Quelle: MEW 23 Das Kapital - Erster Band
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#271# 8. Kapitel - Der Arbeitstag
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4. Tag- und Nachtarbeit. Das Ablösungssystem
Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Stand-
punkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und
mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit
einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz
einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsen-
tieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapital-
vorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbre-
chung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des
Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des na-
türlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ,
stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut.
Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der
immanente Trieb der kapitalistischen Produktion. Da dies aber
physisch unmöglich, würden dieselben Arbeitskräfte Tag und Nacht
fortwährend ausgesaugt, so bedarf es, zur Überwindung des physi-
schen Hindernisses, der Abwechslung zwischen den bei Tag und
Nacht verspeisten Arbeitskräften, eine Abwechslung, die ver-
schiedne Methoden zuläßt, z.B. so geordnet sein kann, daß ein
Teil des
#272# III. Abschnitt - Die Produktion des absoluten Mehrwerts
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Arbeiterpersonals eine Woche Tagdienst, Nachtdienst die andre Wo-
che versieht usw. Man weiß, daß dies Ablösungssystem, diese Wech-
selwirtschaft, in der vollblütigen jugendperlode der englischen
Baumwollindustrie usw. vorherrschte und u.a. gegenwärtig in den
Baumwollspinnereien desGouvernements Moskau blüht. Als System
existiert dieser 24stündige Produktionsprozeß heute noch in
vielen bis jetzt freien Industriezweigen Großbritanniens, u.a. in
den Hochöfen, Schmieden, Walzwerken und andren Metallmanufakturen
von England, Wales und Schottland. Der Arbeitsprozeß umfaßt hier
außer den 24 Stunden der 6 Werkeltage großenteils auch die 24
Stunden des Sonntags. Die Arbeiter bestehen aus Männern und Wei-
bern, Erwachsnen und Kindern beiderlei Geschlechts. Das Alter der
Kinder und jungen Personen durchläuft alle Zwischenstufen vom 8.
(in einigen Fällen vom 6.) bis zum 18. Jahr. 92) In einigen Bran-
chen arbeiten auch die Mädchen und Weiber des Nachts zusammen mit
dem männlichen Personal." 93)
Von den allgemeinen schädlichen Wirkungen der Nachtarbeit abge-
sehn 94), bietet die ununterbrochne, vierundzwanzigstündige Dauer
des Produktionsprozesses
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92) "Children's Employment Commission. Third Report", Lond. 1864,
p. IV, V, VI.
93) In Staffordshire wie auch in Süd-Wales werden junge Mädchen
und Frauen in Kohlengruben und auf Kokshalden beschäftigt, nicht
nur bei Tag, sondern auch bei Nacht. In den dem Parlament erstat-
teten Berichten wurde dies oft erwähnt als eine Praxis, die mit
großen und offenkundigen Übeln verbunden. Diese mit den Männern
zusammenarbeitenden und sich von ihnen in der Kleidung kaum un-
terscheidenden, mit Schmutz und Rauch beschmierten Frauen sind
der charakterlichen Entartung ausgesetzt, weil sie ihre Selbst-
achtung verlieren, was die fast unvermeidliche Folge ihrer un-
weiblichen Beschäftigung ist." (l.c. 194, p. XXVI. Vgl. "Fourth
Report" (1865) 61, p. XIII.) Ebenso in Glasfabriken.
94) "Es scheint natürlich", bemerkte ein Stahlfabrikant, der Kin-
der zur Nachtarbeit verwendet, "daß die jungen, die nachts arbei-
ten, bei Tag nicht schlafen und keine ordentliche Ruhe finden
können, sondern rastlos am nächsten Tag herumlaufen." (l.c.,
"Fourth Rep.", 63, p. XIII.) Über die Wichtigkeit des Sonnen-
lichts zur Erhaltung und Entwicklung des Körpers bemerkt ein Arzt
u.a.: Licht wirkt auch direkt auf die Gewebe des Leibes, denen es
Härte und Elastizität gibt. Die Muskeln von Tieren, denen man das
normale Quantum Licht vorenthält, werden schwammig und unela-
stisch, die Nervenkraft verliert ihren Ton 1*) durch Mangel an
Stimulierung, und die Ausarbeitung von allem, was im Wachstum be-
griffen ist, wird verkümmert... Im Fall von Kindern ist beständi-
ger Zutritt von reichlichem Tageslicht und der direkten Sonnen-
strahlen während eines Teils des Tags durchaus wesentlich für die
Gesundheit. Licht hilft die
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1*) ihre Spannkraft
#273# 8. Kapitel - Der Arbeitstag
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höchst willkommne Gelegenheit, die Grenze des nominellen Arbeits-
tags zu überschreiten. Z.B. in den vorhin erwähnten, sehr an-
strengenden Industriezweigen beträgt der offizielle Arbeitstag
für jeden Arbeiter meist 12 Stunden, Nachtstunden oder Tagstun-
den. Aber die Überarbeit über diese Grenze hinaus ist in vielen
Fällen, um die Worte des englischen offiziellen Berichts zu brau-
chen, wirklich schauderhaft" ("truly fearful"). 95)
"Kein menschliches Gemüt", heißt es, kann die Arbeitsmasse, die
nach den Zeugenaussagen durch Knaben von 9 bis 12 Jahren verricht
wird, überdenken, ohne unwiderstehlich zum Schluß zu kommen, daß
dieser Machtmißbrauch der Eltern und Arbeitgeber nicht länger er-
laubt werden darf." 96)
"Die Methode, Knaben überhaupt abwechselnd Tag und Nacht arbeiten
zu lassen, führt, sowohl während des Geschäftsdranges als während
des gewöhnlichen Verlaufs der Dinge, zu schmählicher Verlängrung
des Arbeitstags. Diese Verlängrung ist in vielen Fällen nicht nur
grausam, sondern gradezu unglaublich. Es kann nicht fehlen, daß
aus einer oder der andren Ursache ein Ablösungsknabe hier und da
wegbleibt. Einer oder mehrere der anwesenden Knaben, die ihren
Arbeitstag bereits vollbracht, müssen dann den Ausfall gutmachen.
Dies System ist so allgemein bekannt, daß der Manager eines Walz-
werks auf meine Frage, wie die Stelle der abwesenden Ersatzknaben
ausgefüllt würde, antwortete: Ich weiß wohl, daß Sie das ebenso
gut wissen als ich, und er nahm keinen Anstand, die Tatsache zu
gestehn." 97)
"In einem Walzwerke, wo der nominelle Arbeitstag von 6 Uhr mor-
gens bis 5 1/2 Uhr abends dauerte, arbeitete ein Junge 4 Nächte
jede Woche bis mindestens 8 1/2 Uhr abends des nächstens Tags...
und dies während 6 Monaten." Ein andrer arbeitete im Alter von 9
Jahren manchmal drei zwölfstündige Arbeitsschichten nacheinander
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Speisen zu gutem plastischen Blut verarbeiten und härtet die Fi-
ber, nachdem sie gebildet ist. Es wirkt ebenso als Reizmittel auf
die Sehorgane und ruft hierdurch größere Tätigkeit in verschied-
nen Hirnfunktionen hervor." Herr W. Strange, Oberarzt des Worce-
ster "General Hospital", aus dessen Schrift über "Gesundheit"
(1864) [76] diese Stelle entlehnt ist, schreibt in einem Brief an
einen der Untersuchungskommissäre, Herrn White: "Ich habe früher
in Lancashire Gelegenheit gehabt, die Wirkungen der Nachtarbeit
auf Fabrikkinder zu beobachten, und im Widerspruch zu der belieb-
ten Versicherung einiger Arbeitgeber erkläre ich mit Entschieden-
heit, daß die Gesundheit der Kinder bald davon litt."
("Children's Employment Commission. Fourth Report", 284, p. 55.)
Daß solche Dinge überhaupt den Gegenstand ernsthafter Kontrover-
sen bilden, zeigt am besten, wie die kapitalistische Produktion
auf die "Gehirnfunktionen" der Kapitalisten und ihrer retainers
1*) wirkt.
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95) l.c. 57, p. XII.
96) l.c.("4th Rep.", 1865), 58, p. XII.
97) l.c.
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1*) Vasallen
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im Alter von 10 Jahren zwei Tage und zwei Nächte nacheinander."
Ein dritter, jetzt 10 Jahre, arbeitete von morgens 6 Uhr bis 12
Uhr in die Nacht drei Nächte durch und bis 9 Uhr abends während
der andren Nächte. Ein vierter, jetzt 13 Jahre, arbeitete von 6
Uhr nachmittags bis den andren Tag 12 Uhr mittags während einer
ganzen Woche, und manchmal drei Schichten nacheinander, z.B. von
Montag morgen bis Dienstag nacht." "Ein fünfter, jetzt 12 Jahre,
arbeitete in einer Eisengießerei zu Stavely von 6 Uhr morgens bis
12 Uhr nachts während 14 Tagen, ist unfähig, es länger zu tun."
George Allinsworth, neunjährig: "Ich kam hierhin letzten Freitag.
Nächsten Tag hatten wir um 3 Uhr morgens anzufangen. Ich blieb
daher die ganze Nacht hier. Wohne 5 Meilen von hier. Schlief auf
der Flur mit einem Schurzfell unter mir und einer kleinen Jacke
über mir. Die zwei andren Tage war ich hier um 6 Uhr morgens. Jal
dies ist ein heißer Platz! Bevor ich herkam, arbeitete ich eben-
falls während eines ganzen Jahres in einem Hochofen. Es war ein
sehr großes Werk auf dem Lande. Begann auch samstags morgens um 3
Uhr, aber ich konnte wenigstens nach Hause schlafen gehn, weil es
nah war. An andren Tagen fing ich 6 Uhr morgens an und endete 6
oder 7 Uhr abends" usw. 98)
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98) l.c.p. XIII. Die Bildungsstufe dieser "Arbeitskräfte" muß na-
türlich so sein, wie sie in folgenden Dialogen mit einem der Un-
tersuchungskommissäre erscheint! Jeremiah Haynes, 12 Jahre alt:
"Viermal vier ist acht, aber vier Vierer (4 fours) sind 16... Ein
König ist ihm, der alles Geld und Gold hat. (A king is him that
has all the money and gold.) Wir haben einen König, man sagt, er
ist eine Königin, sie nennen sie Prinzessin Alexandra. Man sagt,
sie heiratete der Königin Sohn. Eine Prinzessin ist ein Mann."
Wm. Turner, zwölfjährig: "Lebe nicht in England. Denke, es gibt
solch ein Land, wußte nichts davon zuvor." John Morris, vierzehn-
jährig: Habe sagen hören, daß Gott die Welt gemacht und daß alles
Volk ersoff, außer einem; habe gehört, daß der eine ein kleiner
Vogel war." William Smith, fünfzehnjährig. Gott machte den Mann;
der Mann machte das Veib. Edward Taylor, fünfzehnjährig: "Weiß
nichts von London." Henry Matthewman, siebzehnjährig: "Geh'
manchmal in die Kirche... Ein Name, worüber sie predigen, war ein
gewisser Jesus Christ, aber ich kann keine andren Namen nennen,
und ich kann auch nichts über ihn sagen. Er wurde nicht gemordet,
sondern starb wie andre Leute. Er war nicht so wie andre Leute in
gewisser Art, weil er religiös war in gewisser Art, und andre ist
es nicht. (He was not the same as other people in some ways, use
he was religious in some ways, and others isn't.)" (l.c. 74, p.
XV.) "Der Teufel ist eine gute Person. Ich weiß nicht, wo er
lebt. Christus war ein schlechter Kerl." ("The devil is a good
person. I don't know where he lives. Christ was a wicked man.")
Dies Mädchen (10 Jahre) buchstabiert God Dog und kannte den Namen
der Königin nicht." ("Ch. Empl. Comm. V. Rep.", 1866, p. 55
n. 278.) Dasselbe System, das in den erwähnten Metallmanufaktu-
ren, herrscht in den Glas- und Papierfabriken. In den Papierfa-
briken, wo das Papier mit Maschinen gemacht wird, ist Nachtarbeit
die Regel für alle Prozesse außer dem der Lumpensortierung. In
einigen Fällen wird die Nachtarbeit, vermittelst Ablösungen, un-
aufhörlich die ganze Woche durch fortgesetzt, gewöhnlich von
Sonntag nacht bis 12 Uhr nachts
#275# 8. Kapitel - Der Arbeitstag
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Laßt uns nun hören, wie das Kapital selbst dies Vierundzwanzig-
stundensystem auffaßt. Die Übertreibungen des Systems, seinen
Mißbrauch zur "grausamen und unglaublichen" Verlängrung des Ar-
beitstags, übergeht es natürlich mit Stillschweigen. Es spricht
nur von dem System.
Die Herren Naylor und Vickers, Stahlfabrikanten, die zwischen 600
und 700 Personen anwenden, und darunter nur 10% unter 18 Jahren,
und hiervon wieder nur 20 Knaben zum Nachtpersonal, äußern sich
wie folgt:
"Die Knaben leiden durchaus nicht von der Hitze. Die Temperatur
ist wahrscheinlich 86° bis 90°... In den Schmiede und Walzwerken
arbeiten die Hände Tag und Nacht ablösungsweise, aber dahingegen
ist auch alles andre Werk Tagwerk, von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr
abends. In der Schmiede wird von 12 Uhr bis 12 Uhr gearbeitet.
Einige Hände arbeiten fortwährend des Nachts ohne Wechsel zwi-
schen Tag- und Nachtzeit... Wir finden nicht, daß Tag- oder
Nachtarbeit irgendeinen Unterschied in der Gesundheit" (der Her-
ren Naylor und Vickers?) "macht, und wahrscheinlich schlafen
Leute besser, wenn sie dieselbe Ruheperiode genießen, als wenn
sie wechselt...
Ungefähr zwanzig Knaben unter 18 Jahren arbeiten mit der Nacht-
mannschaft... Wir könnten's nicht recht tun (not well do), ohne
die Nachtarbeit von jungen unter 18 Jahren. Unser Einwurf ist -
die Vermehrung der Produktionskosten. Geschickte Hände und Häup-
ter von Departements sind schwer zu haben, aber Jungens kriegt
man, soviel man will... Natürlich, in Anbetracht der geringen
Proportion von Jungen,
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des folgenden Samstags. Die Mannschaft, die sich an der Tages-
reihe befindet, arbeitet 5 Tage von 12 und einen von 18 Stunden,
und die der Nachtreihe 5 Nächte von 12 Stunden und eine von 6
Stunden, in jeder Woche. In andren Fällen arbeitet jede Reihe 24
Stunden, die eine nach der andren, an Wechseltagen. Eine Reihe
arbeitet 6 Stunden am Montag und 18 am Samstag, um 24 Stunden
vollzumachen. In andren Fällen ist ein Zwischensystem eingeführt,
worin alle an der Papiermacherschinerie Angestellten jeden Tag in
der Woche 15-16 Stunden arbeiten. Dies System, sagt Untersu-
chungskommissär Lord, scheint alle Übel der Zwölfstunden- und
Vierundzwanzigstunden-Ablösung zu vereinigen. Kinder unter 13
Jahren, junge Personen unter 18 Jahren und Weiber arbeiten unter
diesem Nachtsystem. Manchmal, in dem Zwölfstundensystem, mußten
sie, wegen Ausbleibens der Ablöser, die doppelte Reihe von 24
Stunden arbeiten. Zeugenaussagen beweisen, daß Knaben und Mädchen
sehr oft Überzeit arbeiten, die sich nicht selten zu 24, ja 36
Stunden ununterbrochner Arbeit ausdehnt. In dem kontinuierlichen
und unveränderlichen Prozeß der Glasierräume findet man Mädchen
von 12 Jahren, die den ganzen Monat durch täglich 14 Stunden ar-
beiten, ohne irgendeine regelmäßige Erholung oder Unterbrechung
außer zwei, höchstens drei halbstündigen Ausfällen für Mahlzei-
ten". In einigen Fabriken, wo man die reguläre Nachtarbeit ganz
aufgegeben, wird entsetzlich viel Überzeit gearbeitet und dies
häufig in den schmutzigsten, heißesten und monotonsten Prozes-
sen". ("Children's
Employment Commission. Report IV", 1865, p. XXXVIII and XXXIX.)
#276# III. Abschnitt - Die Produktion des absoluten Mehrwerts
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die wir verwenden, wären Beschränkungen der Nachtarbeit von wenig
Wichtigkeit oder Interesse für uns." 99)
Herr J. Ellis, von der Firma der Herren John Browm et Co., Stahl-
und Eisenwerke, die 3000 Männer und Jungen anwenden, und zwar für
[einen] Teil der schweren Stahl- und Eisenarbeit Tag und Nacht,
in Ablösungen", erklärt, daß in den schweren Stahlwerken ein oder
zwei Jungen auf zwei Männer kommen. Ihr Geschäft zählt 500 Jungen
unter 18 Jahren und davon ungefähr 1/3, oder 170, unter 13 Jah-
ren. Mit Bezug auf die vorgeschlagne Gesetzänderung meint Herr
Ellis:
"Ich glaube nicht, daß es sehr tadelhaft (very objectionable)
wäre, keine Person unter 18 Jahren über 12 Stunden aus den 24 ar-
beiten zu lassen. Aber ich glaube nicht, daß man irgendeine Linie
ziehen kann für die Entbehrlichkeit von Jungen über 12 Jahren für
die Nachtarbeit. Wir würden sogar eher ein Gesetz annehmen, über-
haupt keine Jungen unter 13 Jahren oder selbst unter 15 Jahren zu
verwenden, als ein Verbot, die Jungen, die wir einmal haben, wäh-
rend der Nacht zu brauchen. Die Jungen, die in der Tagesreihe,
müssen wechselweis auch in der Nachtreihe arbeiten, weil die Män-
ner nicht unaufhörlich Nachtarbeit verrichten können; es würde
ihre Gesundheit ruinieren. Wir glauben jedoch, daß Nachtarbeit,
wenn die Woche dafür wechselt, keinen Schaden tut."
(Die Herren Naylor und Vickers glaubten, übereinstimmend mit dem
Besten ihres Geschäfts, umgekehrt, daß statt der fortwährenden
grade die periodisch wechselnde Nachtarbeit möglicherweise Scha-
den anrichtet.)
"Wir finden die Leute, die die alternierende Nachtarbeit verrich-
ten, grade so gesund als die, die nur am Tage arbeiten... Unsre
Einwürfe gegen die Nichtanwendung von Jungen unter 18 Jahren zur
Nachtarbeit wurden gemacht werden von wegen Vermehrung der Aus-
lage, aber dies ist auch der einzige Grund." (Wie zynisch naiv!)
Wir glauben, daß diese Vermehrung größer wäre, als das Geschäft
(the trade) mit schuldiger Rücksicht auf seine erfolgreiche Aus-
führung billigerweise tragen könnte. (As the trade with due re-
gard to etc. could fairly bear!)" (Welche breimäulige Phraseolo-
gie!) Arbeit ist hier rar und könnte unzureichend werden unter
einer solchen Regulation"
(d. h., Ellis, Brown et Co. könnten in die fatale Verlegenheit
kommen, den Wert der Arbeitskraft voll zahlen zu müssen). 100)
Die "Cyklops Stahl- und Eisenwerke" der Herren Cammell et Co.
werden auf derselben großen Stufenleiter ausgeführt wie die des
besagten John Brown et Co. Der geschäftsführende Direktor hatte
dem Regierungskommissär White seine Zeugenaussage schriftlich
eingehändigt, fand es
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99) "Fourth Report etc.", 1865, 79, p. XVI.
100) l.c. 80, p. XVI, XVII.
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aber später passend, das zur Revision ihm wieder zurückgestellte
Manuskript zu unterschlagen. jedoch Herr White hat ein nachhaltig
Gedächtnis. Er erinnert sich ganz genau, daß für diese Herrn Zy-
klopen das Verbot der Nachtarbeit von Kindern und jungen Personen
"ein Ding der Unmöglichkeit; es wäre dasselbe, als setzte man
ihre Werke still", und dennoch zählt ihr Geschäft wenig mehr als
6% Jungen unter 18 und nur 1% unter 13 Jahren!" 101)
Über denselben Gegenstand erklärt Herr E.F. Sanderson, von der
Firma Sanderson, Bros. et Co., Stahl-, Walz- und Schmiedewerke,
in Attercliffe:
"Große Schwierigkeiten würden entspringen aus dem Verbot, Jungen
unter 18 Jahren des Nachts arbeiten zu lassen, die Hauptschwie-
rigkeit aus der Vermehrung der Kosten, welche ein Ersatz der Kna-
benarbeit durch Männerarbeit notwendig nach sich zöge. Wieviel
das betragen wurde, kann ich nicht sagen, aber wahrscheinlich
wäre es nicht so viel, daß der Fabrikant den Stahlpreis erhöhen
könnte, und folglich fiele der Verlust auf ihn, da die Männer"
(welch querköpfig Volk!) "[sich] natürlich weigern
würden, ihn zu tragen."
Herr Sanderson weiß nicht, wieviel er den Kindern zahlt, aber
"vielleicht beträgt es 4 bis 5 sh. per Kopf die Woche... Die Kna-
benarbeit ist von einer Art, wofür im allgemeinen" ("generally",
natürlich nicht immer "im Besondern") die Kraft der Jungen grade
ausreicht, und folglich würde kein Gewinn aus der größren Kraft
der Männer fließen, um den Verlust zu kompensieren, oder doch nur
in den wenigen Fällen, wo das Metall sehr schwer ist. Die Männer
würden es auch minder lieben, keine Knaben unter sich zu haben,
da Männer minder gehorsam sind. Außerdem müssen die Jungen jung
anfangen, um das Geschäft zu lernen. Die Beschränkung der Jungen
auf bloße Tagarbeit wurde diesen Zweck nicht erfüllen."
Und warum nicht? Warum können jungen ihr Handwerk nicht bei Tag
lernen? Deinen Grund?
"Weil dadurch die Männer, die in Wechselwochen bald den Tag, bald
die Nacht arbeiten, von den Jungen ihrer Reihe während derselben
Zeit getrennt, halb den Profit verlieren würden, den sie aus ih-
nen herausschlagen. Die Anleitung, die sie den Jungen geben, wird
nämlich als Teil des Arbeitslohnes dieser jungen berechnet und
befähigt die Männer daher, die Jungenarbeit wohlfeiler zu bekom-
men. Jeder Mann würde seinen halben Profit verlieren."
In andren Worten, die Herren Sanderson müßten einen Teil des Ar-
beitslohnes der erwachsnen Männer aus eigner Tasche statt mit der
Nachtarbeit der Jungen zahlen. Der Profit der Herren Sanderson
würde bei dieser Gelegenheit etwas fallen, und dies ist der San-
dersonsche gute Grund, warum
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101) l.c. 82, p. XVII.
#278# III. Abschnitt - Die Produktion des absoluten Mehrwerts
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Jungen ihr Handwerk nicht bei Tag lernen können. 102) Außerdem
würde dies reguläre Nachtarbeit auf die Männer werfen, die nun
von den Jungen abgelöst werden, und sie würden das nicht aushal-
ten. Kurz und gut, die Schwierigkeiten wären so groß, daß sie
wahrscheinlich zur gänzlichen Unterdrückung der Nachtarbeit füh-
ren würden. "Was die Produktion von Stahl selbst angeht", sagt
E.F. Sanderson, würde es nicht den geringsten Unterschied machen,
aber!" Aber die Herren Sanderson haben mehr zu tun, als Stahl zu
machen. Die Stahlmacherei ist bloßer Vorwand der Plusmacherei.
Die Schmelzöfen, Walzwerke usw., die Baulichkeiten, die Maschine-
rie, das Eisen, die Kohle usw. haben mehr zu tun, als sich in
Stahl zu verwandeln. Sie sind da, um Mehrarbeit einzusaugen, und
saugen natürlich mehr in 24 Stunden als in 12. Sie geben in der
Tat von Gottes und Rechts wegen den Sandersons eine Anweisung auf
die Arbeitszeit einer gewissen Anzahl von Händen für volle 24
Stunden des Tags und verlieren ihren Kapitalcharakter, sind daher
für die Sandersons reiner Verlust, sobald ihre Funktion der Ar-
beitseinsaugung unterbrochen wird.
"Aber dann wäre da der Verlust an so viel kostspieliger Maschine-
rie, welche die halbe Zeit brachläge, und für eine solche Produk-
tenmasse, wie wir fähig sind, sie bei dem gegenwärtigen System zu
leisten, müßten wir Räumlichkeiten und Machinenwerke verdoppeln,
was die Auslage verdoppeln würde."
Aber warum beanspruchen grade diese Sandersons ein Privilegium
vor den andren Kapitalisten, die nur bei Tag arbeiten lassen dür-
fen und deren Baulichkeiten, Maschinerie, Rohmaterial daher bei
Nacht brach liegen?
"Es ist wahr", antwortet E.F. Sanderson im Namen aller Sander-
sons, es ist wahr, daß dieser Verlust von brachliegendes Maschi-
nerie alle Manufakturen trifft, worin nur bei Tag gearbeitet
wird. Aber der Gebrauch der Schmelzöfen wurde in unsrem Fall
einen Extraverlust verursachen. Hält man sie im Gang, so wird
Brennmaterial verwüstet" (statt daß jetzt das Lebensmaterial der
Arbeiter verwüstet wird), und hält man sie nicht im Gang, so
setzt das Zeitverlust im Wiederanlegen des Feuers und zur Gewin-
nung des nötigen Hitzegrads" (während der Verlust, selbst Acht-
jähriger, an Schlafzeit Gewinn von Arbeitszeit für die Sanderson-
sippe), "und die Öfen selbst werden vom Temperaturwechsel leiden"
(während doch dieselbigen Öfen nichts leiden vom Tag- und Nacht-
wechsel der Arbeit.) 103)
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102) In unsrer reflexionsreichen und räsonierenden Zeit muß es
einer noch nicht weit gebracht haben, der nicht für alles, auch
das Schlechteste und Verkehrteste, einen guten Grund anzugeben
weiß. Alles, was in der Welt verdorben worden ist, das ist aus
guten Gründen verdorben worden." (Hegel, l.c.p. 249.)
103) "Children's Employment Commission. Fourth Report", 1865, 85,
p.XVII. Auf ähnliches zartes Bedenken des Herrn Glasfabrikanten,
daß "regelmäßige Mahlzeiten"
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