Quelle: MEW 13 Januar 1859 - Februar 1860


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       #13#
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       ERSTES BUCH
       
       Vom Kapital
       
       #14#
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       #15#
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       ABSCHNITT I
       
       Das Kapital im allgemeinen
       
       ERSTES KAPITEL
       
       Die Ware
       
       Auf den  ersten Blick erscheint der bürgerliche Reichtum als eine
       ungeheure Warensammlung,  die einzelne  Ware als sein elementari-
       sches Dasein.  Jede Ware aber stellt sich dar unter dem doppelten
       Gesichtspunkt von   G e  b r a u c h s w e r t  und  T a u s c h-
       w e r t  *)
       Die Ware  ist zunächst,  in der Sprachweise der englischen Ökono-
       men, "irgendein  Ding, notwendig, nützlich, oder angenehm für das
       Leben", Gegenstand menschlicher Bedürfnisse, Lebensmittel im wei-
       testen Sinne des Wortes. Dieses Dasein der Ware als Gebrauchswert
       und ihre natürliche handgreifliche Existenz fallen zusammen. Wei-
       zen z.B.  ist ein besonderer Gebrauchswert im Unterschied von den
       Gebrauchswerten Baumwolle,  Glas, Papier  usw. Der  Gebrauchswert
       hat nur Wert für den Gebrauch und verwirklicht sich nur im Prozeß
       der Konsumtion.  Derselbe Gebrauchswert kann verschieden vernutzt
       werden. Die Summe seiner möglichen Nutzanwendungen jedoch ist zu-
       sammengefaßt in  seinem Dasein  als Ding  mit  bestimmten  Eigen-
       schaften. Er  ist ferner nicht nur qualitativ, sondern auch quan-
       titativ bestimmt. Ihrer natürlichen Eigentümlichkeit gemäß besit-
       zen verschiedene  Gebrauchswerte verschiedene Maße, z.B. Scheffel
       Weizen, Buch Papier, Elle Leinwand usw.
       Welches immer  die  gesellschaftliche  Form  des  Reichtums  sei,
       Gebrauchswerte bilden  stets seinen  gegen  diese  Form  zunächst
       gleichgültigen Inhalt.
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       *) Aristoteles, "De  Republica", L.I.C. 9 (edit. I. Bekkeri, Oxo-
       nii 1837). "Denn zweifach ist der Gebrauch jedes Guts... Der eine
       ist dem  Ding als  solchen eigen, der andre nicht, wie einer San-
       dale, zur  Beschuhung zu  dienen und austauschbar zu sein. Beides
       sind Gebrauchswerte  der Sandale,  denn auch  wer die Sandale mit
       dem ihm Mangelnden, z.B. der Nahrung austauscht, benutzt die San-
       dale als Sandale. Aber nicht in ihrer natürlichen Gebrauchsweise.
       Denn sie  ist nicht da des Austausches wegen. Dieselbe Bewandtnis
       hat es auch um die andern Güter."
       
       #16# Karl Marx
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       Man schmeckt  dem Weizen nicht an, wer ihn gebaut hat, russischer
       Leibeigner, französischer  Parzellenbauer oder englischer Kapita-
       list. Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse, und da-
       her in  gesellschaftlichem Zusammenhang, drückt der Gebrauchswert
       jedoch kein  gesellschaftliches Produktionsverhältnis  aus. Diese
       Ware als Gebrauchswert ist z.B. ein Diamant. Am Diamant ist nicht
       wahrzunehmen, daß er Ware ist. Wo er als Gebrauchswert dient, äs-
       thetisch oder  mechanisch, am  Busen der Lorette oder in der Hand
       des Glasschleifers,  ist er Diamant und nicht Ware. Gebrauchswert
       zu sein  scheint notwendige Voraussetzung für die Ware, aber Ware
       zu sein  gleichgültige Bestimmung  für den Gebrauchswert. Der Ge-
       brauchswert in  dieser  Gleichgültigkeit  gegen  die  ökonomische
       Formbestimmung, d.  h. der Gebrauchswert als Gebrauchswert, liegt
       jenseits des  Betrachtungskreises der politischen Ökonomie. *) In
       ihren Kreis  fällt er nur, wo er selbst Formbestimmung. Unmittel-
       bar ist er die stoffliche Basis, woran sich ein bestimmtes ökono-
       misches Verhältnis darstellt, der  T a u s c h w e r t.
       Tauschwert  erscheint  zunächst  als    q u a n t i t a t i v e s
       V e r h ä l t n i s,   worin  Gebrauchswerte  gegeneinander  aus-
       tauschbar. In solchem Verhältnis bilden sie dieselbe Tauschgröße.
       So mögen 1 Band Properz und 8 Unzen Schnupftabak derselbe Tausch-
       wert sein, trotz der disparaten Gebrauchswerte von Tabak und Ele-
       gie. Als  Tauschwert ist ein Gebrauchswert grade so viel wert wie
       der andere,  wenn nur in richtiger Portion vorhanden. Der Tausch-
       wert eines  Palastes kann  in bestimmter Anzahl von Stiefelwichs-
       büchsen ausgedrückt  werden. Londoner Stiefelwichsfabrikanten ha-
       ben umgekehrt den Tauschwert ihrer multiplizierten Büchsen in Pa-
       lästen ausgedrückt.  Ganz gleichgültig also gegen ihre natürliche
       Existenzweise, und  ohne Rücksicht  auf die spezifische Natur des
       Bedürfnisses, wofür  sie Gebrauchswerte, decken sich Waren in be-
       stimmten Quantitäten,  ersetzen einander im Austausch, gelten als
       Äquivalente, und  stellen so  trotz ihres  buntscheckigen Scheins
       dieselbe Einheit dar.
       Die Gebrauchswerte  sind unmittelbar Lebensmittel. Umgekehrt aber
       sind diese  Lebensmittel selbst  Produkte des  gesellschaftlichen
       Lebens, Resultat  verausgabter menschlicher  Lebenskraft,  v e r-
       g e g e n s t ä n d l i c h t e  A r b e i t.  Als Materiatur der
       gesellschaftlichen Arbeit sind alle Waren Kristallisationen
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       *) Dies ist  der Grund, warum deutsche Kompilatoren den unter dem
       Namen "Gut" fixierten Gebrauchswert con amore 1*) abhandeln. Sieh
       z.B. L.  Stein, "System  der Staatswissenschaft",  Bd. I, den Ab-
       schnitt von  den "Gütern".  Verständiges über "Güter" muß man su-
       chen in "Anweisungen zur Warenkunde".
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       1*) mit Lust
       
       #17# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       derselben Einheit.  Der bestimmte  Charakter dieser Einheit, d.h.
       der Arbeit, die sich im Tauschwert darstellt, ist nun zu betrach-
       ten.
       Eine Unze  Gold, 1  Tonne Eisen,  1 Quarter  Weizen und  20 Ellen
       Seide seien  gleich große  Tauschwerte. Als  solche  Äquivalente,
       worin der  qualitative Unterschied  ihrer  Gebrauchswerte  ausge-
       löscht ist,  stellen sie  gleiches Volumen  derselben Arbeit dar.
       Die Arbeit, die sich gleichmäßig in ihnen vergegenständlicht, muß
       selbst gleichförmige, unterschiedslose, einfache Arbeit sein, der
       es ebenso  gleichgültig, ob sie in Gold, Eisen, Weizen, Seide er-
       scheint, wie  es dem  Sauerstoff ist,  ob er vorkommt im Rost des
       Eisens, der  Atmosphäre, dem  Saft der  Traube oder  dem Blut des
       Menschen. Aber  Gold graben, Eisen aus dem Bergwerk fördern, Wei-
       zen bauen  und Seide  weben sind qualitativ voneinander verschie-
       dene Arbeitsarten.  In der  Tat, was sachlich als Verschiedenheit
       der Gebrauchswerte,  erscheint prozessierend  als Verschiedenheit
       der die Gebrauchswerte hervorbringenden Tätigkeit. Als gleichgül-
       tig gegen  den besondern Stoff der Gebrauchswerte ist die Tausch-
       wert setzende  Arbeit daher gleichgültig gegen die besondere Form
       der Arbeit  selbst. Die  verschiedenen Gebrauchswerte sind ferner
       Produkte der  Tätigkeit verschiedener  Individuen, also  Resultat
       individuell verschiedener  Arbeiten. Als  Tauschwerte stellen sie
       aber gleiche,  unterschiedslose Arbeit  dar, d.  h. Arbeit, worin
       die Individualität  der Arbeitenden  ausgelöscht ist.  Tauschwert
       setzende Arbeit  ist daher   a b s t r a k t  a l l g e m e i n e
       Arbeit.
       Wenn 1  Unze Gold,  1 Tonne  Eisen, 1 Quarter Weizen und 20 Ellen
       Seide gleich große Tauschwerte oder Äquivalente sind, sind 1 Unze
       Gold, 1/2  Tonne Eisen, 3 Bushel Weizen und 5 Ellen Seide Tausch-
       werte von  durchaus verschiedener  Größe, und dieser quantitative
       Unterschied ist  der einzige  Unterschied, dessen sie als Tausch-
       werte überhaupt  fähig sind.  Als Tauschwerte  von  verschiedener
       Größe stellen  sie ein  Mehr oder  Minder, größere  oder kleinere
       Quanta jener  einfachen, gleichförmigen, abstrakt allgemeinen Ar-
       beit dar, die die Substanz des Tauschwerts bildet. Es fragt sich,
       wie diese Quanta messen? Oder es fragt sich vielmehr, welches das
       quantitative Dasein  jener Arbeit selbst ist, da die Größenunter-
       schiede der  Waren als  Tauschwerte nur Größenunterschiede der in
       ihnen vergegenständlichten  Arbeit sind. Wie das quantitative Da-
       sein der  Bewegung die  Zeit ist,  so ist das quantitative Dasein
       der Arbeit die  A r b e i t s z e i t.  Die Verschiedenheit ihrer
       eignen Dauer  ist der  einzige Unterschied, dessen sie fähig ist,
       ihre Qualität  als gegeben  vorausgesetzt. Als Arbeitszeit erhält
       sie ihren  Maßstab an den natürlichen Zeitmaßen, Stunde, Tag, Wo-
       che usw. Arbeitszeit ist das lebendige Dasein der Arbeit, gleich-
       gültig gegen ihre Form, ihren Inhalt, ihre Individualität; es ist
       ihr lebendiges  Dasein als quantitatives, zugleich mit seinem im-
       manenten Maße.
       
       #18# Karl Marx
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       Die in den Gebrauchswerten der Waren vergegenständlichte Arbeits-
       zeit ist  ebensowohl die  Substanz, die sie zu Tauschwerten macht
       und daher  zu Waren,  wie sie  ihre bestimmte Wertgröße mißt. Die
       korrelativen Quantitäten verschiedener Gebrauchswerte, in welchen
       dieselbe Arbeitszeit  sich vergegenständlicht,  sind Äquivalente,
       oder alle  Gebrauchswerte sind  Äquivalente in  den Proportionen,
       worin sie  dieselbe Arbeitszeit aufgearbeitet, vergegenständlicht
       enthalten. Als  Tauschwert sind  alle Waren  nur  bestimmte  Maße
       f e s t g e r o n n e n e r  A r b e i t s z e i t.
       Zum Verständnis  der Bestimmung des Tauschwerts durch Arbeitszeit
       sind folgende Hauptgesichtspunkte festzuhalten: die Reduktion der
       Arbeit auf einfache, sozusagen qualitätslose Arbeit; die spezifi-
       sche Art  und Weise,  worin die  Tauschwert setzende,  also Waren
       produzierende Arbeit   g e s e l l  s c h a f t l i c h e    A r-
       b e i t  ist; endlich der Unterschied zwischen der Arbeit, sofern
       sie in  Gebrauchswerten, und der Arbeit, sofern sie in Tauschwer-
       ten resultiert.
       Um die Tauschwerte der Waren an der in ihnen enthaltenen Arbeits-
       zeit zu  messen, müssen  die verschiedenen  Arbeiten selbst redu-
       ziert sein  auf unterschiedslose, gleichförmige, einfache Arbeit,
       kurz auf  Arbeit, die  qualitativ dieselbe ist und sich daher nur
       quantitativ unterscheidet.
       Diese Reduktion  erscheint als eine Abstraktion, aber es ist eine
       Abstraktion, die in dem gesellschaftlichen Produktionsprozeß täg-
       lich vollzogen wird. Die Auflösung aller Waren in Arbeitszeit ist
       keine größere  Abstraktion, aber zugleich keine minder reelle als
       die aller organischen Körper in Luft. Die Arbeit, die so gemessen
       ist durch  die Zeit,  erscheint in  der Tat nicht als Arbeit ver-
       schiedener  Subjekte,   sondern  die   verschiedenen  arbeitenden
       Individuen erscheinen  vielmehr als  bloße Organe  d e r  Arbeit.
       Oder die  Arbeit, wie  sie sich in Tauschwerten darstellt, könnte
       ausgedrückt werden  als  a l l g e m e i n  m e n s c h l i c h e
       Arbeit.  Diese  Abstraktion  der  allgemein  menschlichen  Arbeit
       e x i s t i e r t   in der  Durchschnittsarbeit, die jedes Durch-
       schnittsindividuum einer  gegebenen Gesellschaft verrichten kann,
       eine bestimmte  produktive Verausgabung  von menschlichem Muskel,
       Nerv, Gehirn  usw. Es ist  e i n f a c h e  Arbeit *), wozu jedes
       Durchschnittsindividuum abgerichtet werden kann und die es in der
       einen oder  andern Form  verrichten  muß.  Der  Charakter  dieser
       Durchschnittsarbeit ist  selbst verschieden in verschiedenen Län-
       dern und  verschiedenen Kulturepochen, erscheint aber als gegeben
       in einer vorhandenen Gesellschaft. Die einfache Arbeit bildet die
       bei weitem  größte Masse  aller Arbeit  der bürgerlichen  Gesell-
       schaft, wie  man sich  aus jeder  Statistik überzeugen kann. Ob A
       während 6 Stunden Eisen und während 6 Stunden Leinwand
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       *) "Unskilled labour" nennen es die englischen Ökonomen.
       
       #19# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       produziert, und B ebenfalls während 6 Stunden Eisen und während 6
       Stunden Leinwand  produziert, oder  ob A während 12 Stunden Eisen
       und B während 12 Stunden Leinwand produziert, erscheint augenfäl-
       lig als  bloß verschiedene Anwendung  d e r s e l b e n  Arbeits-
       zeit. Aber  wie mit  der komplizierten  Arbeit, die sich über das
       Durchschnittsniveau erhebt  als Arbeit  von höherer Lebendigkeit,
       größerem spezifischen  Gewicht? Diese Art Arbeit löst sich auf in
       zusammengesetzte einfache Arbeit, einfache Arbeit auf höherer Po-
       tenz, so daß z.B. ein komplizierter Arbeitstag gleich drei einfa-
       chen Arbeitstagen. Die Gesetze, die diese Reduktion regeln, gehö-
       ren noch  nicht hierher.  Daß die Reduktion aber stattfindet, ist
       klar: denn  als Tauschwert  ist das  Produkt der kompliziertesten
       Arbeit in  bestimmter Proportion  Äquivalent für  das Produkt der
       einfachen Durchschnittsarbeit,  also gleichgesetzt einem bestimm-
       ten Quantum dieser einfachen Arbeit.
       Die Bestimmung  des Tauschwerts durch die Arbeitszeit unterstellt
       ferner, daß  in einer  bestimmten Ware,  einer Tonne  Eisen z.B.,
       g l e i c h   v i e l   Arbeit vergegenständlicht ist, gleichgül-
       tig, ob sie Arbeit von A oder B, oder daß verschiedene Individuen
       gleich große Arbeitszeit zur Produktion desselben, qualitativ und
       quantitativ bestimmten  Gebrauchswerts verwenden.  In andern Wor-
       ten, es  ist unterstellt,  daß die  in einer  Ware enthaltene Ar-
       beitszeit die  zu ihrer Produktion  n o t w e n d i g e  Arbeits-
       zeit ist, d.h. die Arbeitszeit erheischt, um unter gegebenen all-
       gemeinen Produktionsbedingungen ein neues Exemplar derselben Ware
       zu produzieren.
       Die Bedingungen der Tauschwert setzenden Arbeit, wie sie sich aus
       der  Analyse   des  Tauschwerts   ergeben,  sind     g e s e l l-
       s c h a f t l i c h e   B e s t i m m u n g e n   der Arbeit oder
       Bestimmungen   g e s e l l s c h a f t l i c h e r   A r b e i t,
       aber gesellschaftlich  nicht schlechthin,  sondern in  besonderer
       Weise. Es  ist eine  spezifische  Art  der  Gesellschaftlichkeit.
       Zunächst  ist   die  unterschiedslose   Einfachheit  der   Arbeit
       G l e i c h h e i t     der  Arbeiten  verschiedener  Individuen,
       wechselseitiges Beziehen ihrer Arbeiten aufeinander als gleicher,
       und  zwar   durch  tatsächliche   Reduktion  aller  Arbeiten  auf
       gleichartige Arbeit.  Die Arbeit  jedes Individuums,  soweit  sie
       sich in Tauschwerten darstellt, besitzt diesen gesellschaftlichen
       Charakter der  Gleichheit, und  sie stellt sich nur im Tauschwert
       dar, soweit  sie auf die Arbeit aller andern Individuen als glei-
       che bezogen ist.
       Ferner erscheint  im Tauschwert die Arbeitszeit des einzelnen In-
       dividuums unmittelbar  als   a l l g e m e i n e   A r b e i t s-
       z e i t   und dieser  a l l g e m e i n e  C h a r a k t e r  der
       vereinzelten  Arbeit   als    g e s e l l s c h a f t l i c h e r
       C h a r a k t e r   derselben.  Die  im  Tauschwert  dargestellte
       Arbeitszeit ist  Arbeitszeit des  einzelnen, aber  des  einzelnen
       ohne Unterschied  vom andern  einzelnen, aller  einzelnen, sofern
       sie gleiche  Arbeit vollbringen,  daher die  von  dem  einen  zur
       Produktion einer bestimmten Ware
       
       #20# Karl Marx
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       erheischte Arbeitszeit die  n o t w e n d i g e  Arbeitszeit ist,
       die jeder  andre zur  Produktion derselben  Ware verwenden würde.
       Sie ist  die Arbeitszeit  des einzelnen,  s e i n e  Arbeitszeit,
       aber nur  als allen gemeine Arbeitszeit, für die es daher gleich-
       gültig, die Arbeitszeit  w e s s e n  einzelnen sie ist. Als all-
       gemeine Arbeitszeit stellt sie sich dar in einem allgemeinen Pro-
       dukt, einem   a l l g e m e i n e n   Ä q u i v a l e n t,  einem
       bestimmten Quantum  vergegenständlichter Arbeitszeit, das gleich-
       gültig gegen  die bestimmte Form des Gebrauchswerts, worin es un-
       mittelbar als  Produkt des  einen erscheint, beliebig übersetzbar
       ist in jede andere Form von Gebrauchswert, worin es sich als Pro-
       dukt jedes  andern darstellt.   G e s e l l s c h a f t l i c h e
       Größe ist  es nur als solche  a l l g e m e i n e  Größe. Die Ar-
       beit des  einzelnen, um  in Tauschwert zu resultieren, muß resul-
       tieren in  ein  a l l g e m e i n e s  Ä q u i v a l e n t,  d.h.
       in Darstellung  der Arbeitszeit des einzelnen als allgemeiner Ar-
       beitszeit oder  Darstellung der  allgemeinen Arbeitszeit  als der
       des einzelnen.  Es ist,  als ob die verschiedenen Individuen ihre
       Arbeitszeit zusammengeworfen  und verschiedene  Quanta der  ihnen
       gemeinschaftlich zu Gebote stehenden Arbeitszeit in verschiedenen
       Gebrauchswerten dargestellt hätten. Die Arbeitszeit des einzelnen
       ist so  in der  Tat die  Arbeitszeit, deren  die Gesellschaft zur
       Darstellung eines  bestimmten Gebrauchswertes, d.h. zur Befriedi-
       gung eines  bestimmten Bedürfnisses  bedarf. Aber es handelt sich
       hier nur  um die spezifische Form, worin die Arbeit gesellschaft-
       lichen Charakter  erhält. Eine bestimmte Arbeitszeit des Spinners
       vergegenständlicht sich  z.B. in  100 Pfund Leinengarn. 100 Ellen
       Leinwand, das  Produkt des  Webers, sollen  gleiches Quantum  Ar-
       beitszeit darstellen.  Sofern diese beiden Produkte gleich großes
       Quantum allgemeiner  Arbeitszeit darstellen und daher Äquivalente
       für   j e d e n   Gebrauchswert, der gleich viel Arbeitszeit ent-
       hält, sind  sie Äquivalente füreinander. Nur dadurch, daß die Ar-
       beitszeit des  Spinners und die Arbeitszeit des Webers als allge-
       meine Arbeitszeit, ihre Produkte daher als allgemeine Äquivalente
       sich darstellen,  wird hier die Arbeit des Webers für den Spinner
       und die  des Spinners für den Weber, die Arbeit des einen für die
       Arbeit des andern, d.h. das gesellschaftliche Dasein ihrer Arbei-
       ten für  beide. In der ländlich-patriarchalischen Industrie dage-
       gen, wo Spinner und Weber unter demselben Dach hausten, der weib-
       liche Teil  der Familie  spann, der  männliche  webte,  sage  zum
       Selbstbedarf der  Familie, waren  Garn und Leinwand  g e s e l l-
       s c h a f t l i c h e   Produkte, Spinnen und Weben  g e s e l l-
       s c h a f t l i c h e   Arbeiten innerhalb  der Grenzen der Fami-
       lie. Ihr  gesellschaftlicher Charakter  bestand aber nicht darin,
       daß  Garn   als  allgemeines   Äquivalent  gegen   Leinwand   als
       allgemeines Äquivalent oder beide sich gegeneinander austauschten
       als gleich gültige und gleich geltende Ausdrücke derselben allge-
       meinen Arbeitszeit.  Der Familienzusammenhang vielmehr mit seiner
       naturwüchsigen
       
       #21# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       Teilung der  Arbeit drückte  dem Produkt der Arbeit seinen eigen-
       tümlichen gesellschaftlichen Stempel auf. Oder nehmen wir die Na-
       turaldienste und  Naturallieferungen des  Mittelalters.  Die  be-
       stimmten Arbeiten  der einzelnen in ihrer Naturalform, die Beson-
       derheit, nicht  die Allgemeinheit  der Arbeit bildet hier das ge-
       sellschaftliche Band. Oder nehmen wir endlich die gemeinschaftli-
       che Arbeit  in ihrer  naturwüchsigen Form,  wie wir  sie  an  der
       Schwelle der  Geschichte aller  Kulturvölker finden.  *) Hier ist
       der gesellschaftliche Charakter der Arbeit offenbar nicht dadurch
       vermittelt, daß  die Arbeit  des einzelnen die abstrakte Form der
       Allgemeinheit, oder sein Produkt die Form eines allgemeinen Äqui-
       valents annimmt. Es ist das der Produktion vorausgesetzte Gemein-
       wesen, das  die Arbeit des einzelnen verhindert, Privatarbeit und
       sein Produkt  Privatprodukt zu sein, die einzelne Arbeit vielmehr
       unmittelbar als  Funktion eines Gliedes des Gesellschaftsorganis-
       mus erscheinen  läßt. Die  Arbeit, die  sich im  Tauschwert  dar-
       stellt, ist  vorausgesetzt als Arbeit des vereinzelten Einzelnen.
       Gesellschaftlich wird  sie dadurch, daß sie die Form ihres unmit-
       telbaren Gegenteils,  die Form  der abstrakten  Allgemeinheit an-
       nimmt.
       Es charakterisiert  endlich die  Tauschwert setzende  Arbeit, daß
       die gesellschaftliche  Beziehung der Personen sich gleichsam ver-
       kehrt darstellt,  nämlich als  gesellschaftliches Verhältnis  der
       Sachen. Nur  insofern der  eine Gebrauchswert sich auf den andern
       als Tauschwert bezieht, ist die Arbeit der verschiedenen Personen
       aufeinander als  gleiche und  allgemeine bezogen.  Wenn es  daher
       richtig ist  zu sagen, daß der Tauschwert ein Verhältnis zwischen
       Personen **)  ist, so muß aber hinzugesetzt werden: unter dingli-
       cher Hülle  verstecktes Verhältnis.  Wie ein  Pfund Eisen und ein
       Pfund Gold  trotz ihrer  verschiedenen physischen  und chemischen
       Eigenschaften  d a s s e l b e  Quantum
       ---
       *) Es ist  ein lächerliches  Vorurteil, in neuester Zeit verbrei-
       tet, daß  die Form des  n a t u r w ü c h s i g e n  Gemeineigen-
       tums spezifisch  slawisch oder  gar ausschließlich russische Form
       sei. Sie  ist die  Urform, die  wir bei  Römern, Germanen, Kelten
       nachweisen können,  von der  aber eine ganze Musterkarte mit man-
       nigfaltigen Proben  sich noch  immer, wenn  auch zum Teil ruinen-
       weise, bei  den Indiern vorfindet. Em genaueres Studium der asia-
       tischen,  speziell  der  indischen,  Gemeineigentumsformen  würde
       nachweisen, wie  aus den  verschiedenen Formen des naturwüchsigen
       Gemeineigentums sich  verschiedene Formen  seiner Auflösung erge-
       ben. So  lassen sich z.B. die verschiedenen Originaltypen von rö-
       mischem und  germanischem Privateigentum aus verschiedenen Formen
       von indischem Gemeineigentum ableiten.
       **) "La ricchezza è una ragione tra due persone." Galiani, "Deila
       Moneta", p. 221. In vol. III von Custodis Sammlung der "Scrittori
       classici Italiani  di Economia  Politica, Parte  Moderna", Milano
       1803.
       
       #22# Karl Marx
       -----
       Schwere darstellen,  so zwei Gebrauchswerte von Waren, worin die-
       selbe Arbeitszeit enthalten ist,  d e n s e l b e n  T a u s c h-
       w e r t.   Der  Tauschwert  erscheint  so  als  gesellschaftliche
       Naturbestimmtheit der  Gebrauchswerte, als eine Bestimmtheit, die
       ihnen  als   Dingen  zukommt,  und  infolge  deren  sie  sich  im
       Austauschprozeß ebenso  in bestimmten quantitativen Verhältnissen
       ersetzen, Äquivalente  bilden, wie  einfache chemische  Stoffe in
       bestimmten quantitativen  Verhältnissen sich verbinden, chemische
       Äquivalente bilden.  Es ist  nur  die  Gewohnheit  des  täglichen
       Lebens, die  es als  trivial, als  selbstverständlich  erscheinen
       läßt, daß  ein gesellschaftliches  Produktionsverhältnis die Form
       eines Gegenstandes annimmt, so daß das Verhältnis der Personen in
       ihrer Arbeit  sich vielmehr  als ein  Verhältnis darstellt, worin
       Dinge sich zu einander und zu den Personen verhalten. In der Ware
       ist diese  Mystifikation noch sehr einfach. Es schwebt allen mehr
       oder minder  vor, daß  das Verhältnis  der Waren  als Tauschwerte
       vielmehr  Verhältnis   der  Personen   zu  ihrer  wechselseitigen
       produktiven Tätigkeit  ist. In  höheren  Produktionsverhältnissen
       verschwindet dieser  Schein der  Einfachheit. Alle Illusionen des
       Monetarsystems stammen  daher, daß  dem Geld  1*) nicht angesehen
       wird,  daß   es  ein   gesellschaftliches   Produktionsverhältnis
       darstellt, aber  in der  Form  eines  Naturdings  von  bestimmten
       Eigenschaften. Bei  den modernen Ökonomen, die auf die Illusionen
       des Monetarsystems  herabgrinsen, verrät  sich dieselbe Illusion,
       sobald sie  höhere ökonomische  Kategorien  handhaben,  z.B.  das
       Kapital. Sie bricht hervor in dem Geständnis naiver Verwunderung,
       wenn bald  als gesellschaftliches  Verhältnis erscheint,  was sie
       eben plump  als Ding  festzuhalten meinten,  und dann  wieder als
       Ding sie  neckt, was  sie kaum  als gesellschaftliches Verhältnis
       fixiert hatten.
       Indem der  Tauschwert der  Waren in der Tat nichts ist als Bezie-
       hung der  Arbeiten der einzelnen aufeinander als gleiche und all-
       gemeine, nichts  als gegenständlicher  Ausdruck einer  spezifisch
       gesellschaftlichen Form  der Arbeit, ist es Tautologie, zu sagen,
       daß die Arbeit  e i n z i g e  Quelle des Tauschwerts sei und da-
       her des  Reichtums, soweit  er aus  Tauschwerten besteht.  Es ist
       dieselbe  Tautologie,  daß  der  Naturstoff  als  solcher  keinen
       Tauschwert *),  weil keine  Arbeit und der Tauschwert als solcher
       keinen Naturstoff enthält.
       ---
       *) "In seinem  Naturzustand ist  der Stoff  stets von  Wert  ent-
       blößt." MacCulloch, "Discours sur l'origine de l'économie politi-
       que etc.",  traduit par  Prevost, Genève  1825, p. 57. Man sieht,
       wie hoch  selbst ein  MacCulloch über  dem Fetischismus deutscher
       "Denker" steht, die den "Stoff" und noch ein halbes Dutzend ande-
       rer Allotria  für Elemente  des Wertes  erklären.  Vgl.  z.B.  L.
       Stein, l.c. Bd. I, p. 170 [195].
       -----
       1*) Im Handexemplar korrigiert; (1859) Gold
       
       #23# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       Wenn aber  William Petty  "die Arbeit  den Vater und die Erde die
       Mutter des Reichtums" nennt, oder Bischof Berkeley fragt, "ob die
       vier Elemente  und des  Menschen Arbeit  darin  nicht  die  wahre
       Quelle des  Reichtums seien"  *), oder  wenn der  Amerikaner  Th.
       Cooper populär  klarmacht: "Nimm  von einem  Laib Brot die darauf
       verwandte Arbeit  weg, die  Arbeit von  Bäcker,  Müller,  Pächter
       usw., und was bleibt übrig? Ein paar Graskörner, wildwachsend und
       unnütz für  jeden menschlichen  Gebrauch" **), so handelt es sich
       in allen diesen Anschauungen nicht von der abstrakten Arbeit, wie
       sie Quelle  des Tauschwerts ist, sondern von der konkreten Arbeit
       als einer  Quelle stofflichen Reichtums, kurz von der Arbeit, so-
       fern sie Gebrauchswerte hervorbringt. Indem der Gebrauchswert der
       Ware vorausgesetzt  ist, ist  die besondere Nützlichkeit, die be-
       stimmte  Zweckmäßigkeit  der  in  ihr  aufgezehrten  Arbeit  vor-
       ausgesetzt, damit  aber vom Standpunkt der Ware aus zugleich alle
       Rücksicht auf  die Arbeit als nützliche Arbeit erschöpft. Am Brot
       als Gebrauchswert  interessieren uns seine Eigenschaften als Nah-
       rungsmittel, keineswegs  die Arbeiten von Pächter, Müller, Bäcker
       usw. Wenn  durch irgendeine  Erfindung 19/20 dieser Arbeiten weg-
       fielen, würde  das Laib  denselben Dienst leisten wie zuvor. Wenn
       es fertig  vom Himmel  fiele,  würde  es  kein  Atom  seines  Ge-
       brauchswerts verlieren.  Während sich die Tauschwert setzende Ar-
       beit in der Gleichheit der Waren als allgemeiner Äquivalente ver-
       wirklicht, verwirklicht  sich die  Arbeit als zweckmäßige produk-
       tive Tätigkeit  in der  unendlichen  Mannigfaltigkeit  ihrer  Ge-
       brauchswerte.  Während  die  Tauschwert  setzende  Arbeit    a b-
       s t r a k t  a l l g e m e i n e  und  g l e i c h e  Arbeit, ist
       die Gebrauchswert  setzende Arbeit konkrete und besondere Arbeit,
       die sich  der Form  und dem  Stoff nach in unendlich verschiedene
       Arbeitsweisen zerspaltet.
       Von der  Arbeit, soweit  sie Gebrauchswerte  hervorbringt, ist es
       falsch zu  sagen, daß sie  e i n z i g e  Quelle des von ihr her-
       vorgebrachten, nämlich  des stofflichen Reichtums sei. Da sie die
       Tätigkeit ist,  das Stoffliche  für diesen oder jenen Zweck anzu-
       eignen,  bedarf  sie  des  Stoffes  als  Voraussetzung.  In  ver-
       schiedenen Gebrauchswerten ist die Proportion zwischen Arbeit und
       Naturstoff sehr verschieden, aber stets enthält der Gebrauchswert
       ein natürliches Substrat. Als zweckmäßige Tätigkeit zur Aneignung
       des Natürlichen in einer oder der anderen Form ist die Arbeit Na-
       turbedingung der  menschlichen Existenz,  eine von allen sozialen
       Formen unabhängige Bedingung des Stoffwechsels
       ---
       *) Berkeley, "The  Querist", London  1750. "Whether the four ele-
       ments, and  man's labour  therein, be  not  the  true  source  of
       wealth?"
       **) Th. Cooper,  "Lectures on the Elements of Political Economy",
       London 1831 (Columbia 1826), p. 99.
       
       #24# Karl Marx
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       zwischen Mensch und Natur. Tauschwert setzende Arbeit ist dagegen
       eine spezifisch  gesellschaftliche Form  der Arbeit. Schneiderar-
       beit z.B. in ihrer stofflichen Bestimmtheit als besondere produk-
       tive Tätigkeit,  produziert den  Rock, aber  nicht den Tauschwert
       des Rocks.  Letztern produziert  sie nicht  als  Schneiderarbeit,
       sondern als  abstrakt allgemeine  Arbeit, und  diese gehört einem
       Gesellschaftszusammenhang, den  der Schneider  nicht  eingefädelt
       hat. So  produzierten in  der antiken häuslichen Industrie Weiber
       den Rock,  ohne den  Tauschwert des Rockes zu produzieren. Arbeit
       als eine  Quelle von stofflichem Reichtum war dem Gesetzgeber Mo-
       ses sowohl bekannt wie dem Zollbeamten Adam Smith. *)
       Betrachten wir  nun einige  nähere Bestimmungen, die sich aus der
       Zurückführung des Tauschwerts auf Arbeitszeit ergeben.
       Als Gebrauchswert  wirkt die  Ware ursachlich.  Weizen z.B. wirkt
       als Nahrungsmittel.  Eine Maschine  ersetzt Arbeit  in bestimmten
       Verhältnissen. Diese  Wirkung der  Ware, wodurch  sie allein  Ge-
       brauchswert, Gegenstand  der Konsumtion  ist, kann ihr Dienst ge-
       nannt werden,  der Dienst, den sie als Gebrauchswert leistet. Als
       Tauschwert aber  wird die  Ware immer nur unter dem Gesichtspunkt
       des Resultats  betrachtet. Es  handelt sich  nicht um den Dienst,
       den sie leistet, sondern um den Dienst **), der ihr selbst gelei-
       stet worden  ist in  ihrer Produktion. So ist also der Tauschwert
       einer Maschine z.B. bestimmt nicht durch das Quantum Arbeitszeit,
       das von ihr ersetzt wird, sondern das Quantum Arbeitszeit, das in
       ihr selbst  aufgearbeitet und  daher erheischt ist, eine neue Ma-
       schine derselben Art zu produzieren.
       Bliebe daher das zur Produktion von Waren erheischte Arbeitsquan-
       tum konstant,  so wäre  ihr Tauschwert  unveränderlich. Aber  die
       Leichtigkeit und Schwierigkeit der Produktion wechseln beständig.
       Wächst die Produktivkraft der Arbeit, so produziert sie denselben
       Gebrauchswert in  kürzerer Zeit. Fällt die Produktivkraft der Ar-
       beit, so  wird mehr  Zeit erheischt  zur Produktion desselben Ge-
       brauchswerts. Die  Größe der  in einer  Ware enthaltenen Arbeits-
       zeit, also ihr Tauschwert, ist daher ein wechselnder, steigt oder
       fällt in um-
       ---
       *) F. List,  der den  Unterschied zwischen der Arbeit, sofern sie
       Nützliches, einen  Gebrauchswert, schaffen hilft, und der Arbeit,
       sofern sie  eine bestimmte  gesellschaftliche Form des Reichtums,
       den Tauschwert,  schafft, nie  begreifen  konnte,  wie  Begreifen
       überhaupt seinem  interessiert  praktischen  Verstand  fern  lag,
       erblickte daher in den englischen modernen Ökonomen bloße Plagia-
       rien des Moses von Ägypten.
       **) Man  begreift,   welchen  "Dienst"   die  Kategorie  "Dienst"
       (service) einer  Sorte Ökonomen wie J.-B. Say und F. Bastiat lei-
       sten muß,  deren räsonierende Klugheit, wie schon Malthus richtig
       bemerkte, überall  von der spezifischen Formbestimmtheit der öko-
       nomischen Verhältnisse abstrahiert.
       
       #25# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       gekehrtem Verhältnis  zum Steigen  oder Fallen der Produktivkraft
       der Arbeit. Die Produktivkraft der Arbeit, die in der Manufaktur-
       industrie in  vorausbestimmtem Grade  angewandt wird,  ist in der
       Agrikultur und  der extraktiven  Industrie zugleich bedingt durch
       unkontrollierbare Naturverhältnisse.    D i e s e l b e    Arbeit
       wird eine größere oder mindere Ausbeute verschiedener Metalle er-
       geben, je  nach dem  relativ seltenern  und häufigeren  Vorkommen
       dieser Metalle in der Erdrinde.  D i e s e l b e  Arbeit mag sich
       mit Gunst  der Jahreszeit in 2 Bushel Weizen, mit Ungunst dersel-
       ben vielleicht  nur in  1 Bushel Weizen vergegenständlichen. Sel-
       tenheit oder  Überfluß als  Naturverhältnisse scheinen  hier  den
       Tauschwert der  Waren zu bestimmen, weil sie die an Naturverhält-
       nisse  gebundene  Produktivkraft  besonderer  realen  Arbeit  be-
       stimmen.
       Verschiedene Gebrauchswerte  enthalten in ungleichen Volumen die-
       selbe Arbeitszeit  oder denselben Tauschwert. In je kleinerem Vo-
       lumen ihres  Gebrauchswerts, verglichen mit den andern Gebrauchs-
       werten, eine Ware, ein bestimmtes Quantum Arbeitszeit enthält, um
       so größer  ist ihr  s p e z i f i s c h e r  T a u s c h w e r t.
       Finden wir,  daß in verschiedenen, weit auseinanderliegenden Kul-
       turepochen gewisse  Gebrauchswerte  unter  sich  eine  Reihe  von
       spezifischen Tauschwerten  bilden, die, wenn nicht exakt dasselbe
       Zahlenverhältnis, doch  das allgemeine  Verhältnis der  Über- und
       Unterordnung gegeneinander  bewahren, wie z.B. Gold, Silber, Kup-
       fer, Eisen,  oder Weizen,  Roggen, Gerste, Hafer, so folgt daraus
       nur, daß  die fortschreitende  Entwicklung der gesellschaftlichen
       Produktivkräfte gleichmäßig  oder annähernd  gleichmäßig auf  die
       Arbeitszeit einwirkt,  die zur Produktion jener verschiedenen Wa-
       ren erfordert ist.
       Der Tauschwert  einer Ware kommt nicht in ihrem eignen Gebrauchs-
       wert zur  Erscheinung. Als  Vergegenständlichung der  allgemeinen
       gesellschaftlichen Arbeitszeit jedoch ist der Gebrauchswert einer
       Ware in  Verhältnisse gesetzt  zu den Gebrauchswerten anderer Wa-
       ren. Der  Tauschwert der  einen Ware  manifestiert sich so in den
       Gebrauchswerten der  anderen Waren. Äquivalent ist in der Tat der
       Tauschwert einer  Ware ausgedrückt  im Gebrauchswert einer andern
       Ware. Sage  ich z.B.  eine Elle Leinwand ist wert zwei Pfund Kaf-
       fee, so ist der Tauschwert der Leinwand in dem Gebrauchswert Kaf-
       fee, und  zwar in  einem bestimmten Quantum dieses Gebrauchswerts
       ausgedrückt. Diese  Proportion gegeben,  kann ich  den Wert jedes
       Quantums Leinwand  in Kaffee  ausdrücken. Es  ist klar,  daß  der
       Tauschwert einer  Ware, z.B. der Leinwand, nicht erschöpft ist in
       der Proportion, worin eine andere besondre Ware, z.B. Kaffee, ihr
       Äquivalent bildet.  Das Quantum  allgemeiner Arbeitszeit,  dessen
       Darstellung die Elle Leinwand ist,
       
       #26# Karl Marx
       -----
       ist gleichzeitig  in  unendlich  verschiedenen  Volumen  von  Ge-
       brauchswerten aller  andern Waren  realisiert. In der Proportion,
       worin der  Gebrauchswert jeder  andern Ware gleich große Arbeits-
       zeit darstellt,  bildet er  ein Äquivalent für die Elle Leinwand.
       Der Tauschwert   d i e s e r   e i n z e l n e n  W a r e  drückt
       sich daher  nur erschöpfend aus in den unendlich vielen Gleichun-
       gen, worin  die Gebrauchswerte  aller andern Waren ihr Äquivalent
       bilden.  Nur   in  der  Summe  dieser  Gleichungen  oder  in  der
       Gesamtheit der  verschiedenen Proportionen,  worin eine  Ware mit
       jeder andern  Ware austauschbar  ist, ist  sie  erschöpfend  aus-
       gedrückt als   a l l g e m e i n e s   Ä q u i v a l e n t.  Z.B.
       die Reihe der Gleichungen
       
       1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
       1 Elle Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
       1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot,
       1 Elle Leinwand = 6 Ellen Kattun,
       
       kann dargestellt werden als
       
       1 Elle Leinwand = 1/8 Pfund Tee + 1/2 Pfund Kaffee + 2 Pfund Brot
       + 1 1/2 Ellen Kattun.
       
       Wenn wir  daher die  ganze Summe  von Gleichungen vor uns hätten,
       worin sich  der Wert  einer Elle  Leinwand erschöpfend ausdrückt,
       könnten wir  ihren Tauschwert darstellen in der Form einer Reihe.
       In der  Tat ist  diese Reihe  unendlich, da der Umkreis der Waren
       nie definitiv abgeschlossen ist, sondern sich stets ausdehnt. In-
       dem aber so die eine Ware ihren Tauschwert mißt in den Gebrauchs-
       werten aller  andern Waren, messen sich umgekehrt die Tauschwerte
       aller andern  Waren in dem Gebrauchswert dieser einen sich in ih-
       nen messenden  Ware. *)  Wenn der Tauschwert 1 Elle Leinwand sich
       ausdrückt in  1/2 Pfund Tee oder 2 Pfund Kaffee oder 6 Ellen Kat-
       tun oder  8 Pfund  Brot usw.,  so folgt, daß Kaffee, Tee, Kattun,
       Brot usw.  in dem  Verhältnis, worin sie einem dritten, der Lein-
       wand, gleich  sind, untereinander  gleich sind, also Leinwand als
       gemeinschaftliches Maß  ihrer Tauschwerte  dient. Jede  Ware  als
       vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit, d.h. bestimmtes Quan-
       tum allgemeiner  Arbeitszeit, drückt  ihren Tauschwert  der Reihe
       nach aus  in bestimmten  Quantitäten der Gebrauchswerte aller an-
       dern Waren,  und die  Tauschwerte aller  andern Waren messen sich
       umgekehrt in  dem  Gebrauchswert  dieser  einen  ausschließlichen
       Ware. Als Tauschwert aber ist jede Ware
       ---
       *) "Es ist  auch eine Eigentümlichkeit der Maße, ein solches Ver-
       hältnis mit dem gemessenen Ding zu haben, daß in gewisser Art das
       Gemessene das Maß des Messenden wird." Montanari, "Della Moneta",
       p. 41 in Custodia Sammlung, vol. 1 III., Parte Antica.
       
       #27# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       sowohl die eine ausschließliche Ware, die als gemeinsames Maß der
       Tauschwerte aller  andern Waren  dient, wie  sie andrerseits  nur
       eine der vielen Waren ist, in deren Gesamtumkreis jede andre Ware
       ihren Tauschwert unmittelbar darstellt.
       Die   W e r t g r ö ß e   einer Ware wird nicht davon berührt, ob
       wenig oder  viel Waren  anderer Art außer ihr existieren. Ob aber
       die Reihe  der Gleichungen, worin ihr Tauschwert sich realisiert,
       größer oder  kleiner ist,  hängt ab von der größern oder kleinern
       Mannigfaltigkeit von  andern Waren.  Die Reihe  von  Gleichungen,
       worin sich z.B. der Wert des Kaffees darstellt, drückt die Sphäre
       seiner Austauschbarkeit aus, die Grenzen, worin er als Tauschwert
       funktioniert. Dem  Tauschwert einer Ware als Vergegenständlichung
       der allgemeinen  gesellschaftlichen  Arbeitszeit  entspricht  der
       Ausdruck ihrer  Äquivalenz in  unendlich verschiedenen Gebrauchs-
       werten.
       Wir haben gesehen, daß der Tauschwert einer Ware wechselt mit der
       Quantität der  unmittelbar in ihr selbst enthaltenen Arbeitszeit.
       Ihr realisierter,  d.h. in den Gebrauchswerten anderer Waren aus-
       gedrückter Tauschwert  muß ebenso  abhängen von  dem  Verhältnis,
       worin die  auf die  Produktion aller  andern Waren  verwandte Ar-
       beitszeit wechselt.  Bliebe z.B.  die zur Produktion eines Schef-
       fels Weizen  erforderliche Arbeitszeit  dieselbe, während die zur
       Produktion aller andern Waren erheischte Arbeitszeit sich verdop-
       pelte, so  wäre der  Tauschwert des Scheffels Weizen, ausgedrückt
       in seinen Äquivalenten, um die Hälfte gesunken. Das Resultat wäre
       praktisch dasselbe, als ob die zur Herstellung des Scheffels Wei-
       zen erforderliche  Arbeitszeit um die Hälfte gefallen und die zur
       Herstellung aller andern Waren erforderliche Arbeitszeit unverän-
       dert geblieben  wäre. Der  Wert der  Waren ist bestimmt durch die
       Proportion, worin  sie in derselben Arbeitszeit produziert werden
       können. Um  zu sehen, welchen möglichen Wechseln diese Proportion
       ausgesetzt  ist,   unterstellen  wir   zwei  Waren   A   und   B.
       E r s t e n s:   Die zur  Produktion von B erforderte Arbeitszeit
       bleibe unverändert. In diesem Falle fällt oder steigt der Tausch-
       wert von A, in B ausgedrückt, direkt wie die zur Produktion von A
       erheischte Arbeitszeit  fällt oder steigt.  Z w e i t e n s:  Die
       zur Produktion  von A  erforderliche Arbeitszeit  bleibe unverän-
       dert. Der Tauschwert von A in B ausgedrückt, fällt oder steigt in
       umgekehrtem Verhältnisse, wie die zur Produktion von B erheischte
       Arbeitszeit fällt oder steigt.  D r i t t e n s:  Die zur Produk-
       tion von  A und  B erheischte  Arbeitszeit falle  oder steige  in
       gleicher Proportion.  Der Ausdruck  der Äquivalenz  von  A  in  B
       bleibt dann unverändert. Nähme durch irgendeinen Umstand die Pro-
       duktivkraft aller  Arbeiten in demselben Maße ab, so daß alle Wa-
       ren in  gleicher Proportion  mehr Arbeitszeit zu ihrer Produktion
       erheischten, so wäre der Wert  a l l e r  Waren gestiegen, der
       
       #28# Karl Marx
       -----
       reale Ausdruck  ihres Tauschwerts wäre unverändert geblieben, und
       der wirkliche  Reichtum der Gesellschaft hätte abgenommen, da sie
       mehr Arbeitszeit  brauchte, um dieselbe Masse von Gebrauchswerten
       zu schaffen.   V i e r t e n s:   Die  zur Produktion von A und B
       erforderte Arbeitszeit mag für beide steigen oder fallen, aber in
       ungleichem Grade,  oder die  für  A  erforderte  Arbeitszeit  mag
       steigen, während  die für  B fällt,  oder umgekehrt.  Alle  diese
       Fälle können einfach darauf reduziert werden, daß die zur Produk-
       tion einer  Ware erheischte  Arbeitszeit unverändert bleibt, wäh-
       rend die der andern steigt oder fällt.
       Der Tauschwert  jeder Ware drückt sich in dem Gebrauchswert jeder
       andern Ware  aus, sei  es in ganzen Größen oder in Brüchen dieses
       Gebrauchswerts. Als  Tauschwert ist  jede Ware ebenso teilbar wie
       die Arbeitszeit  selbst, die  in ihr  vergegenständlicht ist. Die
       Äquivalenz der  Waren ist  ebenso unabhängig von ihrer physischen
       Teilbarkeit als  Gebrauchswerte, wie die Addition der Tauschwerte
       der Waren  gleichgültig dagegen  ist, welchen  realen Formwechsel
       die  Gebrauchswerte   dieser  Waren   in  ihrer  Umschmelzung  zu
       e i n e r  neuen Ware durchlaufen.
       Bisher wurde  die Ware  unter doppeltem Gesichtspunkt betrachtet,
       als Gebrauchswert  und als  Tauschwert, jedesmal  einseitig.  Als
       Ware jedoch ist sie unmittelbar  E i n h e i t  von Gebrauchswert
       und Tauschwert;  zugleich ist  sie Ware  nur in Beziehung auf die
       anderen Waren.  Die   w i r k l i c h e  Beziehung der Waren auf-
       einander ist ihr  A u s t a u s c h p r o z e ß.  Es ist dies ge-
       sellschaftlicher Prozeß, den die voneinander unabhängigen Indivi-
       duen eingehen,  aber sie gehen ihn nur ein als Warenbesitzer; ihr
       wechselseitiges Dasein  füreinander ist  das Dasein  ihrer Waren,
       und so  erscheinen sie in der Tat nur als bewußte Träger des Aus-
       tauschprozesses.
       Die Ware   i s t   Gebrauchswert,  Weizen, Leinwand, Diamant, Ma-
       schine etc.,  aber als  Ware ist  sie zugleich   n i c h t    Ge-
       brauchswert. Wäre  sie Gebrauchswert für ihren Besitzer, d.h. un-
       mittelbar Mittel  zur Befriedigung  seiner eignen Bedürfnisse, so
       wäre sie  nicht Ware.  Für ihn ist sie vielmehr  N i c h t - G e-
       b r a u c h s w e r t,    nämlich  bloß  stofflicher  Träger  des
       Tauschwerts, oder  bloßes  T a u s c h  m i t t e l;  als aktiver
       Träger des  Tauschwerts wird  der Gebrauchswert Tauschmittel. Für
       ihn ist  sie Gebrauchswert  nur noch  als Tauschwert.  *) Als Ge-
       brauchswert muß  sie daher erst  w e r d e n,  zunächst für ande-
       re. Da  sie nicht  Gebrauchswert für  ihren eigenen Besitzer, ist
       sie Gebrauchswert  für Besitzer  anderer Ware.  Wenn  nicht,  war
       seine Arbeit nutzlose Arbeit, ihr Resultat also nicht Ware. Ande-
       rerseits muß  sie Gebrauchswert   f ü r  i h n  s e l b s t  wer-
       den, denn
       -----
       *) Es ist  in dieser  Bestimmtheit, daß Aristoteles (siehe die im
       Eingang des Kapitels zitierte Stelle) den Tauschwert auffaßt.
       
       #29# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       außer ihr, in den Gebrauchswerten fremder Waren, existieren seine
       Lebensmittel. Um als Gebrauchswert zu  w e r d e n,  muß die Ware
       dem besonderen  Bedürfnis gegenübertreten,  wofür sie  Gegenstand
       der Befriedigung  ist. Die  Gebrauchswerte der Waren  w e r d e n
       also als  Gebrauchswerte, indem  sie allseitig  die Stellen wech-
       seln, aus  der Hand,  worin sie  Tauschmittel, übergehen  in  die
       Hand, worin  sie Gebrauchsgegenstände. Nur durch diese allseitige
       E n t ä u ß e r u n g  der Waren wird die in ihnen enthaltene Ar-
       beit nützliche  Arbeit. In  dieser  p r o z e s s i e r e n d e n
       Beziehung der  Waren aufeinander  als Gebrauchswerte erhalten sie
       keine neue  ökonomische Formbestimmtheit.  Vielmehr  verschwindet
       die Formbestimmtheit,  die sie  als Ware  charakterisierte.  Brot
       z.B. in  dem Übergang  aus der  Hand des  Bäckers in die Hand des
       Konsumenten ändert  nicht sein  Dasein als  Brot. Umgekehrt, erst
       der Konsument bezieht sich auf es als Gebrauchswert, als dies be-
       stimmte Nahrungsmittel, während es in der Hand des Bäckers Träger
       eines ökonomischen  Verhältnisses,  ein  sinnlich  übersinnliches
       Ding war.  Der einzige Formwechsel, den die Waren in ihrem Werden
       als Gebrauchswerte eingehen, ist also die Aufhebung ihres formel-
       len Daseins,  worin sie  Nicht-Gebrauchswert für  ihren Besitzer,
       Gebrauchswert für ihren Nichtbesitzer waren. Das Werden der Waren
       als Gebrauchswerte  unterstellt ihre  allseitige Entäußerung, ihr
       Eingehen in  den Austauschprozeß,  aber ihr  Dasein für  den Aus-
       tausch ist  ihr Dasein  als Tauschwerte.  Um sich  daher als  Ge-
       brauchswerte zu  verwirklichen, müssen  sie sich  als Tauschwerte
       verwirklichen.
       Erschien die einzelne Ware unter dem Gesichtspunkt des Gebrauchs-
       wertes ursprünglich  als selbständiges  Ding, so  war sie dagegen
       als Tauschwert  von vornherein in Beziehung auf alle andern Waren
       betrachtet. Diese Beziehung jedoch war nur eine theoretische, ge-
       dachte. Betätigt  wird sie  nur im  Austauschprozeß.  Andrerseits
       i s t   die Ware  zwar Tauschwert,  sofern ein bestimmtes Quantum
       Arbeitszeit in  ihr aufgearbeitet und sie daher  v e r g e g e n-
       s t ä n d l i c h t e   A r b e i t s z e i t  ist. Aber, wie sie
       unmittelbar ist,  ist sie  nur  vergegenständlichte  individuelle
       Arbeitszeit von  besonderem Inhalt,  nicht    a l l g e m e i n e
       Arbeitszeit. Sie  ist daher   n i c h t   unmittelbar Tauschwert,
       sondern muß  erst solcher   w e r d e n.   Zunächst  kann sie nur
       Vergegenständlichung der allgemeinen Arbeitszeit sein, soweit sie
       Arbeitszeit in  bestimmter nützlicher  Anwendung, also  in  einem
       Gebrauchswert darstellt. Dies war die stoffliche Bedingung, unter
       der  allein   die  in   den  Waren   enthaltene  Arbeitszeit  als
       allgemeine, gesellschaftliche  vorausgesetzt war.  Wenn die  Ware
       daher nur  als Gebrauchswert  werden kann,  indem  sie  sich  als
       Tauschwert  verwirklicht,  kann  sie  sich  andrerseits  nur  als
       Tauschwert verwirklichen, indem sie sich in ihrer Entäußerung als
       Gebrauchswert bewährt.  Eine Ware  kann als  Gebrauchswert nur an
       den
       
       #30# Karl Marx
       -----
       veräußert werden,  für den sie Gebrauchswert ist, d.h. Gegenstand
       besondern Bedürfnisses.  Andrerseits wird sie nur veräußert gegen
       eine andre  Ware, oder,  wenn wir uns auf die Seite des Besitzers
       der andern  Ware stellen, kann er seine Ware ebenfalls nur veräu-
       ßern, d.h.  verwirklichen, indem er sie in Kontakt mit dem beson-
       dern Bedürfnis  bringt, dessen Gegenstand sie ist. In der allsei-
       tigen Entäußerung  der  Waren  als    G e b r a u c h s w e r t e
       werden sie  daher aufeinander bezogen nach ihrer stofflichen Ver-
       schiedenheit als  besondre Dinge, die durch ihre spezifischen Ei-
       genschaften besondre  Bedürfnisse befriedigen.  Aber  als  solche
       bloße Gebrauchswerte  sind sie gleichgültige Existenzen füreinan-
       der und vielmehr beziehungslos. Als Gebrauchswerte können sie nur
       ausgetauscht werden  in Beziehung  auf besondre Bedürfnisse. Aus-
       tauschbar aber sind sie nur als Äquivalente, und Äquivalente sind
       sie nur  als gleiche  Quanta vergegenständlichter Arbeitszeit, so
       daß alle  Rücksicht auf  ihre natürlichen  Eigenschaften als  Ge-
       brauchswerte und  daher auf das Verhältnis der Waren zu besondern
       Bedürfnissen ausgelöscht  ist. Als  Tauschwert betätigt sich eine
       Ware vielmehr, indem sie als Äquivalent beliebig bestimmtes Quan-
       tum jeder  andern Ware  ersetzt, gleichgültig, ob sie für den Be-
       sitzer der andern Ware Gebrauchswert ist oder nicht ist. Aber für
       den Besitzer  der andern  Ware wird  sie nur Ware, sofern sie Ge-
       brauchswert für  ihn ist,  und für ihren eignen Besitzer wird sie
       nur Tauschwert,  soweit sie Ware für den andern ist. Dieselbe Be-
       ziehung also  soll Beziehung  der Waren  als wesentlich gleicher,
       nur quantitativ verschiedener Größen, soll ihre Gleichsetzung als
       Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit und soll gleichzeitig ihre
       Beziehung als  qualitativ verschiedene  Dinge, als  besondre  Ge-
       brauchswerte für  besondre Bedürfnisse,  kurz, sie  als wirkliche
       Gebrauchswerte unterscheidende Beziehung sein. Aber diese Gleich-
       setzung und  Ungleichsetzung schließen sich wechselseitig aus. So
       stellt sich  nicht nur ein fehlerhafter Zirkel von Problemen dar,
       indem die  Lösung des  einen die  Lösung des  andern voraussetzt,
       sondern ein Ganzes widersprechender Forderungen, indem die Erfül-
       lung einer  Bedingung unmittelbar  gebunden ist  an die Erfüllung
       ihres Gegenteils.
       Der Austauschprozeß  der Waren  muß sowohl die Entfaltung wie die
       Lösung dieser  Widersprüche sein, die sich in ihm jedoch nicht in
       dieser einfachen  Weise darstellen  können. Wir haben nur zugese-
       hen, wie  die Waren  selbst  wechselseitig  aufeinander  als  Ge-
       brauchswerte bezogen  werden, d.h.,  wie die Waren als Gebrauchs-
       werte   i n n e r h a l b   des Austauschprozesses auftreten. Der
       Tauschwert dagegen, wie wir ihn bisher betrachtet, war bloß da in
       unsrer Abstraktion  oder, wenn  man will,  in der Abstraktion des
       einzelnen Warenbesitzers,  dem die Ware als Gebrauchswert auf dem
       Speicher und als
       
       #31# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       Tauschwert auf  dem Gewissen  liegt. Die Waren selbst müssen aber
       innerhalb des  Austauschprozesses nicht  nur als  Gebrauchswerte,
       sondern als  Tauschwerte füreinander da sein, und dies ihr Dasein
       als ihre  eigene Beziehung aufeinander erscheinen. Die Schwierig-
       keit, an der wir zunächst stockten, war, daß, um sich als Tausch-
       wert, als vergegenständlichte Arbeit darzustellen, die Ware zuvor
       als Gebrauchswert  entäußert, an den Mann gebracht sein muß, wäh-
       rend ihre  Entäußerung als Gebrauchswert umgekehrt ihr Dasein als
       Tauschwert voraussetzt. Aber gesetzt, diese Schwierigkeit sei ge-
       löst. Die Ware habe ihren besondern Gebrauchswert abgestreift und
       durch dessen  Entäußerung die  stoffliche Bedingung  erfüllt, ge-
       sellschaftlich nützliche  Arbeit zu  sein, statt  besondre Arbeit
       des einzelnen für sich selbst. So muß sie dann im Austauschprozeß
       als  Tauschwert,   allgemeines  Äquivalent,   vergegenständlichte
       allgemeine Arbeitszeit  für die  andern Waren werden und so nicht
       mehr die  beschränkte Wirkung  eines  besonderen  Gebrauchswerts,
       sondern   die   unmittelbare   Darstellungsfähigkeit   in   allen
       Gebrauchswerten als  ihren Äquivalenten  erhalten. Jede Ware aber
       ist   d i e   Ware, die  so  durch  Entäußerung  ihres  besondern
       Gebrauchswerts als direkte Materiatur der allgemeinen Arbeitszeit
       erscheinen muß.  Andrerseits aber  stehen sich im Austauschprozeß
       nur besondere  Waren  gegenüber,  in  besonderen  Gebrauchswerten
       verkörperte  Arbeiten   von  Privatindividuen.   Die   allgemeine
       Arbeitszeit selbst  ist eine  Abstraktion, die als solche für die
       Waren nicht existiert.
       Betrachten wir  die Summe  von Gleichungen,  worin der Tauschwert
       einer Ware seinen realen Ausdruck findet, z.B.:
       
       1 Elle Leinwand "= 2 Pfund Kaffee,
       1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
       1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot usw.,
       
       so besagen  diese Gleichungen  zwar nur,  daß allgemeine, gesell-
       schaftliche Arbeitszeit  von gleicher  Größe sich in 1 Elle Lein-
       wand, 2 Pfund Kaffee, 1/2 Pfund Tee usw. vergegenständlicht. Aber
       in der  Tat werden die individuellen Arbeiten, die sich in diesen
       besondern Gebrauchswerten  darstellen, nur  zu allgemeiner und in
       dieser Form zu gesellschaftlicher Arbeit, indem sie sich wirklich
       gegeneinander austauschen  im Verhältnis der Zeitdauer der in ih-
       nen enthaltenen  Arbeit 1*).  Die  gesellschaftliche  Arbeitszeit
       existiert sozusagen nur latent in diesen Waren und offenbart sich
       erst in  ihrem Austauschprozeß. Es wird nicht ausgegangen von der
       Arbeit der  Individuen als  gemeinschaftlicher, sondern umgekehrt
       von besondern Arbeiten von Privatindividuen,
       -----
       1*) Im Handexemplar  korrigiert; (1859) im Verhältnis ihrer Zeit-
       dauer
       
       #32# Karl Marx
       -----
       Arbeiten, die  sich erst im Austauschprozeß durch Aufhebung ihres
       ursprünglichen Charakters,  als allgemeine  gesellschaftliche Ar-
       beit beweisen.  Die allgemein  gesellschaftliche Arbeit ist daher
       nicht fertige  Voraussetzung, sondern  werdendes Resultat. Und so
       ergibt sich  die neue Schwierigkeit, daß die Waren einerseits als
       vergegenständlichte allgemeine Arbeitszeit in den Austauschprozeß
       eingehen müssen,  andrerseits die  Vergegenständlichung  der  Ar-
       beitszeit der  Individuen als  allgemeiner selbst nur Produkt des
       Austauschprozesses ist.
       Jede Ware soll durch Entäußerung ihres Gebrauchswerts, also ihrer
       ursprünglichen Existenz,  ihre entsprechende Existenz als Tausch-
       wert erhalten.  Die Ware  muß daher  im Austauschprozeß ihre Exi-
       stenz verdoppeln.  Andrerseits  kann  ihre  zweite  Existenz  als
       Tauschwert selbst nur eine andre Ware sein, denn im Austauschpro-
       zeß stehen  sich nur Waren gegenüber. Wie eine besondere Ware un-
       mittelbar darstellen  als   v e r g e g e n s t ä n d l i c h t e
       a l l g e m e i n e  Arbeitszeit, oder, was dasselbe ist, wie der
       individuellen Arbeitszeit, die in einer besonderen-Ware vergegen-
       ständlicht ist,  unmittelbar den  Charakter der Allgemeinheit ge-
       ben? Der  reale Ausdruck  des Tauschwerts  einer Ware, d.h. jeder
       Ware als allgemeinen Äquivalents, stellt sich dar in einer unend-
       lichen Summe von Gleichungen wie:
       
       1 Elle Leinwand = 2 Pfund Kaffee,
       1 Elle Leinwand = 1/2 Pfund Tee,
       1 Elle Leinwand = 8 Pfund Brot,
       1 Elle Leinwand = 6 Ellen Kattun,
       1 Elle Leinwand = usw.
       
       Diese Darstellung war theoretisch, soweit die Ware als bestimmtes
       Quantum vergegenständlichter  allgemeiner Arbeitszeit  nur   g e-
       d a c h t   war. Das Dasein einer besonderen Ware als allgemeines
       Äquivalent wird  aus bloßer Abstraktion  g e s e l l s c h a f t-
       l i c h e s   Resultat des  Austauschprozesses selbst  durch ein-
       fache Umkehrung der obigen Reihe von Gleichungen. Also z.B.:
       
       2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand,
       1/2 Pfund Tee  = 1 Elle Leinwand,
       8 Pfund Brot   = 1 Elle Leinwand,
       6 Ellen Kattun = 1 Elle Leinwand.
       
       Indem Kaffee,  Tee, Brot,  Kattun, kurz  alle Waren, die in ihnen
       selbst enthaltene  Arbeitszeit in  Leinwand ausdrücken, entfaltet
       sich der  Tauschwert der Leinwand umgekehrt in allen andern Waren
       als ihren  Äquivalenten und wird die in ihr selbst vergegenständ-
       lichte Arbeitszeit unmittelbar die allgemeine
       
       #33# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       Arbeitszeit, die  sich gleichmäßig in verschiedenen Volumen aller
       andern Waren  darstellt. Die Leinwand wird hier  a l l g e m e i-
       n e s   Ä q u i v a l e n t  durch die  a l l s e i t i g e  A k-
       t i o n   aller andern  Waren auf  sie. Als Tauschwert wurde jede
       Ware zum  Maß der Werte aller andern Waren. Hier umgekehrt, indem
       alle Waren  ihren Tauschwert in einer besondern Ware messen, wird
       die ausgeschlossene  Ware adäquates  Dasein des Tauschwerts, sein
       Dasein als  allgemeines Äquivalent.  Dagegen schrumpfen  die eine
       unendliche Reihe oder die unendlich vielen Gleichungen, worin der
       Tauschwert jeder  Ware sich darstellte, in eine einzige Gleichung
       von nur 2 Gliedern zusammen. 2 Pfund Kaffee = 1 Elle Leinwand ist
       jetzt der erschöpfende Ausdruck des Tauschwerts von Kaffee, da er
       in diesem  Ausdruck unmittelbar  als  Äquivalent  für  bestimmtes
       Quantum jeder  andern Ware  erscheint. Innerhalb  des  Austausch-
       prozesses  sind   also  jetzt   die  Waren  füreinander  da  oder
       erscheinen einander  als Tauschwerte  in der  Form Leinwand.  Daß
       alle Waren  als Tauschwerte  aufeinander bezogen  sind,  als  nur
       verschiedene Quanta vergegenständlichter allgemeiner Arbeitszeit,
       erscheint jetzt  so, daß  sie als  Tauschwerte  nur  verschiedene
       Quanta   d e s s e l b e n    Gegenstandes,  der  Leinwand,  dar-
       stellen. Die  allgemeine Arbeitszeit stellt sich daher ihrerseits
       dar als  ein besonderes  Ding, eine  Ware neben  und außer  allen
       andern Waren.  Zugleich aber  ist die  Gleichung, worin sich Ware
       für Ware  als Tauschwert  darstellt, z.B. 2 Pfund Kaffee = 1 Elle
       Leinwand, noch  zu verwirklichende  Gleichsetzung. Nur durch ihre
       Veräußerung als Gebrauchswert, die davon abhängt, ob sie sich als
       Gegenstand  eines   Bedürfnisses  im   Austauschprozeß   bewährt,
       verwandelt sie  sich wirklich  aus ihrem  Dasein  Kaffee  in  ihr
       Dasein Leinwand, nimmt so die Form des allgemeinen Äquivalents an
       und wird  wirklich Tauschwert  für alle  andern Waren.  Umgekehrt
       dadurch, daß alle Waren durch ihre Entäußerung als Gebrauchswerte
       sich in  Leinwand verwandeln,  wird die  Leinwand das verwandelte
       Dasein aller andern Waren und nur als Resultat dieser Verwandlung
       aller  andern   Waren  in   sie  unmittelbar     V e r g e g e n-
       s t ä n d l i c h u n g    d e r    a l l g e m e i n e n    A r-
       b e i t s z e i t,   d.h. Produkt  der  allseitigen  Entäußerung,
       Aufhebung der individuellen Arbeiten. Verdoppeln die Waren so, um
       als Tauschwerte  füreinander zu  erscheinen,  ihre  Existenz,  so
       verdoppelt die  als allgemeines  Äquivalent ausgeschlossene  Ware
       ihren Gebrauchswert.  Außer ihrem besondern Gebrauchswert als be-
       sondere Ware  erhält sie  einen allgemeinen Gebrauchswert. Dieser
       ihr Gebrauchswert ist selbst Formbestimmtheit, d. h. geht aus der
       spezifischen Rolle  hervor, die  sie durch  die allseitige Aktion
       der  andern   Waren  auf   sie  im  Austauschprozeß  spielt.  Der
       Gebrauchswert  jeder   Ware  als   Gegenstand   eines   besondern
       Bedürfnisses hat  verschiedenen Wert  in verschiedener Hand, z.B.
       andern Wert in der Hand dessen, der sie veräußert,
       
       #34# Karl Marx
       -----
       als in  der Hand  dessen, der  sie aneignet.  Die als allgemeines
       Äquivalent ausgeschlossene  Ware ist  jetzt Gegenstand  eines aus
       dem Austauschprozeß  selbst hervorwachsenden  allgemeinen Bedürf-
       nisses und  hat für  jeden denselben  Gebrauchswert,  Träger  des
       Tauschwerts zu  sein, allgemeines  Tauschmittel. So  ist  in  der
       einen Ware  der Widerspruch  gelöst, den die Ware als solche ein-
       schließt, als besonderer Gebrauchswert zugleich allgemeines Äqui-
       valent  und   daher  Gebrauchswert  für  jeden,  allgemeiner  Ge-
       brauchswert  zu  sein.  Während  also  alle  andern  Waren  jetzt
       zunächst ihren  Tauschwert als  ideelle,  erst  zu  realisierende
       Gleichung mit der ausschließlichen Ware darstellen, erscheint bei
       dieser ausschließlichen  Ware ihr  Gebrauchswert, obgleich reell,
       in dem  Prozeß selbst  als bloßes Formdasein, das erst durch Ver-
       wandlung in  wirkliche Gebrauchswerte  zu  realisieren  ist.  Ur-
       sprünglich stellte  sich die  Ware dar als Ware überhaupt, allge-
       meine  Arbeitszeit  vergegenständlicht  in  einem  besondern  Ge-
       brauchswert. Im  Austauschprozeß beziehen sich alle Waren auf die
       ausschließliche Ware als Ware überhaupt,  d i e  Ware, Dasein der
       allgemeinen Arbeitszeit  in einem  besondern  Gebrauchswert.  Als
       b e s o n d e r e   Waren verhalten  sie sich daher gegensätzlich
       zu einer  besondern Ware als der  a l l g e m e i n e n  Ware. *)
       Daß also  die Warenbesitzer  wechselseitig sich auf ihre Arbeiten
       als allgemeine  gesellschaftliche Arbeit beziehen, stellt sich so
       dar, daß  sie sich  auf ihre  Waren als Tauschwerte beziehen, die
       wechselseitige Beziehung der Waren aufeinander als Tauschwerte im
       Austauschprozeß als  ihre allseitige Beziehung auf eine besondere
       Ware als adäquaten Ausdruck ihres Tauschwerts, was umgekehrt wie-
       der erscheint  als spezifische Beziehung dieser besondern Ware zu
       allen andern  Waren und darum als bestimmter gleichsam naturwüch-
       sig gesellschaftlicher Charakter eines Dings. Die besondere Ware,
       die so das adäquate Dasein des Tauschwerts aller Waren darstellt,
       oder der Tauschwert der Waren als eine besondere, ausschließliche
       Ware, ist  -   G e l d.   Es ist eine Kristallisation des Tausch-
       werts der  Waren, die  sie im Austauschprozeß selbst bilden. Wäh-
       rend  daher   die  Waren  innerhalb  des  Austauschprozesses  als
       G e b r a u c h s w e r t e   füreinander werden,  indem sie alle
       Formbestimmtheit abstreifen  und sich aufeinander in ihrer unmit-
       telbaren stofflichen  Gestalt beziehen,  müssen sie,  um einander
       als   T a u s c h w e r t e  zu erscheinen, neue Formbestimmtheit
       annehmen, zur  Geldbildung fortgehen.  Das Geld ist nicht Symbol,
       so wenig wie das Dasein eines Gebrauchswerts als Ware Symbol ist.
       Daß ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis sich als ein au-
       ßer den  Individuen vorhandener Gegenstand und die bestimmten Be-
       ziehungen, die sie im Produktionsprozeß ihres
       ---
       *) Derselbe Ausdruck findet sich bei Genovesi. [Note im Handexem-
       plar.]
       
       #35# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       gesellschaftlichen Lebens  eingehen, sich  als spezifische Eigen-
       schaften eines  Dings darstellen, diese Verkehrung und nicht ein-
       gebildete, sondern prosaisch reelle Mystifikation charakterisiert
       alle gesellschaftlichen  Formen der  Tauschwert setzenden Arbeit.
       Im Geld erscheint sie nur frappanter als in der Ware.
       Die notwendigen  physischen  Eigenschaften  der  besondern  Ware,
       worin sich  das Geldsein aller Waren kristallisieren soll, soweit
       sie aus  der Natur  des Tauschwerts unmittelbar hervorgehen, sind
       beliebige Teilbarkeit,  Gleichförmigkeit  der  Teile  und  Unter-
       schiedslosigkeit aller  Exemplare dieser Ware. Als Materiatur der
       allgemeinen Arbeitszeit  muß sie gleichartige Materiatur sein und
       fähig, bloß  quantitative Unterschiede  darzustellen.  Die  andre
       notwendige Eigenschaft  ist Dauerbarkeit ihres Gebrauchswerts, da
       sie innerhalb des Austauschprozesses ausdauern muß. Die edeln Me-
       talle besitzen  diese Eigenschaften in vorzüglichem Grade. Da das
       Geld nicht  Produkt der  Reflexion oder der Verabredung ist, son-
       dern instinktartig  im Austauschprozeß  gebildet wird, haben sehr
       verschiedene, mehr  oder minder  unpassende Waren abwechselnd die
       Funktion des  Geldes verrichtet. Die Notwendigkeit, auf einer ge-
       wissen Stufe  der Entwicklung des Austauschprozesses, die Bestim-
       mungen von Tauschwert und Gebrauchswert polarisch an die Waren zu
       verteilen, so daß eine Ware z.B. als Tauschmittel figuriert, wäh-
       rend die  andere als  Gebrauchswert veräußert wird, bringt es mit
       sich, daß überall die Ware oder auch mehrere Waren vom allgemein-
       sten Gebrauchswert  zunächst zufällig  die Rolle des Geldes spie-
       len. Wenn  nicht Gegenstand eines unmittelbar vorhandenen Bedürf-
       nisses,  sichert  ihr  Dasein  als  stofflich  bedeutendster  Be-
       standteil des  Reichtums ihnen  einen allgemeinern  Charakter als
       den übrigen Gebrauchswerten.
       Der  unmittelbare   Tauschhandel,  die   naturwüchsige  Form  des
       Austauschprozesses, stellt vielmehr die beginnende Umwandlung der
       Gebrauchswerte in  Waren als  die der  Waren  in  Geld  dar.  Der
       Tauschwert erhält keine freie Gestalt, sondern ist noch unmittel-
       bar an  den Gebrauchswert  gebunden. Es  zeigt sich dies doppelt.
       Die Produktion  selbst in ihrer ganzen Konstruktion ist gerichtet
       auf Gebrauchswert,  nicht auf  Tauschwert, und  es ist  daher nur
       durch ihren  Überschuß über das Maß, worin sie für die Konsumtion
       erheischt sind,  daß die  Gebrauchswerte hier aufhören Gebrauchs-
       werte zu  sein und  Mittel des  Austausches werden, Ware. Andrer-
       seits werden  sie Waren  selbst nur innerhalb der Grenzen des un-
       mittelbaren Gebrauchswerts,  wenn auch polarisch verteilt, so daß
       die von  den Warenbesitzern  auszutauschenden Waren für beide Ge-
       brauchswerte sein  müssen,  aber  jede  Gebrauchswert  für  ihren
       Nichtbesitzer. In der Tat erscheint der Austauschprozeß von Waren
       
       #36# Karl Marx
       -----
       ursprünglich nicht  im Schoß  der naturwüchsigen  Gemeinwesen *),
       sondern da,  wo sie aufhören, an ihren Grenzen, den wenigen Punk-
       ten, wo  sie in  Kontakt mit  andern Gemeinwesen treten. Hier be-
       ginnt der  Tauschhandel und schlägt von da ins Innere des Gemein-
       wesens zurück,  auf das  er zersetzend  wirkt. Die  besondern Ge-
       brauchswerte, die  im Tauschhandel zwischen verschiedenen Gemein-
       wesen Waren werden, wie Sklave, Vieh, Metalle, bilden daher meist
       das erste  Geld innerhalb  der Gemeinwesen  selbst. Wir haben ge-
       sehen, wie  sich der  Tauschwert einer Ware in um so höherm Grade
       als Tauschwert  darstellt, je länger die Reihe seiner Äquivalente
       oder je   g r ö ß e r   die  Sphäre des  Austausches für die Ware
       ist. Die  allmähliche Erweiterung  des Tauschhandels,  Vermehrung
       der Austausche  und Vervielfältigung der in den Tauschhandel kom-
       menden Waren,  entwickelt daher  die Ware  als Tauschwert, drängt
       zur Geldbildung  und wirkt  damit auflösend auf den unmittelbaren
       Tauschhandel. Die  Ökonomen  pflegen  das  Geld  aus  den  äußern
       Schwierigkeiten abzuleiten,  worauf der  erweiterte  Tauschhandel
       stößt, vergessen  aber dabei,  daß diese  Schwierigkeiten aus der
       Entwicklung des  Tauschwerts und daher der gesellschaftlichen Ar-
       beit als allgemeiner Arbeit entspringen. Z.B.: Die Waren sind als
       Gebrauchswerte nicht  beliebig teilbar,  was sie  als Tauschwerte
       sein sollen.  Oder die  Ware von  A mag Gebrauchswert für B sein,
       während die  Ware von  B nicht  Gebrauchswert für A ist. Oder die
       Warenbesitzer mögen ihre wechselseitig auszutauschenden unteilba-
       ren Waren in ungleichen Wertproportionen bedürfen. In andern Wor-
       ten, unter dem Vorwand, den einfachen Tauschhandel zu betrachten,
       veranschaulichen sich  die Ökonomen  gewisse  Seiten  des  Wider-
       spruchs, den das Dasein der Ware als unmittelbare Einheit von Ge-
       brauchswert und  Tauschwert einhüllt. Andrerseits halten sie dann
       konsequent am  Tauschhandel als  adäquater Form des Austauschpro-
       zesses der Waren fest, der nur mit gewissen technischen Unbequem-
       lichkeiten verknüpft  sei, wofür  Geld ein  pfiffig  ausgedachtes
       Auskunftsmittel. Von  diesem ganz  flachen Standpunkt aus hat ein
       geistreicher englischer  Ökonom daher richtig behauptet, Geld sei
       ein bloß  materielles Instrument, wie ein Schiff oder eine Dampf-
       maschine, aber  nicht die  Darstellung  eines  gesellschaftlichen
       Produktionsverhältnisses und  folglich keine  ökonomische Katego-
       rie. Es werde daher nur mißbräuchlich in der politischen
       ---
       *) Aristoteles bemerkt dasselbe von der Privatfamilie als dem ur-
       sprünglichen Gemeinwesen. Aber die ursprüngliche Form der Familie
       ist selbst Stammfamilie, aus deren historischer Analyse sich erst
       die Privatfamilie entwickelt. "Denn in der ursprünglichen Gemein-
       schaft (dies  aber ist  die Familie)  bestand offenbar  keinerlei
       Notwendigkeit für diesen (nämlich den Tausch)." (l.c.)
       
       #37# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       Ökonomie, die  in der  Tat nichts mit der Technologie gemein hat,
       abgehandelt. *)
       In der  Warenwelt ist eine entwickelte Teilung der Arbeit voraus-
       gesetzt, oder  stellt sich vielmehr unmittelbar in der Mannigfal-
       tigkeit der  Gebrauchswerte dar, die sich als besondere Waren ge-
       genübertreten und  in denen  ebenso  mannigfaltige  Arbeitsweisen
       stecken. Die   T e i l u n g   d e r  A r b e i t,  als Totalität
       aller besondern produktiven Beschäftigungsweisen, ist die Gesamt-
       gestalt der  gesellschaftlichen  Arbeit  nach  ihrer  stofflichen
       Seite, als  Gebrauchswerte produzierende  Arbeit betrachtet.  Als
       solche aber  existiert sie,  vom Standpunkt der Waren aus und in-
       nerhalb des Austauschprozesses, nur in ihrem Resultat, in der Be-
       sonderung der Waren selbst.
       Der Austausch der Waren ist der Prozeß, worin der gesellschaftli-
       che Stoffwechsel, d. h. der Austausch der besonderen Produkte der
       Privatindividuen, zugleich  Erzeugung bestimmter  gesellschaftli-
       cher Produktionsverhältnisse ist, welche die Individuen in diesem
       Stoffwechsel eingehen.  Die prozessierenden Beziehungen der Waren
       aufeinander kristallisieren  sich als unterschiedene Bestimmungen
       des allgemeinen  Äquivalents,  und  so  ist  der  Austauschprozeß
       zugleich Bildungsprozeß  des Geldes.  Das Ganze dieses Prozesses,
       der sich  als ein  Verlauf verschiedener  Prozesse darstellt, ist
       die  Z i r k u l a t i o n.
       
       A. Historisches zur Analyse der Ware
       
       Die Analyse der Ware auf Arbeit in Doppelform, des Gebrauchswerts
       auf  reale  Arbeit  oder  zweckmäßig  produktive  Tätigkeit,  des
       Tauschwerts auf  Arbeitszeit oder  gleiche gesellschaftliche  Ar-
       beit, ist  das kritische  Endergebnis der mehr als anderthalbhun-
       dertjährigen Forschungen  der klassischen  politischen  Ökonomie,
       die in  England mit  William Petty, in Frankreich mit Boisguille-
       bert **)  beginnt, in England mit Ricardo, in Frankreich mit Sis-
       mondi abschließt.
       ---
       *) "Geld ist  in Wirklichkeit nur das Instrument zur Tätigung von
       Kauf und  Verkauf" (aber was verstehen Sie, bitte, unter Kauf und
       Verkauf?) "und  seine Betrachtung  bildet ebensowenig  einen Teil
       der Wissenschaft der politischen Ökonomie wie die Betrachtung von
       Schiffen oder  Dampfmaschinen, oder  irgendeines anderen  Instru-
       ments, das  zur Erleichterung  der Produktion  und Verteilung des
       Reichtums angewandt wird." (Th. Hodgskin, "Popular Political Eco-
       nomy etc.", London 1827, pag. 178, 179.)
       **) Eine vergleichende  Arbeit über  die Schriften und Charaktere
       Pettys und  Boisguilleberts, abgesehen  von dem  Schlaglicht, das
       sie auf den sozialen Gegensatz
       
       #38# Karl Marx
       -----
       Petty löst  den Gebrauchswert  in Arbeit  auf, ohne sich über die
       Naturbedingtheit ihrer  schöpferischen  Kraft  zu  täuschen.  Die
       wirkliche Arbeit  faßt er  sofort in ihrer gesellschaftlichen Ge-
       samtgestalt, als  T e i l u n g  d e r  A r b e i t.  *)
       ---
       Englands und Frankreichs am Ende des 17. und Anfang des 18. Jahr-
       hunderts werfen würde, wäre die genetische Darstellung des natio-
       nalen Kontrastes  zwischen englischer  und französischer  politi-
       scher Ökonomie. Derselbe Kontrast wiederholt sich abschließend in
       Ricardo und Sismondi.
       *) Petty hat  die Teilung der Arbeit auch als Produktivkraft ent-
       wickelt, und  zwar in  großartigerer Anlage als Adam Smith. Sieh:
       "An essay concerning the multiplication of mankind etc.", 3. Edi-
       tion 1686,  p. 35/36.  Er zeigt hier die Vorteile der Teilung der
       Arbeit für  die Produktion nicht nur an der Fabrikation einer Ta-
       schenuhr, wie  Adam Smith  später an  der Fabrikation einer Nadel
       tat, sondern  zugleich durch  Betrachtung einer  Stadt und  eines
       ganzen Landes unter dem Gesichtspunkt großer Fabrikanstalten. Der
       "Spectator" [8]  vom 26.  November 1711  bezieht sich  auf  diese
       "illustration of the admirable Sir William Petty" 1*). MacCulloch
       vermutet also  fälschlich, daß der "Spectator" Petty mit einem 40
       Jahre jungem  Schriftsteller verwechselt. (Sieh: MacCulloch, "The
       Literature of  Political Economy, a classified catalogue", London
       1845, p.  102.) Petty  fühlt sich als Gründer einer neuen Wissen-
       schaft. Seine  Methode, sagt  er, sei  "nicht die  herkömmliche".
       Statt eine Reihe komparativer und superlativer Worte und spekula-
       tiver Argumente  zusammenzuflechten, habe  er es  unternommen, in
       therms of  number, weight or measure 2*) zu sprechen, sich einzig
       aus sinnlicher  Erfahrung abgeleiteter Argumente zu bedienen, und
       nur solche Ursachen zu betrachten, as have visible foundations in
       nature 3*).  Der Betrachtung  anderer überlasse  er die Ursachen,
       die abhängen  von den mutable minds, opinions, appetites and pas-
       sions of particular men 4*). ("Political Arithmetic etc.", London
       1699, Preface.)  Seine geniale  Kühnheit zeigt  sich z.B.  in dem
       Vorschlag, alle  Einwohner und  Mobilien Irlands  und Hochschott-
       lands nach  dem Rest  von Großbritannien zu transportieren. Damit
       würde Arbeitszeit  gespart, die  Produktivkraft der  Arbeit  ver-
       mehrt, und  "der König  und seine  Untertanen reicher und stärker
       werden". ("Political  Arithmetic", Ch.  4 [p.  225].) Oder in dem
       Kapitel seiner politischen Arithmetik, worin er zu einer Zeit, wo
       Holland eine  stets  noch  vorwiegende  Rolle  als  Handelsnation
       spielte und Frankreich herrschende Handelsmacht zu werden schien,
       Englands Beruf  zur Eroberung  des Weltmarkts  beweist: "That the
       king of England's subjects have stock competent and convenient to
       drive trade  of the  whole commercial world" 5*) (l.c. Ch. 10 [p.
       272]). "That  the impediments of England's greatness are but con-
       tingent and removeable." 6*) (p. 247 seq.) Ein origineller
       -----
       1*) "Erläuterung des bewundernswerten Sir William Petty" - 2*) in
       Zahlen, Gewichten  oder Maßen  - 3*) die  sichtbare Grundlagen in
       der Natur  haben -  4*) veränderlichen Ansichten, Meinungen, Nei-
       gungen und  Leidenschaften einzelner  Menschen - 5*) "Daß die Un-
       tertanen des  Königs von England entsprechendes und ausreichendes
       Kapital haben  um das  Geschäft der  ganzen kommerziellen Welt zu
       betreiben" -  6*) "Daß die Hindernisse für Englands Größe nur zu-
       fällige sind und sich beseitigen lassen."
       
       #39# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       Diese Anschauung  von der Quelle des stofflichen Reichtums bleibt
       nicht, wie  etwa bei seinem Zeitgenossen Hobbes, mehr oder minder
       unfruchtbar,  sondern   leitet  ihn  zur    p o l i t i s c h e n
       A r i t h m e t i k,   d e r   ersten Form,  worin die politische
       Ökonomie  sich  als  selbständige  Wissenschaft  abscheidet.  Den
       Tauschwert jedoch  nimmt er,  wie er im Austauschprozeß der Waren
       e r s c h e i n t,   als Geld,  und das  Geld selbst als existie-
       rende Ware,  als Gold  und Silber. In den Vorstellungen des Mone-
       tarsystems befangen,  erklärt er die besondere Art realer Arbeit,
       wodurch Gold  und Silber  erworben wird,  für Tauschwert setzende
       Arbeit. Er meint in der Tat, daß die bürgerliche Arbeit nicht un-
       mittelbaren Gebrauchswert  produzieren muß,  sondern Ware,  einen
       Gebrauchswert, der  fähig ist,  durch seine  Entäußerung im  Aus-
       tauschprozeß
       ---
       Humor durchströmt  alle seine  Schriften. So  zeigt er z.B. nach,
       daß es mit natürlichen Dingen zugegangen sei, als Holland, damals
       ganz so  das Musterland  für englische  Ökonomen, wie  England es
       jetzt für  kontinentale  Ökonomen  ist,  den  Weltmarkt  eroberte
       "without such  angelical wits and judgments, as some attribute to
       the Hollanders"  1*) (l.c. p. 175, 176). Er verteidigt die Gewis-
       sensfreiheit als  Bedingung des  Handels, "weil die Armen fleißig
       seien und Arbeit und Industrie als Pflicht gegen Gott betrachten,
       solange man  ihnen nur  erlaube zu  denken, daß  sie, die weniger
       Reichtum haben,  mehr Witz und Verstand in göttlichen Dingen hät-
       ten, welches  sie als  spezielles Eigentum der Armen betrachten".
       Der Handel  sei daher  "nicht fixiert an irgendeine Art Religion,
       aber eher stets an den heterodoxen Teil des Ganzen" (l.c. p. 183-
       186). Er  bevorwortet eigne  öffentliche Abgaben  für Spitzbuben,
       weil es besser für das Publikum sei, sich selbst für die Spitzbu-
       ben zu besteuern, als sich von ihnen besteuern zu lassen (l.c. p.
       199). Dagegen verwirft er die Steuern, die Reichtum von industri-
       eller Hand  übertragen auf  solche, die  "nichts tun  als  essen,
       trinken,  singen,   spielen,  tanzen   und    M e t a p h y s i k
       b e t r e i b e n"   [l.c. p. 198]. Pettys Schriften sind beinahe
       buchhändlerische Raritäten  und nur  in alten schlechten Ausgaben
       zerstreut vorhanden,  was um  so wunderlicher,  als William Petty
       nicht nur  der Vater der englischen Nationalökonomie, sondern zu-
       gleich der  Vorfahre von  Henry Petty alias Marquis of Lansdowne,
       dem Nestor der englischen Whigs. Die Familie Lansdowne könnte in-
       des kaum  eine Gesamtausgabe von Pettys Werken veranstalten, ohne
       sie mit  seiner Lebensgeschichte  einzuleiten, und hier gilt, was
       von den  meisten origines  2*) der  großen Whigfamilien, the less
       said of them the better 3*). Der denkkühne, aber grundfrivole Ar-
       meechirurgus, der  ebenso geneigt  war, unter  Cromwells Ägide in
       Irland zu plündern, als von Karl II. den nötigen Baronettitel für
       den Plunder  zu erkriechen,  ist ein  Ahnenbild kaum  passend  zu
       öffentlicher Schaustellung.  Überdem sucht  Petty in  den meisten
       Schriften, die  er bei Lebzeiten herausgab, zu beweisen, daß Eng-
       lands Blütezeit  unter Karl  II. fällt,  eine heterodoxe  Ansicht
       dies für erbliche Exploiteurs der "glorious revolution" [9].
       -----
       1*) "ohne solch himmlischen Witz und Verstand, wie ihn manche den
       Holländern zuschreiben" - 2*) Anfängen - 3*) je weniger man davon
       spricht, desto besser
       
       #40# Karl Marx
       -----
       sich als  Gold und  Silber darzustellen,  d.h. als Geld, d.h. als
       Tauschwert, d.h.  als vergegenständlichte allgemeine Arbeit. Sein
       Beispiel zeigt indes schlagend, daß die Erkenntnis der Arbeit als
       Quelle des  stofflichen Reichtums  keineswegs die  Verkennung der
       bestimmten gesellschaftlichen  Form ausschließt, worin die Arbeit
       Quelle des Tauschwerts ist.
       Boisguillebert seinerseits  löst, wenn  nicht bewußt, so tatsäch-
       lich den  Tauschwert der  Ware in  Arbeitszeit auf,  indem er den
       "wahren Wert" (la juste valeur) durch die richtige Proportion be-
       stimmt, worin  die Arbeitszeit  der Individuen  auf die besondern
       Industriezweige verteilt  wird, und  die freie Konkurrenz als den
       gesellschaftlichen Prozeß  darstellt, der  diese richtige Propor-
       tion schaffe.  Gleichzeitig aber und im Kontrast zu Petty, kämpft
       er fanatisch  an gegen  das Geld, das durch seine Dazwischenkunft
       das natürliche  Gleichgewicht oder  die Harmonie des Warenaustau-
       sches störe  und, ein  phantastischer Moloch,  allen  natürlichen
       Reichtum zum  Opfer verlange.  Wenn nun  einerseits diese Polemik
       gegen das  Geld mit  bestimmten historischen  Umständen zusammen-
       hängt, indem Boisguillebert die blindzerstörende Goldgier des Ho-
       fes eines  Ludwig XIV., seiner Finanzpächter und seines Adels be-
       fehdet *),  während Petty  in der Goldgier den tatkräftigen Trieb
       feiert, der ein Volk zur industriellen Entwicklung und zur Erobe-
       rung des  Weltmarkts stachelt,  springt hier  jedoch zugleich der
       tiefere prinzipielle  Gegensatz hervor,  der sich als beständiger
       Kontrast zwischen echt englischer und echt französischer **) Öko-
       nomie wiederholt.  Boisguillebert sieht  in der  Tat nur  auf den
       stofflichen Inhalt  des Reichtums,  den Gebrauchswert,  den Genuß
       ***), und betrachtet die bürgerliche Form der Arbeit, die Produk-
       tion
       ---
       *) Im Gegensatz  zur "schwarzen  Finanzkunst" der  damaligen Zeit
       sagt Boisguillebert:  "Die Finanzkunst  ist nichts  als die  ver-
       tiefte Kenntnis  der Interessen  der Landwirtschaft  und des Han-
       dels." ("Le  detail de  Ia France" 1697. Ausgabe von Eugene Daire
       der **)  Economistes financiers  du XVIII.  siècle", Paris  1843,
       vol. I, p. 241.)
       **) Nicht  r o m a n i s c h e r  Ökonomie, denn die Italiener in
       den beiden  Schulen, der  neapolitanischen und der mailändischen,
       wiederholen den Gegensatz von englischer und französischer Ökono-
       mie, während  die Spanier  der früheren Epoche entweder bloß Mer-
       kantilisten sind,  und modifizierte  Merkantilisten wie  Ustáriz,
       oder wie  Jovellanos (sieh  seine "Obras", Barcelona 1839/40) mit
       Adam Smith die "richtige Mitte" halten.
       ***) "Der wahre  Reichtum ... ist der vollkommene Genuß nicht nur
       der Lebensbedürfnisse,  sondern auch des Überflusses und all des-
       sen, was  den  Sinnen  Freude  bereiten  kann."  (Boisguillebert,
       "Dissertation sur  la nature  de la richesse etc.", l.c. p. 403.)
       Während aber  Petty ein frivoler, plünderungslustiger und charak-
       terloser Abenteurer  war, trat Boisguillebert, obgleich einer der
       Intendanten Ludwig  XIV., mit  ebensoviel Geist  als Kühnheit für
       die unterdrückten Klassen auf.
       
       #41# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       der Gebrauchswerte  als Waren  und den  Austauschprozeß der Waren
       als die  naturgemäße gesellschaftliche  Form, worin die individu-
       elle Arbeit  jenen Zweck  erreiche. Wo  ihm daher der spezifische
       Charakter des bürgerlichen Reichtums gegenübertritt, wie im Geld,
       glaubt er  an Zwischendrängen  usurpierender fremder Elemente und
       ereifert sich  gegen die  bürgerliche Arbeit  in der  einen Form,
       während er  sie zugleich in der andern Form utopistisch verklärt.
       *) Boisguillebert liefert uns den Beweis, daß die Arbeitszeit als
       Maß der  Wertgröße der  Waren behandelt werden kann, obgleich die
       im Tauschwert  der Waren  vergegenständlichte und  durch die Zeit
       gemessene Arbeit  mit der unmittelbaren natürlichen Tätigkeit der
       Individuen verwechselt wird.
       Die erste  bewußte, beinahe trivial klare Analyse des Tauschwerts
       auf Arbeitszeit  findet sich  bei einem  Manne der neuen Welt, wo
       die bürgerlichen  Produktionsverhältnisse gleichzeitig  mit ihren
       Trägern importiert,  rasch aufschössen in einem Boden, der seinen
       Mangel an  historischer Tradition  durch einen Überfluß von Humus
       aufwog. Der  Mann ist  Benjamin Franklin, der in seiner Jugendar-
       beit, geschrieben 1729, zum Druck befördert 1731, das Grundgesetz
       der modernen  politischen Ökonomie formulierte. **) Er erklärt es
       für nötig,  ein andres Maß der Werte als die edeln Metalle zu su-
       chen. Dies sei die Arbeit.
       
       "Durch Arbeit  kann der Wert von Silber ebensogut gemessen werden
       wie der  aller andern  Dinge. Unterstelle  z.B., ein Mann sei be-
       schäftigt, Korn  zu produzieren,  während ein andrer Silber gräbt
       und raffiniert.  Am Ende  des Jahres oder nach irgendeiner andern
       bestimmten Zeitperiode  sind das  volle Produkt  von Korn und das
       von Silber  natürliche Preise  voneinander, und  wenn das eine 20
       Bushel, das  andere 20  Unzen ist, dann ist eine Unze Silber wert
       die zur Produktion eines Busheis Korn verwandte Arbeit. Wenn aber
       durch die  Entdeckung von  näheren, leichter  zugänglichen ergie-
       bigem Minen  ein Mann  nun 40  Unzen Silber  produzieren kann, so
       leicht wie früher 20, und dieselbe Arbeit wie früher erforderlich
       bleibt zur  Produktion von  20 Bushel  Korn, dann  werden 2 Unzen
       Silber nicht  mehr wert  sein, als  dieselbe Arbeit  verwandt zur
       Produktion von  einem Bushel Korn, und der Bushel, welcher früher
       1 Unze  galt, wird  nun 2  gelten, caeteris  paribus. So  ist der
       Reichtum eines  Landes zu  schätzen  durch  die    A r b e i t s-
       q u a n t i t ä t, die  seine Einwohner  fähig sind  zu  kaufen."
       ***)
       ---
       *) Der französische  Sozialismus in  der Form  Proudhon leidet an
       demselben nationalen Erbübel.
       **) Franklin, B.,  "The Works  of etc."  edit, by J. Sparks, vol.
       II, Boston  1836: "A modest inquiry into the nature and necessity
       of a paper currency."
       ***) l.c. p.  265. "Thus the riches of a country are to be valued
       by the quantity of labour its inhabitants are able to purchase."
       
       #42# Karl Marx
       -----
       Die Arbeitszeit  stellt sich  sofort bei  Franklin  ökonomistisch
       einseitig als  Maß der  Werte dar. Die Verwandlung der wirklichen
       Produkte in  Tauschwerte versteht sich von selbst, und es handelt
       sich daher nur um Auffindung eines Maßes für ihre Wertgröße.
       
       "Da", sagt er, "der Handel überhaupt nichts ist als der Austausch
       von Arbeit gegen Arbeit, wird der Wert aller Dinge am richtigsten
       geschätzt durch Arbeit." *)
       
       Setzt man  hier wirkliche  Arbeit an die Stelle des Worts Arbeit,
       so entdeckt  man sofort  die Vermischung  von Arbeit in der einen
       Form, mit  Arbeit in der andern Form. Da Handel z.B. im Austausch
       von Schusterarbeit,  Minenarbeit, Spinnarbeit,  Malerarbeit  usw.
       besteht, wird  der Wert  von Stiefeln am richtigsten geschätzt in
       Malerarbeit? Franklin  meinte umgekehrt,  daß der  Wert von Stie-
       feln, Minenprodukten, Gespinst, Gemälden usw. bestimmt wird durch
       abstrakte Arbeit,  die keine besondere Qualität besitzt und daher
       durch bloße  Quantität meßbar  ist. **) Da er aber die im Tausch-
       wert enthaltene Arbeit nicht als die abstrakt allgemeine, aus der
       allseitigen Entäußerung  der individuellen Arbeiten entspringende
       gesellschaftliche Arbeit  entwickelt, verkennt  er notwendig Geld
       als die unmittelbare Existenzform dieser entäußerten Arbeit. Geld
       und Tauschwert  setzende Arbeit stehen ihm daher in keinem innern
       Zusammenhange, sondern  Geld ist vielmehr zur technischen Bequem-
       lichkeit in  den Austausch äußerlich hereingebrachtes Instrument.
       ***) Franklins  Analyse des  Tauschwerts blieb ohne unmittelbaren
       Einfluß auf  den allgemeinen  Gang der  Wissenschaft, weil er nur
       vereinzelte Fragen  der politischen Ökonomie bei bestimmten prak-
       tischen Anlässen behandelte.
       Der Gegensatz  zwischen wirklicher  nützlicher Arbeit und Tausch-
       wert setzender Arbeit bewegte Europa während des 18. Jahrhunderts
       in der  Form des Problems: welche besondere Art wirklicher Arbeit
       die Quelle  des bürgerlichen Reichtums sei? So war vorausgesetzt,
       daß nicht  jede Arbeit,  die sich in Gebrauchswerten verwirklicht
       oder  Produkte   liefert,  deshalb   schon  unmittelbar  Reichtum
       schafft. Den  Physiokraten jedoch,  wie ihren  Gegnern,  ist  die
       brennende Streitfrage  nicht sowohl,  welche Arbeit den  W e r t,
       sondern welche  den  M e h r w e r t  schaffe. Sie behandeln also
       das Problem in komplizierter Form, bevor sie es in seiner elemen-
       tarischen Form gelöst hatten, wie der geschichtliche
       ---
       *) "Trade in  general being  nothing else but the exchange of la-
       bour for  labour, the  value of all things is, as I have said be-
       fore, most justly measured by labour" (l.c. p. 267).
       **) l.c., "Remarks  and facts  relative to the American paper mo-
       ney", 1764.
       ***) Sieh "Papers on American Politics"; "Remarks and facts rela-
       tive to the American paper money", 1764 (l.c.).
       
       #43# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       Gang aller  Wissenschaften durch  eine Masse  Kreuz- und Querzüge
       erst zu  ihren wirklichen  Ausgangspunkten führt.  Im Unterschied
       von andern  Baumeistern zeichnet die Wissenschaft nicht nur Luft-
       schlösser, sondern führt einzelne wohnliche Stockwerke des Gebäu-
       des auf,  bevor sie  seinen Grundstein legt. Indem wir hier nicht
       länger bei  den Physiokraten  verweilen und über eine ganze Reihe
       italienischer Ökonomen hinweggehen, die in mehr oder minder tref-
       fenden Einfällen  an die richtige Analyse der Ware anstreifen *),
       wenden wir  uns sofort zu dem ersten Briten, der das Gesamtsystem
       der bürgerlichen  Ökonomie bearbeitet  hat, zu Sir James Steuart.
       **) Wie  bei ihm die abstrakten Kategorien der politischen Ökono-
       mie noch im Prozeß der Scheidung von ihrem stofflichen Inhalt und
       daher verfließend  und schwankend  erscheinen, so die des Tausch-
       werts. An  einer Stelle  bestimmt er  den   r e a l e n   W e r t
       durch die  Arbeitszeit (what a workman can perform in a day 1*)),
       woneben aber  konfuserweise Salair  und  Rohmaterial  figurieren.
       ***) An  einer andern Stelle tritt das Ringen mit dem stofflichen
       Inhalt noch  schlagender hervor.  Er nennt das in einer Ware ent-
       haltene natürliche  Material,  z.B.  Silber  in  einem  silbernen
       Flechtwerk, ihren   i n n e r e n   W e r t   (intrinsic  worth),
       während  er  die  in  ihr  enthaltene  Arbeitszeit  ihren    G e-
       b r a u c h s w e r t  (useful value) nennt.
       
       "Der erste", sagt er, "ist etwas an sich selbst Reales... der Ge-
       brauchswert dagegen  muß geschätzt werden nach der Arbeit, die es
       gekostet hat,  ihn zu produzieren. Die Arbeit verwandt in der Mo-
       difikation des  Stoffes repräsentiert  eine Portion  von der Zeit
       eines Mannes etc." +)
       
       Was Steuart  vor seinen  Vorgängern und  Nachfolgern auszeichnet,
       ist die  scharfe Unterscheidung  zwischen der  spezifisch gesell-
       schaftlichen Arbeit,  die sich  im Tauschwert  darstellt, und der
       realen Arbeit, die Gebrauchswerte erzielt.
       ---
       *) Sieh z.B  Galiani, "Della Moneta", vol. III, in den "Scrittori
       classici  Italiani  di  Economia  Politica".  (Herausgegeben  von
       Custodi.) Parte  Moderna, Milano  1803. "Die Mühe" (fatica), sagt
       er, "ist  das einzige,  das dem  Ding Wert  gibt." p. 74. Die Be-
       zeichnung der Arbeit als fatica ist charakteristisch für den Süd-
       länder.
       **) Steuarts Werk  "An Inquiry  into the  principles of political
       oeconomy, being  an essay  on the  science of  domestic policy in
       free nations" erschien zuerst 1767 in zwei Quartbänden zu London,
       zehn Jahre  vor Adam Smiths "Wealth of Nations". Ich zitiere nach
       der Dubliner Ausgabe von 1770.
       ***) Steuart, l.c. t. I, p. 181-183.
       +) Steuart, l.c.  t. I,  p. 361/362:  "represents a  portion of a
       man's time".
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       1*) was ein Arbeiter in einem Tag herstellen kann
       
       #44# Karl Marx
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       "Die Arbeit",  sagt er,  «die durch ihre Entäußerung (alienation)
       ein allgemeines  Äquivalent schafft (universal equivalent), nenne
       ich Industrie."
       Die Arbeit  als Industrie  unterscheidet er nicht nur von der re-
       alen Arbeit, sondern von andern gesellschaftlichen Formen der Ar-
       beit. Sie ist ihm die bürgerliche Form der Arbeit im Gegensatz zu
       ihren antiken  und mittelalterlichen  Formen. Namentlich interes-
       siert ihn  der Gegensatz  von bürgerlicher  und feudaler  Arbeit,
       welche letztere  er in  der Phase  ihres  Unterganges  sowohl  in
       Schottland selbst,  als auch auf seinen ausgebreiteten Reisen auf
       dem Kontinent  beobachtet hatte.  Steuart  wußte  natürlich  sehr
       wohl, daß  das Produkt  auch in  vorbürgerlichen Epochen die Form
       der Ware  und die  Ware die Form des Geldes erhält, aber er weist
       ausführlich nach,  daß die  Ware als elementarische Grundform des
       Reichtums und die Entäußerung als die herrschende Form der Aneig-
       nung nur  der bürgerlichen Produktionsperiode angehören, also der
       Charakter der  Tauschwert setzenden  Arbeit spezifisch bürgerlich
       ist. *)
       Nachdem die  besondern Formen  der realen  Arbeit wie Agrikultur,
       Manufaktur, Schiffahrt,  Handel usw.  der Reihe  nach  als  wahre
       Quellen des  Reichtums behauptet  worden waren, proklamierte Adam
       Smith die  Arbeit überhaupt, und zwar in ihrer gesellschaftlichen
       Gesamtgestalt,   a l s   T e i l u n g   d e r  A r b e i t,  als
       die einzige  Quelle des stofflichen Reichtums oder der Gebrauchs-
       werte. Während  er hier das Naturelement gänzlich übersieht, ver-
       folgt es  ihn in die Sphäre des nur gesellschaftlichen Reichtums,
       des Tauschwerts. Adam bestimmt allerdings den Wert der Ware durch
       die in  ihr enthaltene  Arbeitszeit, verlegt dann aber wieder die
       Wirklichkeit dieser Wertbestimmung in die präadamitischen Zeiten.
       In andern  Worten, was  ihm wahr erscheint auf dem Standpunkt der
       einfachen Ware, wird ihm unklar, sobald an ihre Stelle die höhern
       und kompliziertem Formen von Kapital, Lohnarbeit, Grundrente usw.
       treten. Dies  drückt er  so aus, daß der Wert der Waren durch die
       in ihnen  enthaltene Arbeitszeit  gemessen wurde  in dem paradise
       lost 3*)  des Bürgertums, wo die Menschen sich noch nicht als Ka-
       pitalisten, Lohnarbeiter,
       ---
       *) Die patriarchalische, unmittelbar auf Schöpfung von Gebrauchs-
       werten für  den Besitzer des Landes gerichtete Agrikultur erklärt
       er daher  für einen  "Mißbrauch", zwar  nicht in  Sparta oder Rom
       oder selbst  in Athen, wohl aber in den industriellen Ländern des
       18.  Jahrhunderts.   Diese  "abusive  agriculture"  1*) sei  kein
       "trade" 2*), sondern "bloßes Subsistenzmittel". Wie die bürgerli-
       che Agrikultur  das Land  von überflüssigen  Mäulern, säubere die
       bürgerliche Manufaktur die Fabrik von überflüssigen Händen.
       -----
       1*) "mißbrauchte Landwirtschaft"  - 2*) Geschäft - 3*) verlorenen
       Paradies
       
       #45# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
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       Grundeigentümer, Pächter, Wucherer usw., sondern nur als einfache
       Warenproduzenten und  Warenaustauscher gegenübertraten.  Er  ver-
       wechselt beständig  die Bestimmung  des Werts der Waren durch die
       in ihnen  enthaltene Arbeitszeit  mit der  Bestimmung ihrer Werte
       durch den  Wert der  Arbeit, schwankt überall in der Detaildurch-
       führung und  versieht die  objektive Gleichung,  die der  Gesell-
       schaftsprozeß gewaltsam  zwischen den  ungleichen Arbeiten  voll-
       zieht, für  die subjektive 1*) Gleichberechtigung der individuel-
       len Arbeiten.  *) Den  Übergang aus  der wirklichen Arbeit in die
       Tauschwert setzende  Arbeit, d.h. die bürgerliche Arbeit in ihrer
       Grundform, sucht  er durch die  T e i l u n g  d e r  A r b e i t
       zu bewerkstelligen.  So richtig  es nun  ist, daß Privataustausch
       Teilung der  Arbeit, so falsch ist es, daß Teilung der Arbeit den
       Privataustausch voraussetzt. Unter den Peruanern z.B. war die Ar-
       beit außerordentlich geteilt, obgleich kein Privataustausch, kein
       Austausch der Produkte als Waren stattfand.
       Im Gegensatz zu Adam Smith arbeitete David Ricardo die Bestimmung
       des Werts  der Ware  durch die Arbeitszeit rein heraus und zeigt,
       daß dies Gesetz auch die ihm scheinbar widersprechendsten bürger-
       lichen Produktionsverhältnisse  beherrscht. Ricardos Untersuchun-
       gen beschränken  sich ausschließlich  auf die  W e r t g r ö ß e,
       und mit  Bezug auf  diese ahnt  er wenigstens, daß die Verwirkli-
       chung des  Gesetzes von  bestimmten historischen  Voraussetzungen
       abhängt. Er  sagt nämlich, daß die Bestimmung der Wertgröße durch
       die Arbeitszeit nur für die Waren gelte,
       
       "die durch  die Industrie beliebig vermehrt werden können und de-
       ren Produktion durch uneingeschränkte Konkurrenz beherrscht wird"
       **).
       ---
       *) So z.B.  sagt Adam Smith: "Gleiche Quantitäten der Arbeit müs-
       sen zu allen Zeiten und an allen Orten für den, welcher arbeitet,
       einen gleichen Wert haben. In seinem normalen Zustand von Gesund-
       heit, Kraft  und Tätigkeit, und mit dem Durchschnittsgrad von Ge-
       schicklichkeit, die  er besitzen  mag, muß  er immer die nämliche
       Portion seiner  Ruhe, Freiheit  und seines  Glücks geben. Welches
       also immer die Quantität von Waren sei, die er als Belohnung sei-
       ner Arbeit  erhält, der  Preis, den er zahlt, ist immer derselbe.
       Dieser Preis  kann zwar  bald eine  kleinere, bald  eine  größere
       Quantität dieser Waren kaufen, aber bloß, weil ihr Wert wechselt,
       nicht der Wert der Arbeit, der sie kauft. Die Arbeit allein wech-
       selt also  nie ihren eigenen Wert. Sie ist also der Realpreis der
       Waren etc." ["Wealth of Nations", b. I, ch. 5.]
       **) Ricardo, David,  "On the  principles of political economy and
       taxation", 3. Edition, London 1821, p. 3.
       -----
       1*) Im Handexemplar korrigiert; (1859) mit der subjektiven
       
       #46# Karl Marx
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       Es heißt  dies in der Tat nur, da das Gesetz des Wertes zu seiner
       völligen Entwicklung  die Gesellschaft  der großen  industriellen
       Produktion und  der freien Konkurrenz, d.h. die moderne bürgerli-
       che Gesellschaft  voraussetze. Im  übrigen betrachtet Ricardo die
       bürgerliche Form  der Arbeit  als die ewige Naturform der gesell-
       schaftlichen Arbeit. Den Urfischer und den Urjäger läßt er sofort
       als Warenbesitzer  Fisch und  Wild austauschen, im Verhältnis der
       in diesen Tauschwerten vergegenständlichten Arbeitszeit. Bei die-
       ser Gelegenheit  fällt er in den Anachronismus, daß Urfischer und
       Urjäger zur  Berechnung ihrer Arbeitsinstrumente die 1817 auf der
       Londoner Börse  gangbaren Annuitätentabellen  zu Rate ziehen. Die
       "Parallelogramme  des  Herrn  Owen"  [10]  scheinen  die  einzige
       Gesellschaftsform, die er außer der bürgerlichen kannte. Obgleich
       umfangen von  diesem bürgerlichen  Horizont, zerlegt  Ricardo die
       bürgerliche Ökonomie,  die in der Tiefe ganz anders aussieht, als
       sie auf  der Oberfläche scheint, mit solch theoretischer Schärfe,
       daß Lord Brougham von ihm sagen konnte [11]:
       
       "Mr. Ricardo  seemed as  if he had dropped from an other planet."
       1*)
       
       In direkter  Polemik mit Ricardo betonte Sismondi sowohl den spe-
       zifisch gesellschaftlichen Charakter der Tauschwert setzenden Ar-
       beit *),  wie er  es als  "Charakter unseres  ökonomischen  Fort-
       schritts" bezeichnet, die Wertgröße auf  n o t w e n d i g e  Ar-
       beitszeit zu reduzieren, auf
       
       "das Verhältnis  zwischen dem  Bedürfnis der  ganzen Gesellschaft
       und der  Quantität Arbeit,  die hinreicht,  dies Bedürfnis zu be-
       friedigen" **).
       Sismondi ist  nicht mehr befangen in Boisguilleberts Vorstellung,
       daß die  Tauschwert setzende  Arbeit durch  das  Geld  verfälscht
       werde, aber  wie Boisguillebert das Geld, denunziert er das große
       industrielle Kapital.  Wenn in  Ricardo die  politische  Ökonomie
       rücksichtslos ihre  letzte Konsequenz zieht und damit abschließt,
       ergänzt Sismondi  diesen Abschluß, indem er ihren Zweifel an sich
       selbst darstellt.
       Da Ricardo als Vollender der klassischen politischen Ökonomie die
       Bestimmung des Tauschwerts durch die Arbeitszeit am reinsten for-
       muliert und  entwickelt hat,  konzentriert sich auf ihn natürlich
       die von ökonomischer Seite
       ---
       *) Sismondi, "Etudes sur l'économie politique", tom II, Bruxelles
       1838. "Es  ist der  Gegensatz zwischen  dem Gebrauchswert und dem
       Tauschwert, worauf der Handel die ganze Sache zurückgeführt hat."
       p. 162.
       **) Sismondi, l.c. p. 163-166 seq.
       -----
       1*) "Herr Ricardo  erscheint, als wäre er von einem andern Plane-
       ten heruntergefallen."
       
       #47# Zur Kritik der Politischen Ökonomie - Erstes Kapitel
       -----
       erhobene Polemik.  Wird dieser  Polemik die großenteils läppische
       *) Form abgestreift, so faßt sie sich zusammen in folgenden Punk-
       ten:
       E r s t e n s:  Die Arbeit selbst hat Tauschwert und verschiedene
       Arbeiten haben  verschiedenen Tauschwert. Es ist ein fehlerhafter
       Zirkel, Tauschwert  zum Maß von Tauschwert zu machen, da der mes-
       sende Tauschwert  selbst wieder  des Maßes bedarf. Dieser Einwand
       löst sich  auf in das Problem: die Arbeitszeit als immanentes Maß
       des Tauschwerts  gegeben, auf dieser Grundlage den Arbeitslohn zu
       entwickeln. Die Lehre von der Lohnarbeit gibt die Antwort.
       Z w e i t e n s:   Wenn der  Tauschwert eines Produkts gleich ist
       der in  ihm enthaltenen Arbeitszeit, ist der Tauschwert eines Ar-
       beitstages gleich  seinem Produkt.  Oder der  Arbeitslohn muß dem
       Produkt der  Arbeit gleich  sein. **)  Nun ist  das Gegenteil der
       Fall. Ergo.  Dieser Einwand  löst sich  auf in  das Problem:  Wie
       führt Produktion auf Basis des durch bloße Arbeitszeit bestimmten
       Tauschwerts zum  Resultat, daß  der Tauschwert der Arbeit kleiner
       ist als  der Tauschwert ihres Produkts? Dies Problem lösen wir in
       der Betrachtung des Kapitals.
       D r i t t e n s:   Der Marktpreis  der  Waren  fällt  unter  oder
       steigt über  ihren Tauschwert  mit dem wechselnden Verhältnis von
       Nachfrage und  Zufuhr. Der  Tauschwert der  Waren ist   d a h e r
       durch das  Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr bestimmt und nicht
       durch die in ihnen enthaltene Arbeitszeit. In der
       ---
       *) Am läppischsten  wohl in  den Annotationen  von J.-B.  Say zur
       französischen Übersetzung  Ricardos von  Constancio und am pedan-
       tisch  anmaßlichsten  in  der  neulich  erschienenen  "Theory  of
       Exchanges" [12], London 1858, des Herrn Macleod.
       **) Dieser von bürgerlich-ökonomischer Seite gegen Ricardo beige-
       brachte Einwand  ward später von sozialistischer Seite aufgegrif-
       fen. Die theoretische Richtigkeit der Formel vorausgesetzt, wurde
       die Praxis  des Widerspruchs gegen die Theorie bezichtigt und die
       bürgerliche  Gesellschaft  angegangen,  praktisch  die  vermeinte
       Konsequenz ihres  theoretischen Prinzips  zu  ziehen.  In  dieser
       Weise wenigstens  kehrten englische  Sozialisten die  Ricardosche
       Formel des  Tauschwerts  gegen  die  politische  Ökonomie.  Herrn
       Proudhon blieb es vorbehalten, nicht nur das Grundprinzip der al-
       ten als  Prinzip einer  neuen Gesellschaft, sondern zugleich sich
       als den  Erfinder der  Formel zu verkünden, worin Ricardo das Ge-
       samtergebnis der  klassischen englischen  Ökonomie zusammengefaßt
       hat. Es  ist bewiesen  worden, daß selbst die utopistische Ausle-
       gung der  Ricardoschen Formel in England bereits verschollen war,
       als Herr  Proudhon sie  jenseits des  Kanals  "entdeckte".  (Vgl.
       meine Schrift:  "Misere de  la philosophie etc.", Paris 1847, den
       Paragraph über la valeur constituée 1*)).
       -----
       1*) Siehe Band 4 unserer Ausgabe, S. 77-105
       
       #48# Karl Marx
       -----
       Tat wird  in diesem  sonderbaren Schlüsse nur die Frage aufgewor-
       fen, wie sich auf Grundlage des Tauschwerts ein von ihm verschie-
       dener Marktpreis  entwickelt oder  richtiger, wie  das Gesetz des
       Tauschwerts nur  in seinem  eignen Gegenteil  sich  verwirklicht.
       Dies Problem wird gelöst in der Lehre von der Konkurrenz.
       V i e r t e n s:  Der letzte Widerspruch und der scheinbar schla-
       gendste, wenn  er nicht  wie gewöhnlich  in der Form wunderlicher
       Exempel vorgebracht  wird: Wenn der Tauschwert nichts ist als die
       in einer Ware enthaltene Arbeitszeit, wie können Waren, die keine
       Arbeit enthalten, Tauschwert besitzen, oder in andern Worten, wo-
       her der  Tauschwert bloßer  Naturkräfte? Dies Problem wird gelöst
       in der Lehre von der Grundrente.

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