Quelle: Januar 1890 - August 1895


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       [Den österreichischen Arbeitern zum 1. Mai 1893 [350]]
       
       London. Ich  bin aufgefordert worden, an die österreichischen Ge-
       nossen ein  paar Worte  in ihrer  Maifestzeitung zu  richten. Was
       kann ich  ihnen sagen?  Wie man  einen ersten Mai feiern muß, das
       wissen sie  besser als ich. Das haben sie von Anfang an bewiesen.
       Von 1890  an haben die österreichischen Arbeiter ihren Brüdern in
       allen anderen  Ländern Jahr  für Jahr  gezeigt, was eine richtige
       Maifeier im  Sinne des Proletariats ist. Nirgendwo hat man es ih-
       nen gleichmachen oder nur nachmachen können.
       In der  Tat hat  die Feier des ersten Mai in Österreich eine weit
       größere Bedeutung  als anderswo.  In Deutschland  konnte man 1890
       auf die  eben vollzogenen Reichstagswahlen verweisen, die eine so
       großartige Revue  der deutschen streitbaren Arbeiterklasse waren,
       daß jede Maifeier daneben blaß erschien. In Frankreich fielen auf
       den ersten  Mai 1892  die nach allgemeinem Stimmrecht erfolgenden
       Gemeindewahlen, die  den Arbeitern ebenfalls gewaltige Siege ein-
       brachten [351];  da galt es, am ersten Mai für die Sache des Pro-
       letariats zu  arbeiten, nicht zu feiern. Aber in Österreich haben
       die Arbeiter noch kein Stimmrecht, und wie es mit ihrer Preßfrei-
       heit und  ihrem Vereins- und Versammlungsrecht steht, darüber er-
       teilt Auskunft  auf Befragen  im  Reichsrat  Herr  Ministerialrat
       Freiherr von  Czapka. [352]  Und darum haben die österreichischen
       Arbeiter recht  und immer  recht, wenn  sie unter allen Umständen
       auf ihrer streng durchgeführten Maifeier bestehen. Für die Arbei-
       ter anderer Länder ist diese Feier eine vorwiegend internationale
       Angelegenheit; es kann daher vorkommen, daß sie wegen eigentümli-
       cher inländischer  Umstände in die zweite Linie zurücktreten muß.
       Für die  Österreicher ist sie nicht nur eine internationale, son-
       dern auch, und vielleicht vorwiegend, eine inländische Angelegen-
       heit, und darum steht sie bei ihnen unbedingt und immer in erster
       Linie.
       Möge sie auch dies Jahr so brillant verlaufen wie bisher.
       Geschrieben März/Anfang April 1893.
       Nach der Maifestschrift des Verlags
       der "Arbeiter-Zeitung" Wien, 1893.

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