Quelle: Engels: Schriften 1839 bis 1844
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[Die Freisinnigkeit der "Spenerschen Zeitung"] [238]
["Rheinische Zeitung" Nr. 177 vom 26. Juni 1842]
*x* Berlin, 22. Juni. Die "Spenersche Zeitung" brachte neulich,
da bis jetzt niemand anders dies Geschäft übernommen hat, sich
selbst das Lob, was sie ihrer Meinung nach verdient. Ein "Rück-
blick" [239], den sie auf ihre Tätigkeit im verflossenen Halbjahr
tut, ist hinreichend für sie zu der wichtigen Entdeckung, daß
s i e es ist, welche der freieren Preßbewegung Bahn gebrochen
hat. Es ist ergötzlich anzusehen, wie sie, mit der Feiertagsmiene
erhöhten Selbstbewußtseins, in sonntäglich gebürstetem Bratenrock
vor ihr Publikum, vor die auswärtigen Zeitungen hintritt, und die
Bürgerkrone der Freisinnigkeit sich aufs Haupt setzt. Die
"Spenersche Zeitung" behauptet, wenn sie oder vielmehr das *,
welches den fraglichen Artikel vertritt, also wenn dies * nicht
gewesen wäre, so würde bis auf den heutigen Tag keine preußische
Zeitung den gegenwärtigen Standpunkt der Freisinnigkeit erreicht
haben. Das * nämlich versuchte, als das Zensurzirkular [240]
erschien, alsbald, wie weit man gehen dürfe in der Oppositions-
macherei, es pochte leise an, und siehe! ihm ward aufgetan.
Natürlich, denn jene leisen, gebückten, wohlmeinenden, demütigen,
zahmen Artikel wären am Ende auch schon früher passiert. Das *
sollte seinem Zensor doch soviel wohl zutrauen, daß er ein Haus-
tier von einem reißenden unterscheiden kann. Aber Gott behüte!
Diese Isoliertheit der Philisterei ist so beschränkt, daß sie den
trivialsten Einfall, der ihr durch den Kopf fährt, für originell,
genial, einzig in seiner Art hält. Das Zensurzirkular erscheint;
nun muß doch jeder Schriftsteller augenblicklich seine Schreibart
ändern, freier reden lassen. Unser Sternmann aber hält sich für
den einzigen Menschen in der Welt, dessen Verstand dieser Kombi-
nation fähig ist, und will die übrigen Journalisten mit der Nase
darauf stoßen, daß sie jetzt freier schreiben dürfen. Damit nicht
genug. Er hält sich für freisinnig. Er hat einen gewissen Sinn
für Öffentlichkeit. Vielleicht, im allergeheimsten,
#268# Die Freisinnigkeit der "Spenerschen Zeitung"
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verschlossensten Winkelchen seines Herzens schlummert ein leiser
Gedanke von Ausbildung der ständischen Verhältnisse. -- Was wird
er also tun? Er schreibt eine Reihe Artikel, die eine komplette
Skala der Freisinnigkeit bilden; heute wird der zahmste, morgen
der 1/2 Gran weniger zahme hingeschickt usw. Bei der Stufe bleibt
er indes stehen, wo die Zahmheit und die sogenannte Freisinnig-
keit sich die Waage halten. Das nennt unser Sternmann "Bahn bre-
chen"!? Die übrigen preußischen Redaktionen werden sich auch noch
die Mühe machen, die "Spenersche Zeitung" zu lesen, um aus ihr zu
lernen, was Freisinn ist! Dabei ist es komisch, wie unser Politi-
kus nicht begreifen kann, weshalb er mit seinen Artikeln nicht
ebensogroße Sensation macht wie gewisse Zeitungen mit den ihri-
gen; weshalb er, der Fahnenträger des preußischen Freisinns, der
große Bahnbrecher, dennoch sich in allen auswärtigen Blättern
verhöhnt sieht und sich damit trösten muß, daß man ihn verkennt.
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