Quelle: MEW 23 Das Kapital - Erster Band
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#371# 12. Kapitel - Teilung der Arbeit und Manufaktur
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4. Teilung der Arbeit innerhalb der Manufaktur und Teilung der
Arbeit innerhalb der Gesellschaft
Wir betrachteten erst den Ursprung der Manufaktur, dann ihre ein-
fachen Elemente, den Teilarbeiter und sein Werkzeug, endlich ih-
ren Gesamtmechanismus. Wir berühren jetzt kurz das Verhältnis
zwischen der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit und der gesell-
schaftlichen Teilung der Arbeit, welche die allgemeine Grundlage
aller Warenproduktion bildet. Hält man nur die Arbeit selbst im
Auge, so kann im die Trennung der gesellschaftlichen Produktion
in ihre großen Gattungen, wie Agrikultur, Industrie usw., als
Teilung der Arbeit im allgemeinen, die Sonderung dieser Produkti-
onsgattungen in Arten und Unterarten als Teilung der Arbeit im
besondren, und die Teilung der Arbeit innerhalb einer Werk statt
als Teilung der Arbeit im einzelnen bezeichnen. 50)
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50) "Die Teilung der Arbeit geht von der Trennung der verschie-
denartigsten Professionen fort bis zu jener Teilung, wo mehrere
Arbeiter sich in die Anfertigung eines und desselben Produkts
teilen, wie in der Manufaktur." (Storch, "Cours d'Écon. Pol.",
Pariser Ausgabe, t.I,p. 173.) wir begegnen bei den Völkern, die
eine ge Stufe der
#372# IV. Abschnitt - Die Produktion des relativen Mehrwerts
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Die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft und die ent-
sprechende Beschränkung der Individuen auf besondre Berufssphären
entwickelt sich, wie die Teilung der Arbeit innerhalb der Manu-
faktur, von entgegengesetzten Ausgangspunkten. Innerhalb einer
Familie 50a), weiter entwickelt eines Stammes, entspringt eine
naturwüchsige Teilung der Arbeit aus den Geschlechts- und Alters-
verschiedenheiten, also auf rein physiologischer Grundlage, die
mit der Ausdehnung des Gemeinwesens, der Zunahme der Bevölkexung
und namentlich dem Konflikt zwischen verschiednen Stämmen und der
Unterjochung eines Stamms durch den andren ihr Material auswei-
tet. Andrerseits, wie ich früher bemerkt 1*), entspringt der Pro-
duktenaustausch an den Punkten, wo verschiedne Familien, Stämme,
Gemeinwesen in Kontakt kommen, denn nicht Privatpersonen, sondern
Familien, Stämme usw. treten sich in den Anfängen der Kultur
selbständig gegenüber. Verschiedne Gemeinwesen finden verschiedne
Produktionsmittel und verschiedne Lebensmittel in ihrer Naturum-
gebung vor. Ihre Produktionsweise, Lebensweise und Produkte sind
daher verschieden. Es ist diese naturwüchsige Verschiedenheit,
die bei dem Kontakt der Gemeinwesen den Austausch der wechselsei-
tigen Produkte und daher die allmähliche Verwandlung dieser Pro-
dukte in Waren hervorruft. Der Austausch schafft nicht den Unter-
schied der Produktionssphären, sondern setzt die unterschiednen
in Beziehung und verwandelt sie so in mehr oder minder voneinan-
der abhängige Zweige einer gesellschaftlichen Gesamtproduktion.
Hier entsteht die gesellschaftliche Teilung der Arbeit
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Zivilisation erreicht haben, drei Arten von Arteüung: die erste,
die wir die allgemeine nennen, führt die Scheidung der Produzen-
ten in Landwirte, Gewerbetreibende und Kaufleute herbei, sie ent-
spricht den drei Hauptzweigen der nationalen Arbeit; die zweite,
die man die besondere nennen könnte, ist die Teilung jedes Ar-
beitszweigs in Arten... die dritte Arbeitsteilung endlich, die
man als Teilung der Arbeitsverrichtung oder als Arbeitsteilung im
eigentlichen Sinne bezeichnen sollte, ist diejenige, die sich in
den einzelnen Handwerken und Berufen herausbildet... und in den
meisten Manufen und Werkstätten Fuß faßt." (Skarbek, l.c.p. 84,
85.)
50a) {Note zur 3. Aufl. - Spätere sehr gründliche Studien der
menschlichen Urzustände führten den Verfasser zum Ergebnis, daß
ursprünglich nicht die Familie sich zum Stamm ausgebildet, son-
dern umgekehrt, der Stamm die ursprüngiiche naturwüchsige Form
der auf Blutsverwandtschaft beruhenden menschlichen Vergesell-
schaftung war, so daß aus der beginnenden Auflösung der Stammes-
bande erst später die vielfach verschiednen Formen der Familie
sich entwickelten. - F.E.}
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1*) Siehe vorl. Band, S. 102
#373# 12. Kapitel - Teilung der Arbeit und Manufaktur
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durch den Austausch ursprünglich verschiedner, aber voneinander
unabhängiger Produktionssphären. Dort, wo die physiologische Tei-
lung der Arbeit den Ausgangspunkt bildet, lösen sich die besond-
ren Organe eines unmittelbar zusammengehörigen Ganzen voneinander
ab, zersetzen sich, zu welchem Zersetzungsprozeß der Warenaus-
tausch mit fremden Gemeinwesen den Hauptanstoß gibt, und verselb-
ständigen sich bis zu dem Punkt, wo der Zusammenhang der ver-
schiednen Arbeiten durch den Austausch der Produkte als Waren
vermittelt wird. Es ist in dem einen Fall Verunselbständigung der
früher Selbständigen, in dem andren Verselbstindigung der früher
Unselbständigen.
Die Grundlage aller entwickelten und durch Warenaustausch vermit-
teln ten Teilung der Arbeit ist die Scheidung von Stadt und Land.
51) Man kann sagen, daß die ganze ökonomische Geschichte der Ge-
sellschaft sich in der Bewegung dieses Gegensatzes resümiert, auf
den wir jedoch hier nicht weiter eingehn. Wie für die Teilung der
Arbeit innerhalb der Manufaktur eine gewisse Anzahl gleichzeitig
angewandter Arbeiter die materielle Voraussetzung bildet, so für
die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft die Größe der
Bevölkerung und ihre Dichtigkeit, die hier an die Stelle der Ag-
glome ration in derselben Werkstatt tritt. 52) Indes ist diese
Dichtigkeit etwas Relatives. Ein relativ spärlich bevölkertes
Land mit entwickelten Kommunikationsmitteln besitzt eine dichtere
Bevölkerung als ein mehr bevölkertes Land mit unentwickelten Kom-
munikationsmitteln, und in dieser Art sind z.B. die nördlichen
Staaten der amerikanischen Union dichter bevölkert als Indien.
53)
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51) Sir James Steuart hat diesen Punkt am besten behandelt. Wie
wenig sein Werk, welches 10 Jahre vor dem "Wealth of Nations" er-
schien, heutzutage bekannt ist, sieht man u.a. daraus, daß die
Bewundrer des Malthus nicht einmal wissen, daß dieser in der er-
sten Ausgabe seiner Schrift über die "Population", vom rein de-
klamatorischen Teil abgesehn, neben den Pfaffen Wallace und Town-
send fast nur den Steuart abschreibt.
62) Es gibt eine gewisse Bevölkerungsdichte, die zweckdienlich
ist, sowohl für den gesellschaftlichen Verkehr als auch für jenes
Zusammenwirken der Kräfte, durch das der Ertrag der Arbeit ge-
steigert wird." (James Mill, l.c.p. 50.) Wenn die Zahl der Arbei-
ter wächst, steigt die Produktivkraft der Gesellschaft im glei-
chen Verhältnis zu diesem Wachstum, multipliziert mit der Wirkung
der Arbeitsteilung." (Th. Hodgskin, l.c.p. 120.)
53) Infolge der großen Baumwollnachfrage seit 1861 wurde in eini-
gen sonst zahlreich bevölkerten Distrikten Ostindiens die Baum-
wollproduktion auf Kosten der Reisproduktion
#374# IV. Abschnitt - Die Produktion des relativen Mehrwerts
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Da Warenproduktion und Warenzirkulation die allgemeine Vprausset-
zung der kapitalistischen Produktionsweise, erheischt manufaktur-
mäßige Teilung der Arbeit eine schon bis zu gewissem Entwick-
lungsgrad gereifte Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft.
Umgekehrt entwickelt und vervielfältigt die manufakturmäßige Tei-
lung der Arbeit rückwirkend jene gesellschaftliche Teilung der
Arbeit. Mit der Differenzierung der Arbeitsinstrumente differen-
zieren sich mehr und mehr die Gewerbe, welche diese Instrumente
produzieren. 54) Ergreift der manufakturmäßige Betrieb ein Ge-
werb, das bisher als Haupt- oder Nebengewerb mit andren enhing
und von demselben Produzenten ausgeführt wurde, so findet sofort
Scheidung und gegenseitige Verselbständigung statt. Ergreift er
eine besondre Produktionsstufe einer Ware, so verwandeln sich
ihre verschiednen Produktionsstufen in verschiedne unabhängige
Gewerbe. Es ward bereits angedeutet, daß, wo das Machwerk ein
bloß mechanisch zu sammengesetztes Ganze von Teilprodukten, die
Teilarbeiten sich selbst wieder zu eignen Handwerken verselbstän-
digen können. Um die Teilung der Arbeit vollkommner innerhalb ei-
ner Manufaktur auszuführen, wird derselbe Produktionszweig, je
nach der Verschiedenheit seiner Rohstoffe oder der verschiednen
Formen, die derselbe Rohstoff erhalten kann, in verschiedne, zum
Teil ganz neue Manufakturen gespaltet. So wurden bereits in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frankreich allein über 100
verschiedenartige Seidenzeuge gewebt, und in Avignon z.B. war es
Gesetz, daß "jeder Lehrling sich immer nur einer Fahrikationsart
widmen und nicht die Verfertigung mehrerer Zeugarten zugleich
lernen durfte". Die territoriale Teilung der Arbeit, welche be-
sondre Produktionszweige an besondre Distrikte eines Landes
bannt, erhält neuen Anstoß durch den manufakturmäßigen Betrieb,
der alle Besonderheiten ausbeutet. 55) Reiches Material zur Tei-
lung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft liefert der
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ausgedehnt. Es entstand daher partielle Hungersnot, weil wegen
mangelnder Kommunikationsmittel und daher mangelnden physischen
Zusammenhangs der Reisausfall in einem Distrikt nicht durch Zu-
fuhr aus andren Distrikten ausgeglichen werden konnte.
54) So bildete die Fabrikation der Weberschiffchen schon während
des 17. Jahrhunderts einen besondren Industriezweig in Holland.
55) "Ist nicht die Wollmanufaktur Englands in verschiedene Teile
oder Zweige geschieden, die sich an besonderen Orten festgesetzt
haben, wo sie allein oder hauptsächlich hergestellt werden; feine
Tuche in Somersetshire, grobe in Yorkshire, doppelbreite in Exe-
ter, Seide in Sudbury, Krepps in Norwich, Halbwollstoffe in Ken-
dal, Decken in Whitney usw.!" (Berkeley, "The Querist", 1750, §
520.)
#375# 12. Kapitel - Teilung der Arbeit und Manufaktur
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Manufakturiode die Erweiterung des Weltmarkts und das Kolonialsy-
stem, die zum Umkreis ihrer allgemeinen Existenzbedingungen gehö-
ren. Es ist hier nicht der Ort, weiter nachzuweisen, wie sie ne-
ben der ökonomischen jede andre Sphäre der Gesellschaft ergreift
und überall die Grundlage zu jener Ausbildung des Fachwesens, der
Spezialitäten, und einer Parzellierung des Menschen legt, die
schon A. Ferguson, den Lehrer A. Smiths, in den Ausruf ausbrechen
ließ: "Wir machen eine Nation von Heloten, und es gibt keine
Freien unter uns." 56)
Trotz der zahlreichen Analogien jedoch und der Zusammenhänge zwi-
schen der Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft und der
Teilung innerhalb einer Werkstatt sind beide nicht nur graduell,
sondern wesentlich unterschieden. Am schlagendsten scheint die
Analogie unstreitig, wo ein innres Band verschiedne Geschäfts-
zweige verschlingt. Der Viehzüchter z.B. produziert Häute, der
Gerber verwandelt die Häute in Leder, der Schuster das Leder in
Stiefel. jeder produziert hier ein Stufenprodukt, und die letzte
fertige Gestalt ist das kombinierte Produkt ihrer Sonderarbeiten.
Es kommen hinzu die mannigfachen Arbeitszweige, die dem Viehzüch-
ter, Gerber, Schuster Produktionsmittel liefern. Man kann sich
nun mit A. Smith einbilden, diese gesellschaftliche Teilung der
Arbeit unterscheide sich von der manufakturmäßigen nur subjektiv,
nämlich für den Beobachter, der hier die mannigfachen Teilarbei-
ten auf einen Blick räumlich zusammensieht, während dort ihre
Zerstreuung über große Flächen und die große Zahl der in jedem
Sonderzweig Beschäftigten den Zusammenhang verdunkeln. 57) Was
aber stellt den Zusammenhang her
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56) A. Ferguson, "History of Civil Society", Edinb. 1767, part
IV, sect. II, p. 285.
57) In den eigentlichen Manufakturen, sagt er, scheint die Tei-
lung der Arbeit größer, weil die in jedem einzelnen Arbeitszweig
Beschäftigten oft in einem Arbeitshaus zusammmen sein und vom Be-
obachter mit einem Blick übersehen werden können. In jenen großen
Manufakturen (!) dagegen, welche dazu bestimmt sind, die Hauptbe-
dürfnisse der großen Masse der Bevölkerung zu befriedigen, sind
in jedem einzelnen Arbeitszweig so viele Arbeiter beschäftigt,
daß man sie unmöglich in einem Arbeitshaus zusammenbringen
kann... die Teilung ist nicht annähernd so offensichtlich." (A.
Smith, "Wealth of Nations", b.I, ch.I.) Der berühmte Passus in
demselben Kapitel, der mit den Worten beginnt: Man betrachte die
Habe des gewöhnlichsten Handwerkers oder Tagelöhners in einem zi-
vilisierten und blühenden Lande usw." und dann weiter ausmalt,
wie zahllos mannigfaltige Gewerbe zur Befriedigung der Bedürf-
nisse eines gewöhnlichen Arbeiters zusammenwirken, ist ziemlich
wörtlich kopiert aus B. de Mandevilles Remarks zu seiner Fable of
the Bees, or, Private Vices, Publick Beneßts." (Erste Ausgabe
ohne Remarks 1705, mit den Remarks 1714.)
#376# IV. Abschnitt - Die Produktion des relativen Mehrwerts
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zwischen den unabhängigen Arbeiten von Viehzüchter, Gerber, Schu-
ster? Das Dasein ihrer respektiven Produkte als Waren. Was cha-
rakterisiert dagegen die manufakturmäßige Teilung der Arbeit? Daß
der Teilarbeiter keine Ware produziert. 58) Erst das gemeinsame
Produkt der Teilarbeiter verwandelt sich in Ware. 58a) Die Tei-
lung der Arbeit im Innern der Gesellschaft ist vermittelt durch
den Kauf und Verkauf der Produkte verschiedner Arbeitszweige, der
Zusammenhang der Teilarbeiten in der Manufaktur durch den Verkauf
verschiedner Arbeitskräfte an denselben Kapitalisten, der sie als
kombinierte Arbeitskraft verwendet. Die manufakturmäßige Teilung
der Arbeit unterstellt Konzentration der Produktionsmittel in der
Hand eines Kapitalisten, die gesellschaftliche Teilung der Arbeit
Zersplitterung der Produktionsmittel unter viele voneinander un-
abhängige Warenproduzenten. Statt daß in der Manufaktur das
eherne Gesetz der Verhältniszahl oder Proportionalität bestimmte
Arbeitermassen unter bestimmte Funktionen subsumiert, treiben Zu-
fall und Willkür ihr buntes Spiel in der Verteilung der Warenpro-
duzenten und ihrer Produktionsmittel unter die verschiednen ge-
sellschaftlichen Arbeitszweige. Zwar suchen sich die verschiednen
Produktionssphären beständig ins Gleichgewicht zu setzen, indem
einerseits jeder Warenproduzent einen Gebrauchswert produzieren,
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58) "Es gibt aber nichts mehr, was man als den natürlichen Lohn
der Arbeit eines einzelnen bezeichnen könnte. Jeder Arbeiter er-
zeugt nur einen Teil eines Ganzen, und da jeder Teil für sich al-
lein ohne Wert oder Nutzen ist, gibt es nichts, was der Arbeiter
nehmen und wovon er sagen könnte: Das ist mein Erzeugnis, das
will ich für mich behalten." ("Labour dfended against the claims
of Capital", Lond. 1825, p. 25.) Der Verfasser dieser vorzügli-
chen Schrift ist der früher zitierte Th. Hodgskin.
58a) Note zur 2. Ausgabe. Dieser Unterschied zwischen gesell-
schaftlicher und manufakturmäßiger Teilung der Arbeit wurde den
Yankees praktisch illustriert. Eine der während des Bürgerkriegs
zu Washington neu ausgeheckten Steuern war die Akzise von 6% auf
"alle industriellen Produkte". Frage: Was ist ein industrielles
Produkt? Antwort des Gesetzgebers: Ein Ding ist produziert, "wenn
es gemacht ist" (when it is made), und es ist gemacht, wenn für
den Verkauf fertig. Nun ein Beispiel aus vielen. Manufakturen zu
New York und Philadelphia hatten er Regenschirme mit allem Zube-
hör "gemacht". Da ein Regenschirm aber ein Mixtum compositum ganz
heterogener Bestandteile, wurden letzrte nach und nach zu Mach-
werken unabhängig voneinander und an verschiednen Orten betrieb-
ner Geschäftszweige. Ihre Teilprodukte gingen nun als selbstän-
dige Waren ein in die Regenschinn-Manufaktur, welche sie nur noch
in ein Ganzes zusammensetzt. Die Yankees haben derartige Artikel
"assembled articles" (versammelte Artikel) getauft, was sie na-
mentlich verdienten als Sammelplätze von Steuern. So
"versammelte" der Regenschirm erstens 6% Akzise auf den Preis je-
des seiner Elemente und hinwiederum 6% auf seinen eignen Gesamt-
preis.
#377# 12. Kapitel - Teilung der Arbeit und Manufaktur
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also ein besondres gesellschaftliches Bedürfnis befriedigen muß,
der Umfang dieser Bedürfnisse aber quantitativ verschieden ist
und ein innres Band die verschiednen Bedürfnismassen zu einem na-
turwüchsigen System ve)rkettet; indem anctrerseits das Wertgesetz
der Waren bestimmt, wieviel die Gesellschaft von ihrer ganzen
disponiblen Arbeitszeit auf die Produktion Jeder besondren Waren-
art verausgaben kann. Aber diese beständige Tendenz der ver-
schiednen Produktionssphären, sich ins Gleichgewicht zu setzen,
betätigt sich nur als Reaktion gegen die beständige Aufhebung
dieses Gleichgewichts. Die bei der Teilung der Arbeit im Innern
der Werkstatt a priori und planmäßig befolgte Regel wirkt bei der
Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft nur a posteriori
als innre, stumme, im Barometerwechsel der Marktpreise wahrnehm-
bare, die regellose Willkür der Warenproduzenten überwältigende
Naturnotwendigkeit. Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit un-
terstellt die unbedingte Autorität des Kapitalisten über Men-
schen, die bloße Glieder eines ihm gehörigen Gesamtmechanismus
bilden; die gesellschaftliche Teilung der Arbeit stellt unabhän-
gige Warenproduzenten einander gegenüber, die keine andre Autori-
tät aner kennen als die der Konkurrenz, den Zwang, den der Druck
ihrer wechseln seitigen Interessen auf sie ausübt, wie auch im
Tierreich das bellum omnium contra omnes [104] die Existenzbedin-
gungen aller Arten mehr oder minder erhält. Dasselbe bürgerliche
Bewußtsein, das die manufakturmäßige Teilung der Arbeit, die le-
benslängliche Annexation des Arbeiters an eine Detailverrichtung
und die unbedingte Unterordnung der Teilarbeiter unter das Kapi-
tal als eine Organisation der Arbeit feiert, welche ihre Produk-
tivkraft steigre, denunziert daher ebenso laut jede bewußte ge-
sellschaftliche Kontrolle und Reglung des gesellschaftlichen Pro-
duktionsprozesses als einen Eingriff in die unverletzlichen Ei-
gentumsrechte, Freiheit und sich selbst bestimmende "Genialität"
des individuellen Kapitalisten. Es ist sehr charakteristisch, daß
die begeisterten Apologeten des Fabriksystems nichts Ärgres gegen
jede allgemeine Organisation der gesellschaftlichen Arbeit zu sa-
gen wissen, als daß sie die ganze Gesellschaft in eine Fabrik
verwandeln würde.
Wenn die Anarchie der gesellschaftlichen und die Despotie der ma-
nufakturmäßigen Arbeitsteilung einander in der Gesellschaft der
kapitalistischen Produktionsweise bedingen, bieten dagegen frü-
here Gesellschaftsformen, worin die Besonderung der Gewerbe sich
naturwüchsig entwickelt, dann kristallisiert und endlich gesetz-
lich befestigt hat, einerseits das Bild einer plan- und autori-
tätsmäßigen Organisation der gesellschaftlichen Arbeit, während
sie anderseits die Teilung der Arbeit innerhalb der
#378# IV. Abschnitt - Die Produktion den relativen Mehrwerts
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Werkstatt ganz ausschließen oder nur auf einem Zwergstab oder nur
sporadisch und zufällig entwickeln. 59)
Jene uraltertümlichen, kleinen indischen Gemeinwesen z.B., die
zum Teil noch fortexistieren, beruhn auf gemeinschaftlichem Be-
sitz des Grund und Bodens, auf unttelbairer Verbindung von Agri-
kultur und Handwerk und auf einer festen Teilung der Arbeit, die
bei Anlage neuer Gemeinwesen als gegebner Plan und Grundriß
dient. Sie bilden sich selbst genügende Produktionsganze, deren
Produktionsgebiet von 100 bis auf einige 1000 Acres wechselt. Die
Hauptmasse der Produkte wird für den unmittelbaren Selbstbedarf
der Gemeinde produziert. nicht als Ware, und die Produktion
selbst ist daher unabhängig von der durch Warenaustausch vermit-
telten Teilung der Arbeit im großen und ganzen der indischen Ge-
sellschaft. Nur der Überschuß der Produkte verwandelt sich in
Ware, zum Teil selbst wieder erst in der Hand des Staats, dem ein
bestimmtes Quantum seit undenkfichen Zeiten als Naturalrente zu-
ßießt. Verschiedne Teile Indiens besitzen verschiedne Formen des
Gemeinwesens. In der einfachsten Form bebaut die Gemeinde das
Land gemeinschaftlich und verteilt seine Produkte unter ihre
Glieder, während jede Familie Spinnen, Weben usw. als häusliches
Nebengewerb treibt. Neben dieser gleichartig beschäftigten Masse
finden wir den Haupteinwohner, Richter, Polizei und Steuereinneh-
mer in einer Person; den Buchhalter, der die Rechnung über den
Ackerbau führt und alles darauf Bezügliche katastriert und regi-
striert; einen dritten Beamten, der Verbrecher verfolgt und
fremde Reisende beschützt und von einem Dorf zum andren geleitet;
den Grenzmann, der die Grenzen der Gemeinde gegen die Nachbare-
meinden bewacht; den Wasseraufseher, der das Wasser aus den ge-
meinschaftlichen Wasserbehältem zu Ackerbauzwecken verteilt; den
Braminen, der die Funktionen des religiösen Kultus verrichtet;
den Schulmeister, der die Gemeindekinder im Sand schreiben und
lesen lehrt; den Kalenderbraminen, der als Astrolog die Zeiten
für Saat, Ernte und die guten und bösen Stunden für alle besond-
ren Ackerbauarbeiten bt; einen Schmied und
---
59) "Man kann als allgemeine Regel aufstellen: Je weniger die Au-
torität der Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft vor-
steht, desto mehr entwickelt sich die Arbeitsteilung im Innern
der Werkstatt und um so mehr ist sie der Autorität eines einzel-
nen unterworfen. Danach steht die Autorität in der Werkstatt und
die in der Gesellschaft in bezug auf die Arbeitsteilung, im umge-
kehrten Verhältnis zueinander." (Karl Marx, l.c.p. 130, 131 1*).)
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1*) Siehe Band 4 unserer Ausgabe, S. 151
#379# 12. Kapitel. Teilung der Arbeit und Manufaktur
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einen Zimmermann, welche alle Ackerbauwerkzeuge verfertigen und
ausbessern; den Töpfer, der alle Gefäße für das Dorf macht, den
Barbier, den Wäscher für die Reinigung der Kleider, den Silber-
schmied, hier und da den Poeten, der in einigen Gemeinden den
Silberschmied, in andren den Schulmeister ersetzt. Dies Dutzend
Personen wird auf Kosten der ganzen Gemeinde erhalten. Wächst die
Bevölkerung, so wird eine neue Gemeinde nach dem Muster der alten
auf unbebautem Boden angesiedelt. Der Gemeindemechanismus zeigt
planmäßige Teilung der Arbeit, aber ihre marrufakturmäßige Tei-
lung ist unmöglich, indem der Markt für Schmied, Zimmermann usw.
unverändert bleibt und höchstens, je nach dem Größenunterschied
der Dörfer, statt eines Schmieds, Töpfers usw. ihrer zwei oder
drei vorkommen. 60) Das Gesetz, das die Teilung der Gemeindear-
beit regelt, wirkt hier mit der unverbrüchlichen Autorität eines
Naturgesetzes, während jeder besondre Handwerker, wie Schmied
usw., nach überlieferter Art, aber selbständig und ohne Anerken-
nung irgendeiner Autorität in seiner Werkstatt, alle zu seinem
Fach gehörigen Operationen verrichtet. Der einfache produktive
Organismus dieser selbstgenügenden Gemeinwesen, die sich bestän-
dig in derselben Form reproduzieren und, wenn zufällig zerstört,
an demselben, mit demselben Namen, wieder aufbauen 61), liefert
den Schlüssel zum Geheimnis der Unveränderlichkeit asiatischer
Gesellschaften, so auffallend kontrastiert durch die beständige
Auflösung und Neubildung asiatischer Staaten und rastlosen Dyna-
stenwechsel. Die Struktur der ökonomischen Grundelemente der Ge-
sellschaft bleibt von den Stürmen der politischen Wolkenregion
unberührt.
Die Zunftgesetze, wie schon früher bemerkt, verhinderten planmä-
ßig,
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60) Lieut. Col. Mark Wilks, "Historical Sketches of the South of
India", Lond. 1810 bis 1817, v.I, p. 118-120. Eine gute Zusammen-
stellung der verschiednen Formen des indischen Gemeinwesens fin-
det man in George Campbells "Modern India", London 1852.
61) "Unter dieser einfachen Form... haben die Einwohner des Lan-
des seit unvordenklichen Zeiten gelebt. Die Grenzen der Dorfge-
biete wurden nur selten geändert; und obgleich die Dörfer wieder-
holt durch Krieg, Hungersnot und Seuchen heimgesucht, ja verwü-
stet wurden, haben derselbe Name, dieselben Grenzen, dieselben
Interessen und selbst dieselben Familien sich durch Generationen
fortgesetzt. Die Einwohner ließen sich durch den Zenbruch und die
Teilung on Königreichen nicht anfechten; solange das Dorf unge-
teilt bleibt, ist es ihnen gleichgültig, an welche Macht es abge-
treten wird oder welchem Heer es zufällt. Seine innere Wirtschaft
bleibt unverändert." (Th. Stamfort Raffles, late Lieut. Gov. of
Java, "The History of Java", Lond. 1817, v.I,p. 285.)
#380# IV. Abschniitt - Die Produktion des relativen Mehrwerts
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durch äußerste Beschränkung der Gesellenzahl, die ein einzelner
Zunftmeister beschäftigen durfte, seine Verwandlung in einen Ka-
pitalisten. Ebenso konnte er Gesellen nur beschäftigen in dem
ausschließlichen Handwerk, worin er selbst Meister war. Die Zunft
wehrte eifersüchtig jeden Obergriff des Kaufmannskapitals ab, der
einzig freien Form des Kapitals, die ihr gegenüberstand. Der
Kaufmann konnte alle Waren kaufen, nur nicht die Arbeit als Ware.
Er war nur geduldet als Verleger der Handwerksprodukte. Riefen
äußere Umstände eine fortschreitende Teilung der Arbeit hervor,
so zerspalteten sich bestehende Zünfte in Unterarten oder lager-
ten sich neue Zünfte neben die alten hin, jedoch ohne Zusammen-
fassung verschiedner Handwerke in einer Werkstatt. Die Zunftorga-
nisation, sosehr ihre Besondrung, Isolierung und Ausbildung der
Gewerbe zu den materiellen Existenzbedingungen der Manufakturpe-
riode gehören, schloß daher die manufakturmäßige Teilung der Ar-
beit aus. Im großen und ganzen blieben der Arbeiter und seine
Produktionsmittel miteinander verbunden wie die Schnecke mit dem
Schneckenhaus, und so fehlte die erste Grundlage der Manufaktur,
die Verselbständigung der Produktionsmittel als Kapital gegenüber
dem Arbeiter.
Während die Teilung der Arbeit im Ganzen einer Gesellschaft, ob
vermittelt oder unvermittelt durch den Warenaustausch, den ver-
schiedenartigsten ökonomischen Gesellschaftsformationen angehört,
ist die manufakturmäßige Teilung der Arbeit eine ganz spezifische
Schöpfung der kapitalistischen Produktionsweise.
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