesellschaft zur
Darstellung eines bestimmten Gebrauchswertes, d.h. zur Befriedi-
gung eines bestimmten Bedürfnisses bedarf. Aber es handelt sich
hier nur um die spezifische Form, worin die Arbeit gesellschaft-
lichen Charakter erhält. Eine bestimmte Arbeitszeit des Spinners
vergegenständlicht sich z.B. in 100 Pfund Leinengarn. 100 Ellen
Leinwand, das Produkt des Webers, sollen gleiches Quantum Ar-
beitszeit darstellen. Sofern diese beiden Produkte gleich großes
Quantum allgemeiner Arbeitszeit darstellen und daher Äquivalente
für j e d e n Gebrauchswert, der gleich viel Arbeitszeit ent-
hält, sind sie Äquivalente füreinander. Nur dadurch, daß die Ar-
beitszeit des Spinners und die Arbeitszeit des Webers als allge-
meine Arbeitszeit, ihre Produkte daher als allgemeine Äquivalente
sich darstellen, wird hier die Arbeit des Webers für den Spinner
und die des Spinners für den Weber, die Arbeit des einen für die
Arbeit des andern, d.h. das gesellschaftliche Dasein ihrer Arbei-
ten für beide. In der ländlich-patriarchalischen Industrie dage-
gen, wo Spinner und Weber unter demselben Dach hausten, der weib-
liche Teil der Familie spann, der männliche webte, sage zum
Selbstbedarf der Familie, waren Garn und Leinwand g e s e l l-
s c h a f t l i c h e Produkte, Spinnen und Weben g e s e l l-
s c h a f t l i c h e Arbeiten innerhalb der Grenzen der Fami-
lie. Ihr gesellschaftlicher Charakter bestand aber nicht darin,
daß Garn als allgemeines Äquivalent gegen Leinwand als
allgemeines Äquivalent oder beide sich gegeneinander austauschten
als gleich gültige und gleich geltende Ausdrücke derselben allge-
meinen Arbeitszeit. Der Familienzusammenhang vielmehr mit seiner
naturwüchsigen
#21# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Teilung der Arbeit drückte dem Produkt der Arbeit seinen eigen-
tümlichen gesellschaftlichen Stempel auf. Oder nehmen wir die Na-
turaldienste und Naturallieferungen des Mittelalters. Die be-
stimmten Arbeiten der einzelnen in ihrer Naturalform, die Beson-
derheit, nicht die Allgemeinheit der Arbeit bildet hier das ge-
sellschaftliche Band. Oder nehmen wir endlich die gemeinschaftli-
che Arbeit in ihrer naturwüchsigen Form, wie wir sie an der
Schwelle der Geschichte aller Kulturvölker finden. *) Hier ist
der gesellschaftliche Charakter der Arbeit offenbar nicht dadurch
vermittelt, daß die Arbeit des einzelnen die abstrakte Form der
Allgemeinheit, oder sein Produkt die Form eines allgemeinen Äqui-
valents annimmt. Es ist das der Produktion vorausgesetzte Gemein-
wesen, das die Arbeit des einzelnen verhindert, Privatarbeit und
sein Produkt Privatprodukt zu sein, die einzelne Arbeit vielmehr
unmittelbar als Funktion eines Gliedes des Gesellschaftsorganis-
mus erscheinen läßt. Die Arbeit, die sich im Tauschwert dar-
stellt, ist vorausgesetzt als Arbeit des vereinzelten Einzelnen.
Gesellschaftlich wird sie dadurch, daß sie die Form ihres unmit-
telbaren Gegenteils, die Form der abstrakten Allgemeinheit an-
nimmt.
Es charakterisiert endlich die Tauschwert setzende Arbeit, daß
die gesellschaftliche Beziehung der Personen sich gleichsam ver-
kehrt darstellt, nämlich als gesellschaftliches Verhältnis der
Sachen. Nur insofern der eine Gebrauchswert sich auf den andern
als Tauschwert bezieht, ist die Arbeit der verschiedenen Personen
aufeinander als gleiche und allgemeine bezogen. Wenn es daher
richtig ist zu sagen, daß der Tauschwert ein Verhältnis zwischen
Personen **) ist, so muß aber hinzugesetzt werden: unter dingli-
cher Hülle verstecktes Verhältnis. Wie ein Pfund Eisen und ein
Pfund Gold trotz ihrer verschiedenen physischen und chemischen
Eigenschaften d a s s e l b e Quantum
---
*) Es ist ein lächerliches Vorurteil, in neuester Zeit verbrei-
tet, daß die Form des n a t u r w ü c h s i g e n Gemeineigen-
tums spezifisch slawisch oder gar ausschließlich russische Form
sei. Sie ist die Urform, die wir bei Römern, Germanen, Kelten
nachweisen können, von der aber eine ganze Musterkarte mit man-
nigfaltigen Proben sich noch immer, wenn auch zum Teil ruinen-
weise, bei den Indiern vorfindet. Em genaueres Studium der asia-
tischen, speziell der indischen, Gemeineigentumsformen würde
nachweisen, wie aus den verschiedenen Formen des naturwüchsigen
Gemeineigentums sich verschiedene Formen seiner Auflösung erge-
ben. So lassen sich z.B. die verschiedenen Originaltypen von rö-
mischem und germanischem Privateigentum aus verschiedenen Formen
von indischem Gemeineigentum ableiten.
**) "La ricchezza è una ragione tra due persone." Galiani, "Deila
Moneta", p. 221. In vol. III von Custodis Sammlung der "Scrittori
classici Italiani di Economia Politica, Parte Moderna", Milano
1803.
#22# Karl Marx
-----
Schwere darstellen, so zwei Gebrauchswerte von Waren, worin die-
selbe Arbeitszeit enthalten ist, d e n s e l b e n T a u s c h-
w e r t. Der Tauschwert erscheint so als gesellschaftliche
Naturbestimmtheit der Gebrauchswerte, als eine Bestimmtheit, die
ihnen als Dingen zukommt, und infolge deren sie sich im
Austauschprozeß ebenso in bestimmten quantitativen Verhältnissen
ersetzen, Äquivalente bilden, wie einfache chemische Stoffe in
bestimmten quantitativen Verhältnissen sich verbinden, chemische
Äquivalente bilden. Es ist nur die Gewohnheit des täglichen
Lebens, die es als trivial, als selbstverständlich erscheinen
läßt, daß ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis die Form
eines Gegenstandes annimmt, so daß das Verhältnis der Personen in
ihrer Arbeit sich vielmehr als ein Verhältnis darstellt, worin
Dinge sich zu einander und zu den Personen verhalten. In der Ware
ist diese Mystifikation noch sehr einfach. Es schwebt allen mehr
oder minder vor, daß das Verhältnis der Waren als Tauschwerte
vielmehr Verhältnis der Personen zu ihrer wechselseitigen
produktiven Tätigkeit ist. In höheren Produktionsverhältnissen
verschwindet dieser Schein der Einfachheit. Alle Illusionen des
Monetarsystems stammen daher, daß dem Geld 1*) nicht angesehen
wird, daß es ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis
darstellt, aber in der Form eines Naturdings von bestimmten
Eigenschaften. Bei den modernen Ökonomen, die auf die Illusionen
des Monetarsystems herabgrinsen, verrät sich dieselbe Illusion,
sobald sie höhere ökonomische Kategorien handhaben, z.B. das
Kapital. Sie bricht hervor in dem Geständnis naiver Verwunderung,
wenn bald als gesellschaftliches Verhältnis erscheint, was sie
eben plump als Ding festzuhalten meinten, und dann wieder als
Ding sie neckt, was sie kaum als gesellschaftliches Verhältnis
fixiert hatten.
Indem der Tauschwert der Waren in der Tat nichts ist als Bezie-
hung der Arbeiten der einzelnen aufeinander als gleiche und all-
gemeine, nichts als gegenständlicher Ausdruck einer spezifisch
gesellschaftlichen Form der Arbeit, ist es Tautologie, zu sagen,
daß die Arbeit e i n z i g e Quelle des Tauschwerts sei und da-
her des Reichtums, soweit er aus Tauschwerten besteht. Es ist
dieselbe Tautologie, daß der Naturstoff als solcher keinen
Tauschwert *), weil keine Arbeit und der Tauschwert als solcher
keinen Naturstoff enthält.
---
*) "In seinem Naturzustand ist der Stoff stets von Wert ent-
blößt." MacCulloch, "Discours sur l'origine de l'économie politi-
que etc.", traduit par Prevost, Genève 1825, p. 57. Man sieht,
wie hoch selbst ein MacCulloch über dem Fetischismus deutscher
"Denker" steht, die den "Stoff" und noch ein halbes Dutzend ande-
rer Allotria für Elemente des Wertes erklären. Vgl. z.B. L.
Stein, l.c. Bd. I, p. 170 [195].
-----
1*) Im Handexemplar korrigiert; (1859) Gold
#23# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Wenn aber William Petty "die Arbeit den Vater und die Erde die
Mutter des Reichtums" nennt, oder Bischof Berkeley fragt, "ob die
vier Elemente und des Menschen Arbeit darin nicht die wahre
Quelle des Reichtums seien" *), oder wenn der Amerikaner Th.
Cooper populär klarmacht: "Nimm von einem Laib Brot die darauf
verwandte Arbeit weg, die Arbeit von Bäcker, Müller, Pächter
usw., und was bleibt übrig? Ein paar Graskörner, wildwachsend und
unnütz für jeden menschlichen Gebrauch" **), so handelt es sich
in allen diesen Anschauungen nicht von der abstrakten Arbeit, wie
sie Quelle des Tauschwerts ist, sondern von der konkreten Arbeit
als einer Quelle stofflichen Reichtums, kurz von der Arbeit, so-
fern sie Gebrauchswerte hervorbringt. Indem der Gebrauchswert der
Ware vorausgesetzt ist, ist die besondere Nützlichkeit, die be-
stimmte Zweckmäßigkeit der in ihr aufgezehrten Arbeit vor-
ausgesetzt, damit aber vom Standpunkt der Ware aus zugleich alle
Rücksicht auf die Arbeit als nützliche Arbeit erschöpft. Am Brot
als Gebrauchswert interessieren uns seine Eigenschaften als Nah-
rungsmittel, keineswegs die Arbeiten von Pächter, Müller, Bäcker
usw. Wenn durch irgendeine Erfindung 19/20 dieser Arbeiten weg-
fielen, würde das Laib denselben Dienst leisten wie zuvor. Wenn
es fertig vom Himmel fiele, würde es kein Atom seines Ge-
brauchswerts verlieren. Während sich die Tauschwert setzende Ar-
beit in der Gleichheit der Waren als allgemeiner Äquivalente ver-
wirklicht, verwirklicht sich die Arbeit als zweckmäßige produk-
tive Tätigkeit in der unendlichen Mannigfaltigkeit ihrer Ge-
brauchswerte. Während die Tauschwert setzende Arbeit a b-
s t r a k t a l l g e m e i n e und g l e i c h e Arbeit, ist
die Gebrauchswert setzende Arbeit konkrete und besondere Arbeit,
die sich der Form und dem Stoff nach in unendlich verschiedene
Arbeitsweisen zerspaltet.
Von der Arbeit, soweit sie Gebrauchswerte hervorbringt, ist es
falsch zu sagen, daß sie e i n z i g e Quelle des von ihr her-
vorgebrachten, nämlich des stofflichen Reichtums sei. Da sie die
Tätigkeit ist, das Stoffliche für diesen oder jenen Zweck anzu-
eignen, bedarf sie des Stoffes als Voraussetzung. In ver-
schiedenen Gebrauchswerten ist die Proportion zwischen Arbeit und
Naturstoff sehr verschieden, aber stets enthält der Gebrauchswert
ein natürliches Substrat. Als zweckmäßige Tätigkeit zur Aneignung
des Natürlichen in einer oder der anderen Form ist die Arbeit Na-
turbedingung der menschlichen Existenz, eine von allen sozialen
Formen unabhängige Bedingung des Stoffwechsels
---
*) Berkeley, "The Querist", London 1750. "Whether the four ele-
ments, and man's labour therein, be not the true source of
wealth?"
**) Th. Cooper, "Lectures on the Elements of Political Economy",
London 1831 (Columbia 1826), p. 99.
#24# Karl Marx
-----
zwischen Mensch und Natur. Tauschwert setzende Arbeit ist dagegen
eine spezifisch gesellschaftliche Form der Arbeit. Schneiderar-
beit z.B. in ihrer stofflichen Bestimmtheit als besondere produk-
tive Tätigkeit, produziert den Rock, aber nicht den Tauschwert
des Rocks. Letztern produziert sie nicht als Schneiderarbeit,
sondern als abstrakt allgemeine Arbeit, und diese gehört einem
Gesellschaftszusammenhang, den der Schneider nicht eingefädelt
hat. So produzierten in der antiken häuslichen Industrie Weiber
den Rock, ohne den Tauschwert des Rockes zu produzieren. Arbeit
als eine Quelle von stofflichem Reichtum war dem Gesetzgeber Mo-
ses sowohl bekannt wie dem Zollbeamten Adam Smith. *)
Betrachten wir nun einige nähere Bestimmungen, die sich aus der
Zurückführung des Tauschwerts auf Arbeitszeit ergeben.
Als Gebrauchswert wirkt die Ware ursachlich. Weizen z.B. wirkt
als Nahrungsmittel. Eine Maschine ersetzt Arbeit in bestimmten
Verhältnissen. Diese Wirkung der Ware, wodurch sie allein Ge-
brauchswert, Gegenstand der Konsumtion ist, kann ihr Dienst ge-
nannt werden, der Dienst, den sie als Gebrauchswert leistet. Als
Tauschwert aber wird die Ware immer nur unter dem Gesichtspunkt
des Resultats betrachtet. Es handelt sich nicht um den Dienst,
den sie leistet, sondern um den Dienst **), der ihr selbst gelei-
stet worden ist in ihrer Produktion. So ist also der Tauschwert
einer Maschine z.B. bestimmt nicht durch das Quantum Arbeitszeit,
das von ihr ersetzt wird, sondern das Quantum Arbeitszeit, das in
ihr selbst aufgearbeitet und daher erheischt ist, eine neue Ma-
schine derselben Art zu produzieren.
Bliebe daher das zur Produktion von Waren erheischte Arbeitsquan-
tum konstant, so wäre ihr Tauschwert unveränderlich. Aber die
Leichtigkeit und Schwierigkeit der Produktion wechseln beständig.
Wächst die Produktivkraft der Arbeit, so produziert sie denselben
Gebrauchswert in kürzerer Zeit. Fällt die Produktivkraft der Ar-
beit, so wird mehr Zeit erheischt zur Produktion desselben Ge-
brauchswerts. Die Größe der in einer Ware enthaltenen Arbeits-
zeit, also ihr Tauschwert, ist daher ein wechselnder, steigt oder
fällt in um-
---
*) F. List, der den Unterschied zwischen der Arbeit, sofern sie
Nützliches, einen Gebrauchswert, schaffen hilft, und der Arbeit,
sofern sie eine bestimmte gesellschaftliche Form des Reichtums,
den Tauschwert, schafft, nie begreifen konnte, wie Begreifen
überhaupt seinem interessiert praktischen Verstand fern lag,
erblickte daher in den englischen modernen Ökonomen bloße Plagia-
rien des Moses von Ägypten.
**) Man begreift, welchen "Dienst" die Kategorie "Dienst"
(service) einer Sorte Ökonomen wie J.-B. Say und F. Bastiat lei-
sten muß, deren räsonierende Klugheit, wie schon Malthus richtig
bemerkte, überall von der spezifischen Formbestimmtheit der öko-
nomischen Verhältnisse abstrahiert.
#25# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
gekehrtem Verhältnis zum Steigen oder Fallen der Produktivkraft
der Arbeit. Die Produktivkraft der Arbeit, die in der Manufaktur-
industrie in vorausbestimmtem Grade angewandt wird, ist in der
Agrikultur und der extraktiven Industrie zugleich bedingt durch
unkontrollierbare Naturverhältnisse. D i e s e l b e Arbeit
wird eine größere oder mindere Ausbeute verschiedener Metalle er-
geben, je nach dem relativ seltenern und häufigeren Vorkommen
dieser Metalle in der Erdrinde. D i e s e l b e Arbeit mag sich
mit Gunst der Jahreszeit in 2 Bushel Weizen, mit Ungunst dersel-
ben vielleicht nur in 1 Bushel Weizen vergegenständlichen. Sel-
tenheit oder Überfluß als Naturverhältnisse scheinen hier den
Tauschwert der Waren zu bestimmen, weil sie die an Naturverhält-
nisse gebundene Produktivkraft besonderer realen Arbeit be-
stimmen.
Verschiedene Gebrauchswerte enthalten in ungleichen Volumen die-
selbe Arbeitszeit oder denselben Tauschwert. In je kleinerem Vo-
lumen ihres Gebrauchswerts, verglichen mit den andern Gebrauchs-
werten, eine Ware, ein bestimmtes Quantum Arbeitszeit enthält, um
so größer ist ihr s p e z i f i s c h e r T a u s c h w e r t.
Finden wir, daß in verschiedenen, weit auseinanderliegenden Kul-
turepochen gewisse Gebrauchswerte unter sich eine Reihe von
spezifischen Tauschwerten bilden, die, wenn nicht exakt dasselbe
Zahlenverhältnis, doch das allgemeine Verhältnis der Über- und
Unterordnung gegeneinander bewahren, wie z.B. Gold, Silber, Kup-
fer, Eisen, oder Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, so folgt daraus
nur, daß die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen
Produktivkräfte gleichmäßig oder annähernd gleichmäßig auf die
Arbeitszeit einwirkt, die zur Produktion jener verschiedenen Wa-
ren erfordert ist.
Der Tauschwert einer Ware kommt nicht in ihrem eignen Gebrauchs-
wert zur Erscheinung. Als Vergegenständlichung der allgemeinen
gesellschaftlichen Arbeitszeit jedoch ist der Gebrauchswert einer
Ware in Verhältnisse gesetzt zu den Gebrauchswerten anderer Wa-
ren. Der Tauschwert der einen Ware manifestiert sich so in den
Gebrauchswerten der anderen Waren. Äquivalent ist in der Tat der
Tauschwert einer Ware ausgedrückt im Gebrauchswert einer andern
Ware. Sage ich z.B. eine Elle Leinwand ist wert zwei Pfund Kaf-
fee, so ist der Tauschwert der Leinwand in dem Gebrauchswert Kaf-
fee, und zwar in einem bestimmten Quantum dieses Gebrauchswerts
ausgedrückt. Diese Proportion gegeben, kann ich den Wert jedes
Quantums Leinwand in Kaffee ausdrücken. Es ist klar, daß der
Tauschwert einer Ware, z.B. der Leinwand, nicht erschöpft ist in
der Proportion, worin eine andere besondre Ware, z.B. Kaffee, ihr
Äquivalent bildet. Das Quantum allgemeiner Arbeitszeit, dessen
Darstellung die Elle Leinwand ist,
#26# Karl Marx
-----
ist gleichzeitig in unendlich verschiedenen Volumen von Ge-
brauchswerten aller andern Waren realisiert. In der Proportion,
worin der Gebrauchswert jeder andern Ware gleich große Arbeits-
zeit darstellt, bildet er ein Äquivalent für die Elle Leinwand.
Der Tauschwert d i e s e r e i n z e l n e n W a r e drückt
sich daher nur erschöpfend aus in den unendlich vielen Gleichun-
gen, worin die Gebrauchswerte aller andern Waren ihr Äquivalent
bilden. Nur in der Summe dieser Gleichungen oder in der
Gesamtheit der verschiedenen Proportionen, worin eine Ware mit
jeder andern Ware austauschbar ist, ist sie erschöpfend aus-
gedrückt als a l l g e m e i n e s Ä q u i v a l e n t. Z.B.
die Reihe der Gleichungen
1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
1 Elle Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot,
1 Elle Leinwand = 6 Ellen Kattun,
kann dargestellt werden als
1 Elle Leinwand = 1/8 Pfund Tee + 1/2 Pfund Kaffee + 2 Pfund Brot
+ 1 1/2 Ellen Kattun.
Wenn wir daher die ganze Summe von Gleichungen vor uns hätten,
worin sich der Wert einer Elle Leinwand erschöpfend ausdrückt,
könnten wir ihren Tauschwert darstellen in der Form einer Reihe.
In der Tat ist diese Reihe unendlich, da der Umkreis der Waren
nie definitiv abgeschlossen ist, sondern sich stets ausdehnt. In-
dem aber so die eine Ware ihren Tauschwert mißt in den Gebrauchs-
werten aller andern Waren, messen sich umgekehrt die Tauschwerte
aller andern Waren in dem Gebrauchswert dieser einen sich in ih-
nen messenden Ware. *) Wenn der Tauschwert 1 Elle Leinwand sich
ausdrückt in 1/2 Pfund Tee oder 2 Pfund Kaffee oder 6 Ellen Kat-
tun oder 8 Pfund Brot usw., so folgt, daß Kaffee, Tee, Kattun,
Brot usw. in dem Verhältnis, worin sie einem dritten, der Lein-
wand, gleich sind, untereinander gleich sind, also Leinwand als
gemeinschaftliches Maß ihrer Tauschwerte dient. Jede Ware als
vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit, d.h. bestimmtes Quan-
tum allgemeiner Arbeitszeit, drückt ihren Tauschwert der Reihe
nach aus in bestimmten Quantitäten der Gebrauchswerte aller an-
dern Waren, und die Tauschwerte aller andern Waren messen sich
umgekehrt in dem Gebrauchswert dieser einen ausschließlichen
Ware. Als Tauschwert aber ist jede Ware
---
*) "Es ist auch eine Eigentümlichkeit der Maße, ein solches Ver-
hältnis mit dem gemessenen Ding zu haben, daß in gewisser Art das
Gemessene das Maß des Messenden wird." Montanari, "Della Moneta",
p. 41 in Custodia Sammlung, vol. 1 III., Parte Antica.
#27# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
sowohl die eine ausschließliche Ware, die als gemeinsames Maß der
Tauschwerte aller andern Waren dient, wie sie andrerseits nur
eine der vielen Waren ist, in deren Gesamtumkreis jede andre Ware
ihren Tauschwert unmittelbar darstellt.
Die W e r t g r ö ß e einer Ware wird nicht davon berührt, ob
wenig oder viel Waren anderer Art außer ihr existieren. Ob aber
die Reihe der Gleichungen, worin ihr Tauschwert sich realisiert,
größer oder kleiner ist, hängt ab von der größern oder kleinern
Mannigfaltigkeit von andern Waren. Die Reihe von Gleichungen,
worin sich z.B. der Wert des Kaffees darstellt, drückt die Sphäre
seiner Austauschbarkeit aus, die Grenzen, worin er als Tauschwert
funktioniert. Dem Tauschwert einer Ware als Vergegenständlichung
der allgemeinen gesellschaftlichen Arbeitszeit entspricht der
Ausdruck ihrer Äquivalenz in unendlich verschiedenen Gebrauchs-
werten.
Wir haben gesehen, daß der Tauschwert einer Ware wechselt mit der
Quantität der unmittelbar in ihr selbst enthaltenen Arbeitszeit.
Ihr realisierter, d.h. in den Gebrauchswerten anderer Waren aus-
gedrückter Tauschwert muß ebenso abhängen von dem Verhältnis,
worin die auf die Produktion aller andern Waren verwandte Ar-
beitszeit wechselt. Bliebe z.B. die zur Produktion eines Schef-
fels Weizen erforderliche Arbeitszeit dieselbe, während die zur
Produktion aller andern Waren erheischte Arbeitszeit sich verdop-
pelte, so wäre der Tauschwert des Scheffels Weizen, ausgedrückt
in seinen Äquivalenten, um die Hälfte gesunken. Das Resultat wäre
praktisch dasselbe, als ob die zur Herstellung des Scheffels Wei-
zen erforderliche Arbeitszeit um die Hälfte gefallen und die zur
Herstellung aller andern Waren erforderliche Arbeitszeit unverän-
dert geblieben wäre. Der Wert der Waren ist bestimmt durch die
Proportion, worin sie in derselben Arbeitszeit produziert werden
können. Um zu sehen, welchen möglichen Wechseln diese Proportion
ausgesetzt ist, unterstellen wir zwei Waren A und B.
E r s t e n s: Die zur Produktion von B erforderte Arbeitszeit
bleibe unverändert. In diesem Falle fällt oder steigt der Tausch-
wert von A, in B ausgedrückt, direkt wie die zur Produktion von A
erheischte Arbeitszeit fällt oder steigt. Z w e i t e n s: Die
zur Produktion von A erforderliche Arbeitszeit bleibe unverän-
dert. Der Tauschwert von A in B ausgedrückt, fällt oder steigt in
umgekehrtem Verhältnisse, wie die zur Produktion von B erheischte
Arbeitszeit fällt oder steigt. D r i t t e n s: Die zur Produk-
tion von A und B erheischte Arbeitszeit falle oder steige in
gleicher Proportion. Der Ausdruck der Äquivalenz von A in B
bleibt dann unverändert. Nähme durch irgendeinen Umstand die Pro-
duktivkraft aller Arbeiten in demselben Maße ab, so daß alle Wa-
ren in gleicher Proportion mehr Arbeitszeit zu ihrer Produktion
erheischten, so wäre der Wert a l l e r Waren gestiegen, der
#28# Karl Marx
-----
reale Ausdruck ihres Tauschwerts wäre unverändert geblieben, und
der wirkliche Reichtum der Gesellschaft hätte abgenommen, da sie
mehr Arbeitszeit brauchte, um dieselbe Masse von Gebrauchswerten
zu schaffen. V i e r t e n s: Die zur Produktion von A und B
erforderte Arbeitszeit mag für beide steigen oder fallen, aber in
ungleichem Grade, oder die für A erforderte Arbeitszeit mag
steigen, während die für B fällt, oder umgekehrt. Alle diese
Fälle können einfach darauf reduziert werden, daß die zur Produk-
tion einer Ware erheischte Arbeitszeit unverändert bleibt, wäh-
rend die der andern steigt oder fällt.
Der Tauschwert jeder Ware drückt sich in dem Gebrauchswert jeder
andern Ware aus, sei es in ganzen Größen oder in Brüchen dieses
Gebrauchswerts. Als Tauschwert ist jede Ware ebenso teilbar wie
die Arbeitszeit selbst, die in ihr vergegenständlicht ist. Die
Äquivalenz der Waren ist ebenso unabhängig von ihrer physischen
Teilbarkeit als Gebrauchswerte, wie die Addition der Tauschwerte
der Waren gleichgültig dagegen ist, welchen realen Formwechsel
die Gebrauchswerte dieser Waren in ihrer Umschmelzung zu
e i n e r neuen Ware durchlaufen.
Bisher wurde die Ware unter doppeltem Gesichtspunkt betrachtet,
als Gebrauchswert und als Tauschwert, jedesmal einseitig. Als
Ware jedoch ist sie unmittelbar E i n h e i t von Gebrauchswert
und Tauschwert; zugleich ist sie Ware nur in Beziehung auf die
anderen Waren. Die w i r k l i c h e Beziehung der Waren auf-
einander ist ihr A u s t a u s c h p r o z e ß. Es ist dies ge-
sellschaftlicher Prozeß, den die voneinander unabhängigen Indivi-
duen eingehen, aber sie gehen ihn nur ein als Warenbesitzer; ihr
wechselseitiges Dasein füreinander ist das Dasein ihrer Waren,
und so erscheinen sie in der Tat nur als bewußte Träger des Aus-
tauschprozesses.
Die Ware i s t Gebrauchswert, Weizen, Leinwand, Diamant, Ma-
schine etc., aber als Ware ist sie zugleich n i c h t Ge-
brauchswert. Wäre sie Gebrauchswert für ihren Besitzer, d.h. un-
mittelbar Mittel zur Befriedigung seiner eignen Bedürfnisse, so
wäre sie nicht Ware. Für ihn ist sie vielmehr N i c h t - G e-
b r a u c h s w e r t, nämlich bloß stofflicher Träger des
Tauschwerts, oder bloßes T a u s c h m i t t e l; als aktiver
Träger des Tauschwerts wird der Gebrauchswert Tauschmittel. Für
ihn ist sie Gebrauchswert nur noch als Tauschwert. *) Als Ge-
brauchswert muß sie daher erst w e r d e n, zunächst für ande-
re. Da sie nicht Gebrauchswert für ihren eigenen Besitzer, ist
sie Gebrauchswert für Besitzer anderer Ware. Wenn nicht, war
seine Arbeit nutzlose Arbeit, ihr Resultat also nicht Ware. Ande-
rerseits muß sie Gebrauchswert f ü r i h n s e l b s t wer-
den, denn
-----
*) Es ist in dieser Bestimmtheit, daß Aristoteles (siehe die im
Eingang des Kapitels zitierte Stelle) den Tauschwert auffaßt.
#29# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
außer ihr, in den Gebrauchswerten fremder Waren, existieren seine
Lebensmittel. Um als Gebrauchswert zu w e r d e n, muß die Ware
dem besonderen Bedürfnis gegenübertreten, wofür sie Gegenstand
der Befriedigung ist. Die Gebrauchswerte der Waren w e r d e n
also als Gebrauchswerte, indem sie allseitig die Stellen wech-
seln, aus der Hand, worin sie Tauschmittel, übergehen in die
Hand, worin sie Gebrauchsgegenstände. Nur durch diese allseitige
E n t ä u ß e r u n g der Waren wird die in ihnen enthaltene Ar-
beit nützliche Arbeit. In dieser p r o z e s s i e r e n d e n
Beziehung der Waren aufeinander als Gebrauchswerte erhalten sie
keine neue ökonomische Formbestimmtheit. Vielmehr verschwindet
die Formbestimmtheit, die sie als Ware charakterisierte. Brot
z.B. in dem Übergang aus der Hand des Bäckers in die Hand des
Konsumenten ändert nicht sein Dasein als Brot. Umgekehrt, erst
der Konsument bezieht sich auf es als Gebrauchswert, als dies be-
stimmte Nahrungsmittel, während es in der Hand des Bäckers Träger
eines ökonomischen Verhältnisses, ein sinnlich übersinnliches
Ding war. Der einzige Formwechsel, den die Waren in ihrem Werden
als Gebrauchswerte eingehen, ist also die Aufhebung ihres formel-
len Daseins, worin sie Nicht-Gebrauchswert für ihren Besitzer,
Gebrauchswert für ihren Nichtbesitzer waren. Das Werden der Waren
als Gebrauchswerte unterstellt ihre allseitige Entäußerung, ihr
Eingehen in den Austauschprozeß, aber ihr Dasein für den Aus-
tausch ist ihr Dasein als Tauschwerte. Um sich daher als Ge-
brauchswerte zu verwirklichen, müssen sie sich als Tauschwerte
verwirklichen.
Erschien die einzelne Ware unter dem Gesichtspunkt des Gebrauchs-
wertes ursprünglich als selbständiges Ding, so war sie dagegen
als Tauschwert von vornherein in Beziehung auf alle andern Waren
betrachtet. Diese Beziehung jedoch war nur eine theoretische, ge-
dachte. Betätigt wird sie nur im Austauschprozeß. Andrerseits
i s t die Ware zwar Tauschwert, sofern ein bestimmtes Quantum
Arbeitszeit in ihr aufgearbeitet und sie daher v e r g e g e n-
s t ä n d l i c h t e A r b e i t s z e i t ist. Aber, wie sie
unmittelbar ist, ist sie nur vergegenständlichte individuelle
Arbeitszeit von besonderem Inhalt, nicht a l l g e m e i n e
Arbeitszeit. Sie ist daher n i c h t unmittelbar Tauschwert,
sondern muß erst solcher w e r d e n. Zunächst kann sie nur
Vergegenständlichung der allgemeinen Arbeitszeit sein, soweit sie
Arbeitszeit in bestimmter nützlicher Anwendung, also in einem
Gebrauchswert darstellt. Dies war die stoffliche Bedingung, unter
der allein die in den Waren enthaltene Arbeitszeit als
allgemeine, gesellschaftliche vorausgesetzt war. Wenn die Ware
daher nur als Gebrauchswert werden kann, indem sie sich als
Tauschwert verwirklicht, kann sie sich andrerseits nur als
Tauschwert verwirklichen, indem sie sich in ihrer Entäußerung als
Gebrauchswert bewährt. Eine Ware kann als Gebrauchswert nur an
den
#30# Karl Marx
-----
veräußert werden, für den sie Gebrauchswert ist, d.h. Gegenstand
besondern Bedürfnisses. Andrerseits wird sie nur veräußert gegen
eine andre Ware, oder, wenn wir uns auf die Seite des Besitzers
der andern Ware stellen, kann er seine Ware ebenfalls nur veräu-
ßern, d.h. verwirklichen, indem er sie in Kontakt mit dem beson-
dern Bedürfnis bringt, dessen Gegenstand sie ist. In der allsei-
tigen Entäußerung der Waren als G e b r a u c h s w e r t e
werden sie daher aufeinander bezogen nach ihrer stofflichen Ver-
schiedenheit als besondre Dinge, die durch ihre spezifischen Ei-
genschaften besondre Bedürfnisse befriedigen. Aber als solche
bloße Gebrauchswerte sind sie gleichgültige Existenzen füreinan-
der und vielmehr beziehungslos. Als Gebrauchswerte können sie nur
ausgetauscht werden in Beziehung auf besondre Bedürfnisse. Aus-
tauschbar aber sind sie nur als Äquivalente, und Äquivalente sind
sie nur als gleiche Quanta vergegenständlichter Arbeitszeit, so
daß alle Rücksicht auf ihre natürlichen Eigenschaften als Ge-
brauchswerte und daher auf das Verhältnis der Waren zu besondern
Bedürfnissen ausgelöscht ist. Als Tauschwert betätigt sich eine
Ware vielmehr, indem sie als Äquivalent beliebig bestimmtes Quan-
tum jeder andern Ware ersetzt, gleichgültig, ob sie für den Be-
sitzer der andern Ware Gebrauchswert ist oder nicht ist. Aber für
den Besitzer der andern Ware wird sie nur Ware, sofern sie Ge-
brauchswert für ihn ist, und für ihren eignen Besitzer wird sie
nur Tauschwert, soweit sie Ware für den andern ist. Dieselbe Be-
ziehung also soll Beziehung der Waren als wesentlich gleicher,
nur quantitativ verschiedener Größen, soll ihre Gleichsetzung als
Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit und soll gleichzeitig ihre
Beziehung als qualitativ verschiedene Dinge, als besondre Ge-
brauchswerte für besondre Bedürfnisse, kurz, sie als wirkliche
Gebrauchswerte unterscheidende Beziehung sein. Aber diese Gleich-
setzung und Ungleichsetzung schließen sich wechselseitig aus. So
stellt sich nicht nur ein fehlerhafter Zirkel von Problemen dar,
indem die Lösung des einen die Lösung des andern voraussetzt,
sondern ein Ganzes widersprechender Forderungen, indem die Erfül-
lung einer Bedingung unmittelbar gebunden ist an die Erfüllung
ihres Gegenteils.
Der Austauschprozeß der Waren muß sowohl die Entfaltung wie die
Lösung dieser Widersprüche sein, die sich in ihm jedoch nicht in
dieser einfachen Weise darstellen können. Wir haben nur zugese-
hen, wie die Waren selbst wechselseitig aufeinander als Ge-
brauchswerte bezogen werden, d.h., wie die Waren als Gebrauchs-
werte i n n e r h a l b des Austauschprozesses auftreten. Der
Tauschwert dagegen, wie wir ihn bisher betrachtet, war bloß da in
unsrer Abstraktion oder, wenn man will, in der Abstraktion des
einzelnen Warenbesitzers, dem die Ware als Gebrauchswert auf dem
Speicher und als
#31# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Tauschwert auf dem Gewissen liegt. Die Waren selbst müssen aber
innerhalb des Austauschprozesses nicht nur als Gebrauchswerte,
sondern als Tauschwerte füreinander da sein, und dies ihr Dasein
als ihre eigene Beziehung aufeinander erscheinen. Die Schwierig-
keit, an der wir zunächst stockten, war, daß, um sich als Tausch-
wert, als vergegenständlichte Arbeit darzustellen, die Ware zuvor
als Gebrauchswert entäußert, an den Mann gebracht sein muß, wäh-
rend ihre Entäußerung als Gebrauchswert umgekehrt ihr Dasein als
Tauschwert voraussetzt. Aber gesetzt, diese Schwierigkeit sei ge-
löst. Die Ware habe ihren besondern Gebrauchswert abgestreift und
durch dessen Entäußerung die stoffliche Bedingung erfüllt, ge-
sellschaftlich nützliche Arbeit zu sein, statt besondre Arbeit
des einzelnen für sich selbst. So muß sie dann im Austauschprozeß
als Tauschwert, allgemeines Äquivalent, vergegenständlichte
allgemeine Arbeitszeit für die andern Waren werden und so nicht
mehr die beschränkte Wirkung eines besonderen Gebrauchswerts,
sondern die unmittelbare Darstellungsfähigkeit in allen
Gebrauchswerten als ihren Äquivalenten erhalten. Jede Ware aber
ist d i e Ware, die so durch Entäußerung ihres besondern
Gebrauchswerts als direkte Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit
erscheinen muß. Andrerseits aber stehen sich im Austauschprozeß
nur besondere Waren gegenüber, in besonderen Gebrauchswerten
verkörperte Arbeiten von Privatindividuen. Die allgemeine
Arbeitszeit selbst ist eine Abstraktion, die als solche für die
Waren nicht existiert.
Betrachten wir die Summe von Gleichungen, worin der Tauschwert
einer Ware seinen realen Ausdruck findet, z.B.:
1 Elle Leinwand "= 2 Pfund Kaffee,
1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot usw.,
so besagen diese Gleichungen zwar nur, daß allgemeine, gesell-
schaftliche Arbeitszeit von gleicher Größe sich in 1 Elle Lein-
wand, 2 Pfund Kaffee, 1/2 Pfund Tee usw. vergegenständlicht. Aber
in der Tat werden die individuellen Arbeiten, die sich in diesen
besondern Gebrauchswerten darstellen, nur zu allgemeiner und in
dieser Form zu gesellschaftlicher Arbeit, indem sie sich wirklich
gegeneinander austauschen im Verhältnis der Zeitdauer der in ih-
nen enthaltenen Arbeit 1*). Die gesellschaftliche Arbeitszeit
existiert sozusagen nur latent in diesen Waren und offenbart sich
erst in ihrem Austauschprozeß. Es wird nicht ausgegangen von der
Arbeit der Individuen als gemeinschaftlicher, sondern umgekehrt
von besondern Arbeiten von Privatindividuen,
-----
1*) Im Handexemplar korrigiert; (1859) im Verhältnis ihrer Zeit-
dauer
#32# Karl Marx
-----
Arbeiten, die sich erst im Austauschprozeß durch Aufhebung ihres
ursprünglichen Charakters, als allgemeine gesellschaftliche Ar-
beit beweisen. Die allgemein gesellschaftliche Arbeit ist daher
nicht fertige Voraussetzung, sondern werdendes Resultat. Und so
ergibt sich die neue Schwierigkeit, daß die Waren einerseits als
vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit in den Austauschprozeß
eingehen müssen, andrerseits die Vergegenständlichung der Ar-
beitszeit der Individuen als allgemeiner selbst nur Produkt des
Austauschprozesses ist.
Jede Ware soll durch Entäußerung ihres Gebrauchswerts, also ihrer
ursprünglichen Existenz, ihre entsprechende Existenz als Tausch-
wert erhalten. Die Ware muß daher im Austauschprozeß ihre Exi-
stenz verdoppeln. Andrerseits kann ihre zweite Existenz als
Tauschwert selbst nur eine andre Ware sein, denn im Austauschpro-
zeß stehen sich nur Waren gegenüber. Wie eine besondere Ware un-
mittelbar darstellen als v e r g e g e n s t ä n d l i c h t e
a l l g e m e i n e Arbeitszeit, oder, was dasselbe ist, wie der
individuellen Arbeitszeit, die in einer besonderen-Ware vergegen-
ständlicht ist, unmittelbar den Charakter der Allgemeinheit ge-
ben? Der reale Ausdruck des Tauschwerts einer Ware, d.h. jeder
Ware als allgemeinen Äquivalents, stellt sich dar in einer unend-
lichen Summe von Gleichungen wie:
1 Elle Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot,
1 Elle Leinwand = 6 Ellen Kattun,
1 Elle Leinwand = usw.
Diese Darstellung war theoretisch, soweit die Ware als bestimmtes
Quantum vergegenständlichter allgemeiner Arbeitszeit nur g e-
d a c h t war. Das Dasein einer besonderen Ware als allgemeines
Äquivalent wird aus bloßer Abstraktion g e s e l l s c h a f t-
l i c h e s Resultat des Austauschprozesses selbst durch ein-
fache Umkehrung der obigen Reihe von Gleichungen. Also z.B.:
2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand,
1/2 Pfund Tee = 1 Elle Leinwand,
8 Pfund Brot = 1 Elle Leinwand,
6 Ellen Kattun = 1 Elle Leinwand.
Indem Kaffee, Tee, Brot, Kattun, kurz alle Waren, die in ihnen
selbst enthaltene Arbeitszeit in Leinwand ausdrücken, entfaltet
sich der Tauschwert der Leinwand umgekehrt in allen andern Waren
als ihren Äquivalenten und wird die in ihr selbst vergegenständ-
lichte Arbeitszeit unmittelbar die allgemeine
#33# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Arbeitszeit, die sich gleichmäßig in verschiedenen Volumen aller
andern Waren darstellt. Die Leinwand wird hier a l l g e m e i-
n e s Ä q u i v a l e n t durch die a l l s e i t i g e A k-
t i o n aller andern Waren auf sie. Als Tauschwert wurde jede
Ware zum Maß der Werte aller andern Waren. Hier umgekehrt, indem
alle Waren ihren Tauschwert in einer besondern Ware messen, wird
die ausgeschlossene Ware adäquates Dasein des Tauschwerts, sein
Dasein als allgemeines Äquivalent. Dagegen schrumpfen die eine
unendliche Reihe oder die unendlich vielen Gleichungen, worin der
Tauschwert jeder Ware sich darstellte, in eine einzige Gleichung
von nur 2 Gliedern zusammen. 2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand ist
jetzt der erschöpfende Ausdruck des Tauschwerts von Kaffee, da er
in diesem Ausdruck unmittelbar als Äquivalent für bestimmtes
Quantum jeder andern Ware erscheint. Innerhalb des Austausch-
prozesses sind also jetzt die Waren füreinander da oder
erscheinen einander als Tauschwerte in der Form Leinwand. Daß
alle Waren als Tauschwerte aufeinander bezogen sind, als nur
verschiedene Quanta vergegenständlichter allgemeiner Arbeitszeit,
erscheint jetzt so, daß sie als Tauschwerte nur verschiedene
Quanta d e s s e l b e n Gegenstandes, der Leinwand, dar-
stellen. Die allgemeine Arbeitszeit stellt sich daher ihrerseits
dar als ein besonderes Ding, eine Ware neben und außer allen
andern Waren. Zugleich aber ist die Gleichung, worin sich Ware
für Ware als Tauschwert darstellt, z.B. 2 Pfund Kaffee = 1 Elle
Leinwand, noch zu verwirklichende Gleichsetzung. Nur durch ihre
Veräußerung als Gebrauchswert, die davon abhängt, ob sie sich als
Gegenstand eines Bedürfnisses im Austauschprozeß bewährt,
verwandelt sie sich wirklich aus ihrem Dasein Kaffee in ihr
Dasein Leinwand, nimmt so die Form des allgemeinen Äquivalents an
und wird wirklich Tauschwert für alle andern Waren. Umgekehrt
dadurch, daß alle Waren durch ihre Entäußerung als Gebrauchswerte
sich in Leinwand verwandeln, wird die Leinwand das verwandelte
Dasein aller andern Waren und nur als Resultat dieser Verwandlung
aller andern Waren in sie unmittelbar V e r g e g e n-
s t ä n d l i c h u n g d e r a l l g e m e i n e n A r-
b e i t s z e i t, d.h. Produkt der allseitigen Entäußerung,
Aufhebung der individuellen Arbeiten. Verdoppeln die Waren so, um
als Tauschwerte füreinander zu erscheinen, ihre Existenz, so
verdoppelt die als allgemeines Äquivalent ausgeschlossene Ware
ihren Gebrauchswert. Außer ihrem besondern Gebrauchswert als be-
sondere Ware erhält sie einen allgemeinen Gebrauchswert. Dieser
ihr Gebrauchswert ist selbst Formbestimmtheit, d. h. geht aus der
spezifischen Rolle hervor, die sie durch die allseitige Aktion
der andern Waren auf sie im Austauschprozeß spielt. Der
Gebrauchswert jeder Ware als Gegenstand eines besondern
Bedürfnisses hat verschiedenen Wert in verschiedener Hand, z.B.
andern Wert in der Hand dessen, der sie veräußert,
#34# Karl Marx
-----
als in der Hand dessen, der sie aneignet. Die als allgemeines
Äquivalent ausgeschlossene Ware ist jetzt Gegenstand eines aus
dem Austauschprozeß selbst hervorwachsenden allgemeinen Bedürf-
nisses und hat für jeden denselben Gebrauchswert, Träger des
Tauschwerts zu sein, allgemeines Tauschmittel. So ist in der
einen Ware der Widerspruch gelöst, den die Ware als solche ein-
schließt, als besonderer Gebrauchswert zugleich allgemeines Äqui-
valent und daher Gebrauchswert für jeden, allgemeiner Ge-
brauchswert zu sein. Während also alle andern Waren jetzt
zunächst ihren Tauschwert als ideelle, erst zu realisierende
Gleichung mit der ausschließlichen Ware darstellen, erscheint bei
dieser ausschließlichen Ware ihr Gebrauchswert, obgleich reell,
in dem Prozeß selbst als bloßes Formdasein, das erst durch Ver-
wandlung in wirkliche Gebrauchswerte zu realisieren ist. Ur-
sprünglich stellte sich die Ware dar als Ware überhaupt, allge-
meine Arbeitszeit vergegenständlicht in einem besondern Ge-
brauchswert. Im Austauschprozeß beziehen sich alle Waren auf die
ausschließliche Ware als Ware überhaupt, d i e Ware, Dasein der
allgemeinen Arbeitszeit in einem besondern Gebrauchswert. Als
b e s o n d e r e Waren verhalten sie sich daher gegensätzlich
zu einer besondern Ware als der a l l g e m e i n e n Ware. *)
Daß also die Warenbesitzer wechselseitig sich auf ihre Arbeiten
als allgemeine gesellschaftliche Arbeit beziehen, stellt sich so
dar, daß sie sich auf ihre Waren als Tauschwerte beziehen, die
wechselseitige Beziehung der Waren aufeinander als Tauschwerte im
Austauschprozeß als ihre allseitige Beziehung auf eine besondere
Ware als adäquaten Ausdruck ihres Tauschwerts, was umgekehrt wie-
der erscheint als spezifische Beziehung dieser besondern Ware zu
allen andern Waren und darum als bestimmter gleichsam naturwüch-
sig gesellschaftlicher Charakter eines Dings. Die besondere Ware,
die so das adäquate Dasein des Tauschwerts aller Waren darstellt,
oder der Tauschwert der Waren als eine besondere, ausschließliche
Ware, ist - G e l d. Es ist eine Kristallisation des Tausch-
werts der Waren, die sie im Austauschprozeß selbst bilden. Wäh-
rend daher die Waren innerhalb des Austauschprozesses als
G e b r a u c h s w e r t e füreinander werden, indem sie alle
Formbestimmtheit abstreifen und sich aufeinander in ihrer unmit-
telbaren stofflichen Gestalt beziehen, müssen sie, um einander
als T a u s c h w e r t e zu erscheinen, neue Formbestimmtheit
annehmen, zur Geldbildung fortgehen. Das Geld ist nicht Symbol,
so wenig wie das Dasein eines Gebrauchswerts als Ware Symbol ist.
Daß ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis sich als ein au-
ßer den Individuen vorhandener Gegenstand und die bestimmten Be-
ziehungen, die sie im Produktionsprozeß ihres
---
*) Derselbe Ausdruck findet sich bei Genovesi. [Note im Handexem-
plar.]
#35# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
gesellschaftlichen Lebens eingehen, sich als spezifische Eigen-
schaften eines Dings darstellen, diese Verkehrung und nicht ein-
gebildete, sondern prosaisch reelle Mystifikation charakterisiert
alle gesellschaftlichen Formen der Tauschwert setzenden Arbeit.
Im Geld erscheint sie nur frappanter als in der Ware.
Die notwendigen physischen Eigenschaften der besondern Ware,
worin sich das Geldsein aller Waren kristallisieren soll, soweit
sie aus der Natur des Tauschwerts unmittelbar hervorgehen, sind
beliebige Teilbarkeit, Gleichförmigkeit der Teile und Unter-
schiedslosigkeit aller Exemplare dieser Ware. Als Materiatur der
allgemeinen Arbeitszeit muß sie gleichartige Materiatur sein und
fähig, bloß quantitative Unterschiede darzustellen. Die andre
notwendige Eigenschaft ist Dauerbarkeit ihres Gebrauchswerts, da
sie innerhalb des Austauschprozesses ausdauern muß. Die edeln Me-
talle besitzen diese Eigenschaften in vorzüglichem Grade. Da das
Geld nicht Produkt der Reflexion oder der Verabredung ist, son-
dern instinktartig im Austauschprozeß gebildet wird, haben sehr
verschiedene, mehr oder minder unpassende Waren abwechselnd die
Funktion des Geldes verrichtet. Die Notwendigkeit, auf einer ge-
wissen Stufe der Entwicklung des Austauschprozesses, die Bestim-
mungen von Tauschwert und Gebrauchswert polarisch an die Waren zu
verteilen, so daß eine Ware z.B. als Tauschmittel figuriert, wäh-
rend die andere als Gebrauchswert veräußert wird, bringt es mit
sich, daß überall die Ware oder auch mehrere Waren vom allgemein-
sten Gebrauchswert zunächst zufällig die Rolle des Geldes spie-
len. Wenn nicht Gegenstand eines unmittelbar vorhandenen Bedürf-
nisses, sichert ihr Dasein als stofflich bedeutendster Be-
standteil des Reichtums ihnen einen allgemeinern Charakter als
den übrigen Gebrauchswerten.
Der unmittelbare Tauschhandel, die naturwüchsige Form des
Austauschprozesses, stellt vielmehr die beginnende Umwandlung der
Gebrauchswerte in Waren als die der Waren in Geld dar. Der
Tauschwert erhält keine freie Gestalt, sondern ist noch unmittel-
bar an den Gebrauchswert gebunden. Es zeigt sich dies doppelt.
Die Produktion selbst in ihrer ganzen Konstruktion ist gerichtet
auf Gebrauchswert, nicht auf Tauschwert, und es ist daher nur
durch ihren Überschuß über das Maß, worin sie für die Konsumtion
erheischt sind, daß die Gebrauchswerte hier aufhören Gebrauchs-
werte zu sein und Mittel des Austausches werden, Ware. Andrer-
seits werden sie Waren selbst nur innerhalb der Grenzen des un-
mittelbaren Gebrauchswerts, wenn auch polarisch verteilt, so daß
die von den Warenbesitzern auszutauschenden Waren für beide Ge-
brauchswerte sein müssen, aber jede Gebrauchswert für ihren
Nichtbesitzer. In der Tat erscheint der Austauschprozeß von Waren
#36# Karl Marx
-----
ursprünglich nicht im Schoß der naturwüchsigen Gemeinwesen *),
sondern da, wo sie aufhören, an ihren Grenzen, den wenigen Punk-
ten, wo sie in Kontakt mit andern Gemeinwesen treten. Hier be-
ginnt der Tauschhandel und schlägt von da ins Innere des Gemein-
wesens zurück, auf das er zersetzend wirkt. Die besondern Ge-
brauchswerte, die im Tauschhandel zwischen verschiedenen Gemein-
wesen Waren werden, wie Sklave, Vieh, Metalle, bilden daher meist
das erste Geld innerhalb der Gemeinwesen selbst. Wir haben ge-
sehen, wie sich der Tauschwert einer Ware in um so höherm Grade
als Tauschwert darstellt, je länger die Reihe seiner Äquivalente
oder je g r ö ß e r die Sphäre des Austausches für die Ware
ist. Die allmähliche Erweiterung des Tauschhandels, Vermehrung
der Austausche und Vervielfältigung der in den Tauschhandel kom-
menden Waren, entwickelt daher die Ware als Tauschwert, drängt
zur Geldbildung und wirkt damit auflösend auf den unmittelbaren
Tauschhandel. Die Ökonomen pflegen das Geld aus den äußern
Schwierigkeiten abzuleiten, worauf der erweiterte Tauschhandel
stößt, vergessen aber dabei, daß diese Schwierigkeiten aus der
Entwicklung des Tauschwerts und daher der gesellschaftlichen Ar-
beit als allgemeiner Arbeit entspringen. Z.B.: Die Waren sind als
Gebrauchswerte nicht beliebig teilbar, was sie als Tauschwerte
sein sollen. Oder die Ware von A mag Gebrauchswert für B sein,
während die Ware von B nicht Gebrauchswert für A ist. Oder die
Warenbesitzer mögen ihre wechselseitig auszutauschenden unteilba-
ren Waren in ungleichen Wertproportionen bedürfen. In andern Wor-
ten, unter dem Vorwand, den einfachen Tauschhandel zu betrachten,
veranschaulichen sich die Ökonomen gewisse Seiten des Wider-
spruchs, den das Dasein der Ware als unmittelbare Einheit von Ge-
brauchswert und Tauschwert einhüllt. Andrerseits halten sie dann
konsequent am Tauschhandel als adäquater Form des Austauschpro-
zesses der Waren fest, der nur mit gewissen technischen Unbequem-
lichkeiten verknüpft sei, wofür Geld ein pfiffig ausgedachtes
Auskunftsmittel. Von diesem ganz flachen Standpunkt aus hat ein
geistreicher englischer Ökonom daher richtig behauptet, Geld sei
ein bloß materielles Instrument, wie ein Schiff oder eine Dampf-
maschine, aber nicht die Darstellung eines gesellschaftlichen
Produktionsverhältnisses und folglich keine ökonomische Katego-
rie. Es werde daher nur mißbräuchlich in der politischen
---
*) Aristoteles bemerkt dasselbe von der Privatfamilie als dem ur-
sprünglichen Gemeinwesen. Aber die ursprüngliche Form der Familie
ist selbst Stammfamilie, aus deren historischer Analyse sich erst
die Privatfamilie entwickelt. "Denn in der ursprünglichen Gemein-
schaft (dies aber ist die Familie) bestand offenbar keinerlei
Notwendigkeit für diesen (nämlich den Tausch)." (l.c.)
#37# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Ökonomie, die in der Tat nichts mit der Technologie gemein hat,
abgehandelt. *)
In der Warenwelt ist eine entwickelte Teilung der Arbeit voraus-
gesetzt, oder stellt sich vielmehr unmittelbar in der Mannigfal-
tigkeit der Gebrauchswerte dar, die sich als besondere Waren ge-
genübertreten und in denen ebenso mannigfaltige Arbeitsweisen
stecken. Die T e i l u n g d e r A r b e i t, als Totalität
aller besondern produktiven Beschäftigungsweisen, ist die Gesamt-
gestalt der gesellschaftlichen Arbeit nach ihrer stofflichen
Seite, als Gebrauchswerte produzierende Arbeit betrachtet. Als
solche aber existiert sie, vom Standpunkt der Waren aus und in-
nerhalb des Austauschprozesses, nur in ihrem Resultat, in der Be-
sonderung der Waren selbst.
Der Austausch der Waren ist der Prozeß, worin der gesellschaftli-
che Stoffwechsel, d. h. der Austausch der besonderen Produkte der
Privatindividuen, zugleich Erzeugung bestimmter gesellschaftli-
cher Produktionsverhältnisse ist, welche die Individuen in diesem
Stoffwechsel eingehen. Die prozessierenden Beziehungen der Waren
aufeinander kristallisieren sich als unterschiedene Bestimmungen
des allgemeinen Äquivalents, und so ist der Austauschprozeß
zugleich Bildungsprozeß des Geldes. Das Ganze dieses Prozesses,
der sich als ein Verlauf verschiedener Prozesse darstellt, ist
die Z i r k u l a t i o n.
A. Historisches zur Analyse der Ware
Die Analyse der Ware auf Arbeit in Doppelform, des Gebrauchswerts
auf reale Arbeit oder zweckmäßig produktive Tätigkeit, des
Tauschwerts auf Arbeitszeit oder gleiche gesellschaftliche Ar-
beit, ist das kritische Endergebnis der mehr als anderthalbhun-
dertjährigen Forschungen der klassischen politischen Ökonomie,
die in England mit William Petty, in Frankreich mit Boisguille-
bert **) beginnt, in England mit Ricardo, in Frankreich mit Sis-
mondi abschließt.
---
*) "Geld ist in Wirklichkeit nur das Instrument zur Tätigung von
Kauf und Verkauf" (aber was verstehen Sie, bitte, unter Kauf und
Verkauf?) "und seine Betrachtung bildet ebensowenig einen Teil
der Wissenschaft der politischen Ökonomie wie die Betrachtung von
Schiffen oder Dampfmaschinen, oder irgendeines anderen Instru-
ments, das zur Erleichterung der Produktion und Verteilung des
Reichtums angewandt wird." (Th. Hodgskin, "Popular Political Eco-
nomy etc.", London 1827, pag. 178, 179.)
**) Eine vergleichende Arbeit über die Schriften und Charaktere
Pettys und Boisguilleberts, abgesehen von dem Schlaglicht, das
sie auf den sozialen Gegensatz
#38# Karl Marx
-----
Petty löst den Gebrauchswert in Arbeit auf, ohne sich über die
Naturbedingtheit ihrer schöpferischen Kraft zu täuschen. Die
wirkliche Arbeit faßt er sofort in ihrer gesellschaftlichen Ge-
samtgestalt, als T e i l u n g d e r A r b e i t. *)
---
Englands und Frankreichs am Ende des 17. und Anfang des 18. Jahr-
hunderts werfen würde, wäre die genetische Darstellung des natio-
nalen Kontrastes zwischen englischer und französischer politi-
scher Ökonomie. Derselbe Kontrast wiederholt sich abschließend in
Ricardo und Sismondi.
*) Petty hat die Teilung der Arbeit auch als Produktivkraft ent-
wickelt, und zwar in großartigerer Anlage als Adam Smith. Sieh:
"An essay concerning the multiplication of mankind etc.", 3. Edi-
tion 1686, p. 35/36. Er zeigt hier die Vorteile der Teilung der
Arbeit für die Produktion nicht nur an der Fabrikation einer Ta-
schenuhr, wie Adam Smith später an der Fabrikation einer Nadel
tat, sondern zugleich durch Betrachtung einer Stadt und eines
ganzen Landes unter dem Gesichtspunkt großer Fabrikanstalten. Der
"Spectator" [8] vom 26. November 1711 bezieht sich auf diese
"illustration of the admirable Sir William Petty" 1*). MacCulloch
vermutet also fälschlich, daß der "Spectator" Petty mit einem 40
Jahre jungem Schriftsteller verwechselt. (Sieh: MacCulloch, "The
Literature of Political Economy, a classified catalogue", London
1845, p. 102.) Petty fühlt sich als Gründer einer neuen Wissen-
schaft. Seine Methode, sagt er, sei "nicht die herkömmliche".
Statt eine Reihe komparativer und superlativer Worte und spekula-
tiver Argumente zusammenzuflechten, habe er es unternommen, in
therms of number, weight or measure 2*) zu sprechen, sich einzig
aus sinnlicher Erfahrung abgeleiteter Argumente zu bedienen, und
nur solche Ursachen zu betrachten, as have visible foundations in
nature 3*). Der Betrachtung anderer überlasse er die Ursachen,
die abhängen von den mutable minds, opinions, appetites and pas-
sions of particular men 4*). ("Political Arithmetic etc.", London
1699, Preface.) Seine geniale Kühnheit zeigt sich z.B. in dem
Vorschlag, alle Einwohner und Mobilien Irlands und Hochschott-
lands nach dem Rest von Großbritannien zu transportieren. Damit
würde Arbeitszeit gespart, die Produktivkraft der Arbeit ver-
mehrt, und "der König und seine Untertanen reicher und stärker
werden". ("Political Arithmetic", Ch. 4 [p. 225].) Oder in dem
Kapitel seiner politischen Arithmetik, worin er zu einer Zeit, wo
Holland eine stets noch vorwiegende Rolle als Handelsnation
spielte und Frankreich herrschende Handelsmacht zu werden schien,
Englands Beruf zur Eroberung des Weltmarkts beweist: "That the
king of England's subjects have stock competent and convenient to
drive trade of the whole commercial world" 5*) (l.c. Ch. 10 [p.
272]). "That the impediments of England's greatness are but con-
tingent and removeable." 6*) (p. 247 seq.) Ein origineller
-----
1*) "Erläuterung des bewundernswerten Sir William Petty" - 2*) in
Zahlen, Gewichten oder Maßen - 3*) die sichtbare Grundlagen in
der Natur haben - 4*) veränderlichen Ansichten, Meinungen, Nei-
gungen und Leidenschaften einzelner Menschen - 5*) "Daß die Un-
tertanen des Königs von England entsprechendes und ausreichendes
Kapital haben um das Geschäft der ganzen kommerziellen Welt zu
betreiben" - 6*) "Daß die Hindernisse für Englands Größe nur zu-
fällige sind und sich beseitigen lassen."
#39# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Diese Anschauung von der Quelle des stofflichen Reichtums bleibt
nicht, wie etwa bei seinem Zeitgenossen Hobbes, mehr oder minder
unfruchtbar, sondern leitet ihn zur p o l i t i s c h e n
A r i t h m e t i k, d e r ersten Form, worin die politische
Ökonomie sich als selbständige Wissenschaft abscheidet. Den
Tauschwert jedoch nimmt er, wie er im Austauschprozeß der Waren
e r s c h e i n t, als Geld, und das Geld selbst als existie-
rende Ware, als Gold und Silber. In den Vorstellungen des Mone-
tarsystems befangen, erklärt er die besondere Art realer Arbeit,
wodurch Gold und Silber erworben wird, für Tauschwert setzende
Arbeit. Er meint in der Tat, daß die bürgerliche Arbeit nicht un-
mittelbaren Gebrauchswert produzieren muß, sondern Ware, einen
Gebrauchswert, der fähig ist, durch seine Entäußerung im Aus-
tauschprozeß
---
Humor durchströmt alle seine Schriften. So zeigt er z.B. nach,
daß es mit natürlichen Dingen zugegangen sei, als Holland, damals
ganz so das Musterland für englische Ökonomen, wie England es
jetzt für kontinentale Ökonomen ist, den Weltmarkt eroberte
"without such angelical wits and judgments, as some attribute to
the Hollanders" 1*) (l.c. p. 175, 176). Er verteidigt die Gewis-
sensfreiheit als Bedingung des Handels, "weil die Armen fleißig
seien und Arbeit und Industrie als Pflicht gegen Gott betrachten,
solange man ihnen nur erlaube zu denken, daß sie, die weniger
Reichtum haben, mehr Witz und Verstand in göttlichen Dingen hät-
ten, welches sie als spezielles Eigentum der Armen betrachten".
Der Handel sei daher "nicht fixiert an irgendeine Art Religion,
aber eher stets an den heterodoxen Teil des Ganzen" (l.c. p. 183-
186). Er bevorwortet eigne öffentliche Abgaben für Spitzbuben,
weil es besser für das Publikum sei, sich selbst für die Spitzbu-
ben zu besteuern, als sich von ihnen besteuern zu lassen (l.c. p.
199). Dagegen verwirft er die Steuern, die Reichtum von industri-
eller Hand übertragen auf solche, die "nichts tun als essen,
trinken, singen, spielen, tanzen und M e t a p h y s i k
b e t r e i b e n" [l.c. p. 198]. Pettys Schriften sind beinahe
buchhändlerische Raritäten und nur in alten schlechten Ausgaben
zerstreut vorhanden, was um so wunderlicher, als William Petty
nicht nur der Vater der englischen Nationalökonomie, sondern zu-
gleich der Vorfahre von Henry Petty alias Marquis of Lansdowne,
dem Nestor der englischen Whigs. Die Familie Lansdowne könnte in-
des kaum eine Gesamtausgabe von Pettys Werken veranstalten, ohne
sie mit seiner Lebensgeschichte einzuleiten, und hier gilt, was
von den meisten origines 2*) der großen Whigfamilien, the less
said of them the better 3*). Der denkkühne, aber grundfrivole Ar-
meechirurgus, der ebenso geneigt war, unter Cromwells Ägide in
Irland zu plündern, als von Karl II. den nötigen Baronettitel für
den Plunder zu erkriechen, ist ein Ahnenbild kaum passend zu
öffentlicher Schaustellung. Überdem sucht Petty in den meisten
Schriften, die er bei Lebzeiten herausgab, zu beweisen, daß Eng-
lands Blütezeit unter Karl II. fällt, eine heterodoxe Ansicht
dies für erbliche Exploiteurs der "glorious revolution" [9].
-----
1*) "ohne solch himmlischen Witz und Verstand, wie ihn manche den
Holländern zuschreiben" - 2*) Anfängen - 3*) je weniger man davon
spricht, desto besser
#40# Karl Marx
-----
sich als Gold und Silber darzustellen, d.h. als Geld, d.h. als
Tauschwert, d.h. als vergegenständlichte allgemeine Arbeit. Sein
Beispiel zeigt indes schlagend, daß die Erkenntnis der Arbeit als
Quelle des stofflichen Reichtums keineswegs die Verkennung der
bestimmten gesellschaftlichen Form ausschließt, worin die Arbeit
Quelle des Tauschwerts ist.
Boisguillebert seinerseits löst, wenn nicht bewußt, so tatsäch-
lich den Tauschwert der Ware in Arbeitszeit auf, indem er den
"wahren Wert" (la juste valeur) durch die richtige Proportion be-
stimmt, worin die Arbeitszeit der Individuen auf die besondern
Industriezweige verteilt wird, und die freie Konkurrenz als den
gesellschaftlichen Prozeß darstellt, der diese richtige Propor-
tion schaffe. Gleichzeitig aber und im Kontrast zu Petty, kämpft
er fanatisch an gegen das Geld, das durch seine Dazwischenkunft
das natürliche Gleichgewicht oder die Harmonie des Warenaustau-
sches störe und, ein phantastischer Moloch, allen natürlichen
Reichtum zum Opfer verlange. Wenn nun einerseits diese Polemik
gegen das Geld mit bestimmten historischen Umständen zusammen-
hängt, indem Boisguillebert die blindzerstörende Goldgier des Ho-
fes eines Ludwig XIV., seiner Finanzpächter und seines Adels be-
fehdet *), während Petty in der Goldgier den tatkräftigen Trieb
feiert, der ein Volk zur industriellen Entwicklung und zur Erobe-
rung des Weltmarkts stachelt, springt hier jedoch zugleich der
tiefere prinzipielle Gegensatz hervor, der sich als beständiger
Kontrast zwischen echt englischer und echt französischer **) Öko-
nomie wiederholt. Boisguillebert sieht in der Tat nur auf den
stofflichen Inhalt des Reichtums, den Gebrauchswert, den Genuß
***), und betrachtet die bürgerliche Form der Arbeit, die Produk-
tion
---
*) Im Gegensatz zur "schwarzen Finanzkunst" der damaligen Zeit
sagt Boisguillebert: "Die Finanzkunst ist nichts als die ver-
tiefte Kenntnis der Interessen der Landwirtschaft und des Han-
dels." ("Le detail de Ia France" 1697. Ausgabe von Eugene Daire
der **) Economistes financiers du XVIII. siècle", Paris 1843,
vol. I, p. 241.)
**) Nicht r o m a n i s c h e r Ökonomie, denn die Italiener in
den beiden Schulen, der neapolitanischen und der mailändischen,
wiederholen den Gegensatz von englischer und französischer Ökono-
mie, während die Spanier der früheren Epoche entweder bloß Mer-
kantilisten sind, und modifizierte Merkantilisten wie Ustáriz,
oder wie Jovellanos (sieh seine "Obras", Barcelona 1839/40) mit
Adam Smith die "richtige Mitte" halten.
***) "Der wahre Reichtum ... ist der vollkommene Genuß nicht nur
der Lebensbedürfnisse, sondern auch des Überflusses und all des-
sen, was den Sinnen Freude bereiten kann." (Boisguillebert,
"Dissertation sur la nature de la richesse etc.", l.c. p. 403.)
Während aber Petty ein frivoler, plünderungslustiger und charak-
terloser Abenteurer war, trat Boisguillebert, obgleich einer der
Intendanten Ludwig XIV., mit ebensoviel Geist als Kühnheit für
die unterdrückten Klassen auf.
#41# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
der Gebrauchswerte als Waren und den Austauschprozeß der Waren
als die naturgemäße gesellschaftliche Form, worin die individu-
elle Arbeit jenen Zweck erreiche. Wo ihm daher der spezifische
Charakter des bürgerlichen Reichtums gegenübertritt, wie im Geld,
glaubt er an Zwischendrängen usurpierender fremder Elemente und
ereifert sich gegen die bürgerliche Arbeit in der einen Form,
während er sie zugleich in der andern Form utopistisch verklärt.
*) Boisguillebert liefert uns den Beweis, daß die Arbeitszeit als
Maß der Wertgröße der Waren behandelt werden kann, obgleich die
im Tauschwert der Waren vergegenständlichte und durch die Zeit
gemessene Arbeit mit der unmittelbaren natürlichen Tätigkeit der
Individuen verwechselt wird.
Die erste bewußte, beinahe trivial klare Analyse des Tauschwerts
auf Arbeitszeit findet sich bei einem Manne der neuen Welt, wo
die bürgerlichen Produktionsverhältnisse gleichzeitig mit ihren
Trägern importiert, rasch aufschössen in einem Boden, der seinen
Mangel an historischer Tradition durch einen Überfluß von Humus
aufwog. Der Mann ist Benjamin Franklin, der in seiner Jugendar-
beit, geschrieben 1729, zum Druck befördert 1731, das Grundgesetz
der modernen politischen Ökonomie formulierte. **) Er erklärt es
für nötig, ein andres Maß der Werte als die edeln Metalle zu su-
chen. Dies sei die Arbeit.
"Durch Arbeit kann der Wert von Silber ebensogut gemessen werden
wie der aller andern Dinge. Unterstelle z.B., ein Mann sei be-
schäftigt, Korn zu produzieren, während ein andrer Silber gräbt
und raffiniert. Am Ende des Jahres oder nach irgendeiner andern
bestimmten Zeitperiode sind das volle Produkt von Korn und das
von Silber natürliche Preise voneinander, und wenn das eine 20
Bushel, das andere 20 Unzen ist, dann ist eine Unze Silber wert
die zur Produktion eines Busheis Korn verwandte Arbeit. Wenn aber
durch die Entdeckung von näheren, leichter zugänglichen ergie-
bigem Minen ein Mann nun 40 Unzen Silber produzieren kann, so
leicht wie früher 20, und dieselbe Arbeit wie früher erforderlich
bleibt zur Produktion von 20 Bushel Korn, dann werden 2 Unzen
Silber nicht mehr wert sein, als dieselbe Arbeit verwandt zur
Produktion von einem Bushel Korn, und der Bushel, welcher früher
1 Unze galt, wird nun 2 gelten, caeteris paribus. So ist der
Reichtum eines Landes zu schätzen durch die A r b e i t s-
q u a n t i t ä t, die seine Einwohner fähig sind zu kaufen."
***)
---
*) Der französische Sozialismus in der Form Proudhon leidet an
demselben nationalen Erbübel.
**) Franklin, B., "The Works of etc." edit, by J. Sparks, vol.
II, Boston 1836: "A modest inquiry into the nature and necessity
of a paper currency."
***) l.c. p. 265. "Thus the riches of a country are to be valued
by the quantity of labour its inhabitants are able to purchase."
#42# Karl Marx
-----
Die Arbeitszeit stellt sich sofort bei Franklin ökonomistisch
einseitig als Maß der Werte dar. Die Verwandlung der wirklichen
Produkte in Tauschwerte versteht sich von selbst, und es handelt
sich daher nur um Auffindung eines Maßes für ihre Wertgröße.
"Da", sagt er, "der Handel überhaupt nichts ist als der Austausch
von Arbeit gegen Arbeit, wird der Wert aller Dinge am richtigsten
geschätzt durch Arbeit." *)
Setzt man hier wirkliche Arbeit an die Stelle des Worts Arbeit,
so entdeckt man sofort die Vermischung von Arbeit in der einen
Form, mit Arbeit in der andern Form. Da Handel z.B. im Austausch
von Schusterarbeit, Minenarbeit, Spinnarbeit, Malerarbeit usw.
besteht, wird der Wert von Stiefeln am richtigsten geschätzt in
Malerarbeit? Franklin meinte umgekehrt, daß der Wert von Stie-
feln, Minenprodukten, Gespinst, Gemälden usw. bestimmt wird durch
abstrakte Arbeit, die keine besondere Qualität besitzt und daher
durch bloße Quantität meßbar ist. **) Da er aber die im Tausch-
wert enthaltene Arbeit nicht als die abstrakt allgemeine, aus der
allseitigen Entäußerung der individuellen Arbeiten entspringende
gesellschaftliche Arbeit entwickelt, verkennt er notwendig Geld
als die unmittelbare Existenzform dieser entäußerten Arbeit. Geld
und Tauschwert setzende Arbeit stehen ihm daher in keinem innern
Zusammenhange, sondern Geld ist vielmehr zur technischen Bequem-
lichkeit in den Austausch äußerlich hereingebrachtes Instrument.
***) Franklins Analyse des Tauschwerts blieb ohne unmittelbaren
Einfluß auf den allgemeinen Gang der Wissenschaft, weil er nur
vereinzelte Fragen der politischen Ökonomie bei bestimmten prak-
tischen Anlässen behandelte.
Der Gegensatz zwischen wirklicher nützlicher Arbeit und Tausch-
wert setzender Arbeit bewegte Europa während des 18. Jahrhunderts
in der Form des Problems: welche besondere Art wirklicher Arbeit
die Quelle des bürgerlichen Reichtums sei? So war vorausgesetzt,
daß nicht jede Arbeit, die sich in Gebrauchswerten verwirklicht
oder Produkte liefert, deshalb schon unmittelbar Reichtum
schafft. Den Physiokraten jedoch, wie ihren Gegnern, ist die
brennende Streitfrage nicht sowohl, welche Arbeit den W e r t,
sondern welche den M e h r w e r t schaffe. Sie behandeln also
das Problem in komplizierter Form, bevor sie es in seiner elemen-
tarischen Form gelöst hatten, wie der geschichtliche
---
*) "Trade in general being nothing else but the exchange of la-
bour for labour, the value of all things is, as I have said be-
fore, most justly measured by labour" (l.c. p. 267).
**) l.c., "Remarks and facts relative to the American paper mo-
ney", 1764.
***) Sieh "Papers on American Politics"; "Remarks and facts rela-
tive to the American paper money", 1764 (l.c.).
#43# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Gang aller Wissenschaften durch eine Masse Kreuz- und Querzüge
erst zu ihren wirklichen Ausgangspunkten führt. Im Unterschied
von andern Baumeistern zeichnet die Wissenschaft nicht nur Luft-
schlösser, sondern führt einzelne wohnliche Stockwerke des Gebäu-
des auf, bevor sie seinen Grundstein legt. Indem wir hier nicht
länger bei den Physiokraten verweilen und über eine ganze Reihe
italienischer Ökonomen hinweggehen, die in mehr oder minder tref-
fenden Einfällen an die richtige Analyse der Ware anstreifen *),
wenden wir uns sofort zu dem ersten Briten, der das Gesamtsystem
der bürgerlichen Ökonomie bearbeitet hat, zu Sir James Steuart.
**) Wie bei ihm die abstrakten Kategorien der politischen Ökono-
mie noch im Prozeß der Scheidung von ihrem stofflichen Inhalt und
daher verfließend und schwankend erscheinen, so die des Tausch-
werts. An einer Stelle bestimmt er den r e a l e n W e r t
durch die Arbeitszeit (what a workman can perform in a day 1*)),
woneben aber konfuserweise Salair und Rohmaterial figurieren.
***) An einer andern Stelle tritt das Ringen mit dem stofflichen
Inhalt noch schlagender hervor. Er nennt das in einer Ware ent-
haltene natürliche Material, z.B. Silber in einem silbernen
Flechtwerk, ihren i n n e r e n W e r t (intrinsic worth),
während er die in ihr enthaltene Arbeitszeit ihren G e-
b r a u c h s w e r t (useful value) nennt.
"Der erste", sagt er, "ist etwas an sich selbst Reales... der Ge-
brauchswert dagegen muß geschätzt werden nach der Arbeit, die es
gekostet hat, ihn zu produzieren. Die Arbeit verwandt in der Mo-
difikation des Stoffes repräsentiert eine Portion von der Zeit
eines Mannes etc." +)
Was Steuart vor seinen Vorgängern und Nachfolgern auszeichnet,
ist die scharfe Unterscheidung zwischen der spezifisch gesell-
schaftlichen Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, und der
realen Arbeit, die Gebrauchswerte erzielt.
---
*) Sieh z.B Galiani, "Della Moneta", vol. III, in den "Scrittori
classici Italiani di Economia Politica". (Herausgegeben von
Custodi.) Parte Moderna, Milano 1803. "Die Mühe" (fatica), sagt
er, "ist das einzige, das dem Ding Wert gibt." p. 74. Die Be-
zeichnung der Arbeit als fatica ist charakteristisch für den Süd-
länder.
**) Steuarts Werk "An Inquiry into the principles of political
oeconomy, being an essay on the science of domestic policy in
free nations" erschien zuerst 1767 in zwei Quartbänden zu London,
zehn Jahre vor Adam Smiths "Wealth of Nations". Ich zitiere nach
der Dubliner Ausgabe von 1770.
***) Steuart, l.c. t. I, p. 181-183.
+) Steuart, l.c. t. I, p. 361/362: "represents a portion of a
man's time".
-----
1*) was ein Arbeiter in einem Tag herstellen kann
#44# Karl Marx
-----
"Die Arbeit", sagt er, «die durch ihre Entäußerung (alienation)
ein allgemeines Äquivalent schafft (universal equivalent), nenne
ich Industrie."
Die Arbeit als Industrie unterscheidet er nicht nur von der re-
alen Arbeit, sondern von andern gesellschaftlichen Formen der Ar-
beit. Sie ist ihm die bürgerliche Form der Arbeit im Gegensatz zu
ihren antiken und mittelalterlichen Formen. Namentlich interes-
siert ihn der Gegensatz von bürgerlicher und feudaler Arbeit,
welche letztere er in der Phase ihres Unterganges sowohl in
Schottland selbst, als auch auf seinen ausgebreiteten Reisen auf
dem Kontinent beobachtet hatte. Steuart wußte natürlich sehr
wohl, daß das Produkt auch in vorbürgerlichen Epochen die Form
der Ware und die Ware die Form des Geldes erhält, aber er weist
ausführlich nach, daß die Ware als elementarische Grundform des
Reichtums und die Entäußerung als die herrschende Form der Aneig-
nung nur der bürgerlichen Produktionsperiode angehören, also der
Charakter der Tauschwert setzenden Arbeit spezifisch bürgerlich
ist. *)
Nachdem die besondern Formen der realen Arbeit wie Agrikultur,
Manufaktur, Schiffahrt, Handel usw. der Reihe nach als wahre
Quellen des Reichtums behauptet worden waren, proklamierte Adam
Smith die Arbeit überhaupt, und zwar in ihrer gesellschaftlichen
Gesamtgestalt, a l s T e i l u n g d e r A r b e i t, als
die einzige Quelle des stofflichen Reichtums oder der Gebrauchs-
werte. Während er hier das Naturelement gänzlich übersieht, ver-
folgt es ihn in die Sphäre des nur gesellschaftlichen Reichtums,
des Tauschwerts. Adam bestimmt allerdings den Wert der Ware durch
die in ihr enthaltene Arbeitszeit, verlegt dann aber wieder die
Wirklichkeit dieser Wertbestimmung in die präadamitischen Zeiten.
In andern Worten, was ihm wahr erscheint auf dem Standpunkt der
einfachen Ware, wird ihm unklar, sobald an ihre Stelle die höhern
und kompliziertem Formen von Kapital, Lohnarbeit, Grundrente usw.
treten. Dies drückt er so aus, daß der Wert der Waren durch die
in ihnen enthaltene Arbeitszeit gemessen wurde in dem paradise
lost 3*) des Bürgertums, wo die Menschen sich noch nicht als Ka-
pitalisten, Lohnarbeiter,
---
*) Die patriarchalische, unmittelbar auf Schöpfung von Gebrauchs-
werten für den Besitzer des Landes gerichtete Agrikultur erklärt
er daher für einen "Mißbrauch", zwar nicht in Sparta oder Rom
oder selbst in Athen, wohl aber in den industriellen Ländern des
18. Jahrhunderts. Diese "abusive agriculture" 1*) sei kein
"trade" 2*), sondern "bloßes Subsistenzmittel". Wie die bürgerli-
che Agrikultur das Land von überflüssigen Mäulern, säubere die
bürgerliche Manufaktur die Fabrik von überflüssigen Händen.
-----
1*) "mißbrauchte Landwirtschaft" - 2*) Geschäft - 3*) verlorenen
Paradies
#45# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
Grundeigentümer, Pächter, Wucherer usw., sondern nur als einfache
Warenproduzenten und Warenaustauscher gegenübertraten. Er ver-
wechselt beständig die Bestimmung des Werts der Waren durch die
in ihnen enthaltene Arbeitszeit mit der Bestimmung ihrer Werte
durch den Wert der Arbeit, schwankt überall in der Detaildurch-
führung und versieht die objektive Gleichung, die der Gesell-
schaftsprozeß gewaltsam zwischen den ungleichen Arbeiten voll-
zieht, für die subjektive 1*) Gleichberechtigung der individuel-
len Arbeiten. *) Den Übergang aus der wirklichen Arbeit in die
Tauschwert setzende Arbeit, d.h. die bürgerliche Arbeit in ihrer
Grundform, sucht er durch die T e i l u n g d e r A r b e i t
zu bewerkstelligen. So richtig es nun ist, daß Privataustausch
Teilung der Arbeit, so falsch ist es, daß Teilung der Arbeit den
Privataustausch voraussetzt. Unter den Peruanern z.B. war die Ar-
beit außerordentlich geteilt, obgleich kein Privataustausch, kein
Austausch der Produkte als Waren stattfand.
Im Gegensatz zu Adam Smith arbeitete David Ricardo die Bestimmung
des Werts der Ware durch die Arbeitszeit rein heraus und zeigt,
daß dies Gesetz auch die ihm scheinbar widersprechendsten bürger-
lichen Produktionsverhältnisse beherrscht. Ricardos Untersuchun-
gen beschränken sich ausschließlich auf die W e r t g r ö ß e,
und mit Bezug auf diese ahnt er wenigstens, daß die Verwirkli-
chung des Gesetzes von bestimmten historischen Voraussetzungen
abhängt. Er sagt nämlich, daß die Bestimmung der Wertgröße durch
die Arbeitszeit nur für die Waren gelte,
"die durch die Industrie beliebig vermehrt werden können und de-
ren Produktion durch uneingeschränkte Konkurrenz beherrscht wird"
**).
---
*) So z.B. sagt Adam Smith: "Gleiche Quantitäten der Arbeit müs-
sen zu allen Zeiten und an allen Orten für den, welcher arbeitet,
einen gleichen Wert haben. In seinem normalen Zustand von Gesund-
heit, Kraft und Tätigkeit, und mit dem Durchschnittsgrad von Ge-
schicklichkeit, die er besitzen mag, muß er immer die nämliche
Portion seiner Ruhe, Freiheit und seines Glücks geben. Welches
also immer die Quantität von Waren sei, die er als Belohnung sei-
ner Arbeit erhält, der Preis, den er zahlt, ist immer derselbe.
Dieser Preis kann zwar bald eine kleinere, bald eine größere
Quantität dieser Waren kaufen, aber bloß, weil ihr Wert wechselt,
nicht der Wert der Arbeit, der sie kauft. Die Arbeit allein wech-
selt also nie ihren eigenen Wert. Sie ist also der Realpreis der
Waren etc." ["Wealth of Nations", b. I, ch. 5.]
**) Ricardo, David, "On the principles of political economy and
taxation", 3. Edition, London 1821, p. 3.
-----
1*) Im Handexemplar korrigiert; (1859) mit der subjektiven
#46# Karl Marx
-----
Es heißt dies in der Tat nur, da das Gesetz des Wertes zu seiner
völligen Entwicklung die Gesellschaft der großen industriellen
Produktion und der freien Konkurrenz, d.h. die moderne bürgerli-
che Gesellschaft voraussetze. Im übrigen betrachtet Ricardo die
bürgerliche Form der Arbeit als die ewige Naturform der gesell-
schaftlichen Arbeit. Den Urfischer und den Urjäger läßt er sofort
als Warenbesitzer Fisch und Wild austauschen, im Verhältnis der
in diesen Tauschwerten vergegenständlichten Arbeitszeit. Bei die-
ser Gelegenheit fällt er in den Anachronismus, daß Urfischer und
Urjäger zur Berechnung ihrer Arbeitsinstrumente die 1817 auf der
Londoner Börse gangbaren Annuitätentabellen zu Rate ziehen. Die
"Parallelogramme des Herrn Owen" [10] scheinen die einzige
Gesellschaftsform, die er außer der bürgerlichen kannte. Obgleich
umfangen von diesem bürgerlichen Horizont, zerlegt Ricardo die
bürgerliche Ökonomie, die in der Tiefe ganz anders aussieht, als
sie auf der Oberfläche scheint, mit solch theoretischer Schärfe,
daß Lord Brougham von ihm sagen konnte [11]:
"Mr. Ricardo seemed as if he had dropped from an other planet."
1*)
In direkter Polemik mit Ricardo betonte Sismondi sowohl den spe-
zifisch gesellschaftlichen Charakter der Tauschwert setzenden Ar-
beit *), wie er es als "Charakter unseres ökonomischen Fort-
schritts" bezeichnet, die Wertgröße auf n o t w e n d i g e Ar-
beitszeit zu reduzieren, auf
"das Verhältnis zwischen dem Bedürfnis der ganzen Gesellschaft
und der Quantität Arbeit, die hinreicht, dies Bedürfnis zu be-
friedigen" **).
Sismondi ist nicht mehr befangen in Boisguilleberts Vorstellung,
daß die Tauschwert setzende Arbeit durch das Geld verfälscht
werde, aber wie Boisguillebert das Geld, denunziert er das große
industrielle Kapital. Wenn in Ricardo die politische Ökonomie
rücksichtslos ihre letzte Konsequenz zieht und damit abschließt,
ergänzt Sismondi diesen Abschluß, indem er ihren Zweifel an sich
selbst darstellt.
Da Ricardo als Vollender der klassischen politischen Ökonomie die
Bestimmung des Tauschwerts durch die Arbeitszeit am reinsten for-
muliert und entwickelt hat, konzentriert sich auf ihn natürlich
die von ökonomischer Seite
---
*) Sismondi, "Etudes sur l'économie politique", tom II, Bruxelles
1838. "Es ist der Gegensatz zwischen dem Gebrauchswert und dem
Tauschwert, worauf der Handel die ganze Sache zurückgeführt hat."
p. 162.
**) Sismondi, l.c. p. 163-166 seq.
-----
1*) "Herr Ricardo erscheint, als wäre er von einem andern Plane-
ten heruntergefallen."
#47# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
-----
erhobene Polemik. Wird dieser Polemik die großenteils läppische
*) Form abgestreift, so faßt sie sich zusammen in folgenden Punk-
ten:
E r s t e n s: Die Arbeit selbst hat Tauschwert und verschiedene
Arbeiten haben verschiedenen Tauschwert. Es ist ein fehlerhafter
Zirkel, Tauschwert zum Maß von Tauschwert zu machen, da der mes-
sende Tauschwert selbst wieder des Maßes bedarf. Dieser Einwand
löst sich auf in das Problem: die Arbeitszeit als immanentes Maß
des Tauschwerts gegeben, auf dieser Grundlage den Arbeitslohn zu
entwickeln. Die Lehre von der Lohnarbeit gibt die Antwort.
Z w e i t e n s: Wenn der Tauschwert eines Produkts gleich ist
der in ihm enthaltenen Arbeitszeit, ist der Tauschwert eines Ar-
beitstages gleich seinem Produkt. Oder der Arbeitslohn muß dem
Produkt der Arbeit gleich sein. **) Nun ist das Gegenteil der
Fall. Ergo. Dieser Einwand löst sich auf in das Problem: Wie
führt Produktion auf Basis des durch bloße Arbeitszeit bestimmten
Tauschwerts zum Resultat, daß der Tauschwert der Arbeit kleiner
ist als der Tauschwert ihres Produkts? Dies Problem lösen wir in
der Betrachtung des Kapitals.
D r i t t e n s: Der Marktpreis der Waren fällt unter oder
steigt über ihren Tauschwert mit dem wechselnden Verhältnis von
Nachfrage und Zufuhr. Der Tauschwert der Waren ist d a h e r
durch das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr bestimmt und nicht
durch die in ihnen enthaltene Arbeitszeit. In der
---
*) Am läppischsten wohl in den Annotationen von J.-B. Say zur
französischen Übersetzung Ricardos von Constancio und am pedan-
tisch anmaßlichsten in der neulich erschienenen "Theory of
Exchanges" [12], London 1858, des Herrn Macleod.
**) Dieser von bürgerlich-ökonomischer Seite gegen Ricardo beige-
brachte Einwand ward später von sozialistischer Seite aufgegrif-
fen. Die theoretische Richtigkeit der Formel vorausgesetzt, wurde
die Praxis des Widerspruchs gegen die Theorie bezichtigt und die
bürgerliche Gesellschaft angegangen, praktisch die vermeinte
Konsequenz ihres theoretischen Prinzips zu ziehen. In dieser
Weise wenigstens kehrten englische Sozialisten die Ricardosche
Formel des Tauschwerts gegen die politische Ökonomie. Herrn
Proudhon blieb es vorbehalten, nicht nur das Grundprinzip der al-
ten als Prinzip einer neuen Gesellschaft, sondern zugleich sich
als den Erfinder der Formel zu verkünden, worin Ricardo das Ge-
samtergebnis der klassischen englischen Ökonomie zusammengefaßt
hat. Es ist bewiesen worden, daß selbst die utopistische Ausle-
gung der Ricardoschen Formel in England bereits verschollen war,
als Herr Proudhon sie jenseits des Kanals "entdeckte". (Vgl.
meine Schrift: "Misere de la philosophie etc.", Paris 1847, den
Paragraph über la valeur constituée 1*)).
-----
1*) Siehe Band 4 unserer Ausgabe, S. 77-105
#48# Karl Marx
-----
Tat wird in diesem sonderbaren Schlüsse nur die Frage aufgewor-
fen, wie sich auf Grundlage des Tauschwerts ein von ihm verschie-
dener Marktpreis entwickelt oder richtiger, wie das Gesetz des
Tauschwerts nur in seinem eignen Gegenteil sich verwirklicht.
Dies Problem wird gelöst in der Lehre von der Konkurrenz.
V i e r t e n s: Der letzte Widerspruch und der scheinbar schla-
gendste, wenn er nicht wie gewöhnlich in der Form wunderlicher
Exempel vorgebracht wird: Wenn der Tauschwert nichts ist als die
in einer Ware enthaltene Arbeitszeit, wie können Waren, die keine
Arbeit enthalten, Tauschwert besitzen, oder in andern Worten, wo-
her der Tauschwert bloßer Naturkräfte? Dies Problem wird gelöst
in der Lehre von der Grundrente.
zurück